Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Doch etwas mehr als Worte
Oliver Steller begeisterte Groß und Klein mit seinem Kinderprogramm
RIEDLINGEN – „Wenn man die Augen schließt, denkt man, hier sitzen 100 Leute“, stellte Oliver Steller im Refektorium des Kapuzinerklosters nach dem Schluss-Applaus mit „Bravo“-Rufen fest und strahlte. Dabei waren es nur rund 20, die an diesem sonnigen Freitag den Weg zu der Veranstaltung der Stadtbücherei gefunden hatten. Doch jene, die ihn erlebten, waren begeistert, ob Klein oder Groß, Jung oder Alt.
Sie klatschten, sangen mit, vollendeten Reime, lösten ein Rätsel voller Zauberei, übten sich sogar in Zungenbrechern und feuerten ihn an, einen solchen immer schneller und noch schneller aufzusagen. Alle hatten ihren Spaß daran, vor allem Oliver Steller selber. Ihm saß der Schalk im Nacken und seine Augen blitzten bei jedem der Gedichte, die er aufsagte oder der Lieder, die er rockte. Mit dabei seine silberglänzende Gitarre „Frieda“.
„Nichts als Worte“. Wie vielsagend diese Feststellung ist, wurde schnell klar, denn schon zu Beginn wurde offenbar, „was man mit Worten alles machen kann“, Positives wie Negative – und Fröhliches, wie Silbenund Wortverdreher. Die Kinder glucksten vor Lachen und ihre Mütter mit. Dennoch erkannten sie den einen oder anderen Begriff und ergänzten zusammen mit Steller, was fehlte, nachdem er festhielt: „Jetzt hab ich’s.“
Dass er auch ein Meister der Gestik und Mimik ist, bewies er beim Vortrag von Paul Maars „Faultier“. Wieder kamen die Kinder kaum aus dem Lachen heraus und steckten alle damit an. Danach war höchste Konzentration gefordert, um Felix Fliegenbeils Tänzer-Karriere zu verfolgen, der sich seinen Meister sucht und in sich selber entdeckt und schließlich auf einem Haar balancierend entschwindet.
Zeitung als Requisite
Schnell fand Steller wieder zurück auf die Erde und ein Rätsel, das er mit einem Zaubertrick verdeutlichen wollte. Eine gerollte Schwäbische Zeitung als Requisit war hilfreich dabei.
Doch was ist, wenn ein Rezitator nicht weiter weiß? „Im Gedächtnis ist ein Loch“, stellte Steller immer wieder fest und animierte das Publikum zum Mitsprechen, erst die Mädchen, dann die Buben und schließlich die Erwachsenen, die genauso gut gelaunt wie ihr Nachwuchs mit von der Partie waren, um den „Krampf im Hirn“zu lösen.
Wie sich Worte und Gesten zwischen Verliebten ändern, auch das war Thema bei Oliver Steller, erste Annäherungen von Klaus an Anne und schließlich die Reaktionen beim „Abfreunden“.
Bei der Frage „Gibt es fliegende Untertassen?“war sich das Publikum uneinig. „Ja“, meinten die einen, „nein“, die anderen. „Lasst mal eine fallen“, witzelte der groß gewachsene Mann im Refektorium und hatte schon wieder eine Aufgabe parat: einen Zungenbrecher. „Fischers Fritze“wurde aufgesagt, dann waren es die eigentlich langsamen Schnecken, die im Eiltempo daher kamen, bis hin zum Kindergeburtstag mit den vielen „Ks“.
Den Weckruf im Hotel am frühen Morgen konnten vor allem die Erwachsenen nachvollziehen. Danach waren wieder alle gefragt und sie wurden nicht müde, der Spinne Martha auf ihrem Weg in die Schachtel und zurück in die Freiheit zu folgen, zuerst laut und rockig, dann „spinnisch“leise, bis alle fröhlich mitsangen: „Sie hat sechs lange Beine und sie ist wunderschön“.
Dass man in einer funktionierenden Gemeinschaft auch mal auf Worte verzichten muss, wurde ebenfalls deutlich: „Ich bin ich und du bist du. Wenn ich rede, hörst du zu. Wenn du sprichst, dann bin ich still, weil ich dich verstehen will.“
Bei so viel guter Laune steckten Mütter und Väter auch die Wiederworte in den „frechen Gedichten“weg und freuten sich mit ihren Kindern und Bibliothekarin Marion Kiefer an der vergnüglichen Stunde. Dass Oliver Steller seine CDs mit den Kinderprogrammen in der Bücherei hinterlassen hat und die ausgeliehen werden können, darf nicht nur jene freuen, die ihn gehört haben, sondern auch jene, die ihn versäumten.