Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Antisemitismus als Folge von Verschwörungsmythen
Michael Blume wirbt für einen kritischen Umgang mit der täglichen Informationsflut
BIBERACH (sz) - Der renommierte Religionswissenschaftler und Politologe Dr. Michael Blume, der auch Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus ist, hat in seinem Vortrag über Antisemitismus und Islamophobie an der Karl-Arnold-Schule viele verblüffende Fakten, Zusammenhänge und Deutungen geboten, die die knapp 50 Zuschauer gleichermaßen erschreckte wie faszinierte. Das berichtet die einladende GEW in einer Pressemitteilung.
Wie sind weltweit zunehmender Populismus und damit einhergehender Antisemitismus und Rassismus zu erklären? Welche Mythen sind grundlegend für diese Entwicklung quer durch viele Kulturen und Religionen? Diesen Fragen geht Blume seit vielen Jahren wissenschaftlich nach.
So wirken manche Verschwörungsmythen für rational denkende Menschen seltsam bis lächerlich abstrus. Doch die digitalisierte Medienwelt bewirke, so Blume, eine starke Verunsicherung bestimmter gesellschaftlicher Kreise, die für bestehende und gezielt geschürte Ängste Schuldige suchen, was vielfach zu Hass gegen Juden und deren vermeintliche Helfer führe. Diese Entwicklung werde durch die Filterblasen und Echoräume der digitalen Medien gestärkt und beschleunigt. Einige Blicke in die Geschichte dieser Verschwörungsmythen machten den Zuhörern auch deutlich, dass technische Umbrüche wie die Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert oder der Massenmedien wie Radio und Film zu Beginn des 20. Jahrhunderts große gesellschaftliche Verwerfungen und Katastrophen auslösten und auch heute zu Recht als Gefahr betrachtet werden können. Umso wichtiger sei es aktuell, für die demokratischen Grundwerte einzutreten, Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit überall entschlossen entgegenzutreten, den Dialog mit all jenen zu führen, die an Ängsten und Verirrungen leiden, Medienkompetenz in den Schulen zu vermitteln und die politische Bildung und Wertorientierung der Jugendlichen zu stärken, sodass sie nicht auf Mythen hereinfallen, sondern kritisch und moralisch gefestigt mit der täglichen Informationsflut umgehen können.
Für all diese Ziele habe Blume eine überzeugende Vorstellung abgegeben, so die GEW. Äußerst fundiert und dabei auch humorvoll habe er die Anwesenden begeistern können für die Notwendigkeit, aktiv zu werden, Zivilcourage zu zeigen und sich für die freiheitliche, offene Gesellschaft einzusetzen.