Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
IG Metall will bei Feinguss Fuß fassen
Betriebsrat spricht von Unzufriedenheit unter Mitarbeitern – Werbeaktion der Gewerkschaft vor dem Unternehmen
Unzufriedenheit bei Mitarbeitern, Werbeaktion vor der Firma.
RIEDLINGEN - Da kommt nun was zusammen, was bislang nie in einem Atemzug genannt wurde: Die IG Metall wirbt um Mitglieder beim Riedlinger Unternehmen Feinguss Blank. Am Montag wurden in einer ganztägigen Informationsaktion vor den Toren des Unternehmens – wofür extra die Industriestraße gesperrt wurde – versucht, die Mitarbeiter für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft zu gewinnen. „Das ist für uns auch was Besonderes“, sagt Gewerkschaftssekretär Christian Velsink. Denn die Mitarbeiter seien auf sie zugekommen. In den vergangenen Monaten soll sich die Zahl der IG Metall-Mitglieder im Unternehmen deutlich erhöht haben.
Es scheint zu rumoren in der Belegschaft des Riedlinger Unternehmens. Fast 60 Jahre hatten die Gewerkschaften keinen Zugriff auf Feinguss Blank. Betriebsrat und Unternehmensführung hätten immer vertrauensvoll miteinander gearbeitet, „alle Versuche der IG Metall sind ins Leere gelaufen“, sagt der ehemalige langjährige Geschäftsführer Werner Blank, der als Gesellschafter am Montagmorgen die Aktion betrachtete. Doch dieses gute Miteinander hat wohl etwas gelitten. So hat es im Frühjahr erstmals Betriebsratswahlen mit Listen gegeben. Und eine der IG Metall nahestehende Liste hat sieben von elf Sitzen erhalten.
Neuer Betriebsrat
Neuer Betriebsratsvorsitzender ist nun Andreas Bleich. Er arbeitet seit 16 Jahren im Unternehmen, war bislang in der Produktion tätig, Nun ist er als Betriebsrat freigestellt, sagt Bleich. Der Umgang mit den Mitarbeitern habe sich gewandelt, sie fühlen sich nicht mehr wertgeschätzt. Dabei gibt es eine Geschichte, die immer wieder die Runde macht und bei den Mitarbeitern sauer aufstößt: Im vergangenen Jahr habe das schnell wachsende Riedlinger Unternehmen erstmals die 100 Millionen Euro-Umsatzgrenze überschritten. Dafür sei den Mitarbeitern eine Belohnung angekündigt worden. Erhalten habe jeder eine Brezel.
Das kam nicht gut an. Und auch, dass das neue Schichtmodell den Samstag als normale Arbeitszeit einrechnet, stieß auf wenig Gegenliebe – ohne Zuschläge. „Es ist nicht alles schlecht bei Blank“, betont Bleich. Aber aus seiner Sicht eben auch noch nicht alles gut.
Einige Mitarbeiter haben Kontakt mit der IG Metall aufgenommen, es Dei Mitarbeiter nutzten ihre Pausen, um sich am Stand der Gewerkschaft zu infomieren.
gab eine Informationsversammlung und der Samen „Gewerkschaft“ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Zumindest heißt es so von Christian Velsink. Innerhalb von drei Monaten seien 25 Prozent der Mitarbeiter in die Gewerkschaft eingetreten. Fast täglich liegen neue Anmeldeformulare im Briefkasten, berichtet er: „Das ist ganz ungewöhnlich.“Als ein
weiter Schritt folgt nun diese Mitarbeiterwerbung, die – so Velsink – gut ankomme. Von 5 Uhr bis in den späten Abend waren am Montag bis zu zehn Gewerkschafter präsent und informierten. „Das wurde positiv angenommen“, sagt Bleich über die ersten Reaktionen der Mitarbeiter in der Frühschicht. Velsink sagt, dass es nur wenige Mitarbeiter kund getan Für die Aktion musste die Industriestraße gesperrt werden.
hätten, dass sie mit der IG Metall nichts zu tun haben wollen.
Die Gewerkschaft versucht auch mit finanziellen Argumenten für sich zu werben. Denn Feinguss Blank ist nicht tarifgebunden. Und nach Gewerkschaftsangaben sei das Lohnniveau beim Riedlinger Unternehmen deutlich niedriger. Da würden allerdings Äpfel mit Birnen verglichen heißt es dazu von Unternehmensseite.
Das Unternehmen zeigt sich überrascht über die Entwicklung. „Die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat war bisher immer ausgezeichnet“, sagt Werner Blank. Und er erinnert auch daran, dass die Mitarbeiter seit 1974 am Unternehmen und damit auch am Gewinn des Unternehmens beteiligt werden. Sie erhalten jährliche Prämien und sie erhalten bei einem Ausscheiden auch ihren Anteil ausbezahlt. „Wir fühlen uns als Familienunternehmen nicht nur in dem Sinne, dass wir als Familie das Gesellschafterkapital beigetragen haben“, sondern „die Firma ist Familie“, so Werner Blank. Das habe man bisher immer so verstanden.
„Die Firma ist Familie.“
Werner Blank
Doch die „Familie“ist deutlich gewachsen. Über 150 neue Mitarbeiter wurden in einem kurzen Zeitraum eingestellt, das Unternehmen hat inzwischen 650 Angestellte. Die Zeiten, in denen jeder jeden kannte, seien vorbei, sagt der Personalleiter Jürgen Litz, der ebenfalls vor Ort war. Und „in jeder Familie ist nicht nur eitel Sonnenschein.“
Der Druck aus dem Markt ist ebenfalls groß. So positiv die vollen Auftragsbücher auch sind, sie müssen in einer definierten Frist abgearbeitet werden. „Wir stehen im globalen Wettbewerb“, sagt Litz.
Warum die Sperrung?
Was die Firmenvertreter etwas irritiert, ist dass die Industriestraße für die Aktion einen kompletten Tag gesperrt wurde. Das sei ihnen von Seiten der Ordnungsbehörde auferlegt worden, sagt Vilsink. Doch Litz hätte sich einen kurzen Anruf im Vorfeld der Genehmigung erhofft. Dann hätte die Aktion auf dem Parkplatz des Unternehmens stattfinden können – und die Industriestraße wäre frei gewesen. Das sei kein gutes Zeichen für eine optimale Zusammenarbeit, wertet es Blank.
Und wie geht es weiter? Die IG Metall versucht über 50 Prozent der Mitarbeiter für eine Mitgliedschaft zu gewinnen, um dann auf die Geschäftsführung mit dem Ansinnen auf Verhandlungen zuzugehen. Das Unternehmen seinerseits wird nun die Mitarbeiter informieren und ihre Sicht darstellen. Beide Seite müssen sich wohl erst in dieser neuen Situation finden.