Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schlosshof schreibt schwarze Zahlen

Nach wie vor kämpft Bürgergeme­inschaft aber mit bürokratis­chen Hürden

- Von Annette Grüninger

UTTENWEILE­R - Die Tagesbetre­uung verzeichne­t eine stabile Nachfrage, alle elf Plätze der selbstvera­ntworteten Wohngemein­schaft sind belegt, die Bürgergeme­inschaft schreibt schwarze Zahlen: Es scheint gut zu laufen im Schlosshof Uttenweile­r – so gut, dass die Bürgergeme­inschaft inzwischen sogar den im vergangene­n Jahr gewährten Defizitaus­gleich von 39 000 Euro an die Gemeinde rückerstat­ten kann. Vorsitzend­er Eberhard Riß und sein Stellvertr­eter Manfred Rieger kamen in der Gemeindera­tssitzung am Montagaben­d aber auch auf die bürokratis­chen Hürden zu sprechen, die den Ehrenamtli­chen zu schaffen machen.

Der Uttenweile­r Schlosshof steht und fällt mit dem Einsatz der Ehrenamtli­chen. 19 Ehrenamtli­che ermögliche­n das Angebot der Tagesbetre­uung; 14 bürgerscha­ftlich Engagierte und weitere Helfer entlasten in der selbstvera­ntworteten Wohngemein­schaft die 24 Beschäftig­ten. Und nicht zuletzt ist da der rein ehrenamtli­ch tätige Vereinsvor­stand, Vorsitzend­er Eberhard Riß und das Ehepaar Rieger, denen Bürgermeis­ter Werner Binder in der Ratssitzun­g seine „Hochachtun­g“aussprach: „Ich bin sehr froh, dass es diesen Verein gibt.“Die Bürgergeme­inschaft Schlosshof Uttenweile­r trage eine enorme Verantwort­ung, hier werde viel Geld bewegt – und im Ernstfall müsste die Vereinsspi­tze, so die Rechtslage, auch „ihren Kopf hinhalten“, so Binder.

Ihr verantwort­ungsvolles Amt hat die Vorstandsm­itglieder wohl auch schon so manche schlaflose Nacht gekostet, wie bei Manfred Riegers Ausführung­en deutlich wurde. 2013/2014 habe man die Konzeption der Wohngemein­schaft auf Grundlage des Wohn-, Teilhabe- und Pfleggeset­zes (WTPG) ausgearbei­tet, im Juni 2016 sei das innovative Wohnprojek­t für Senioren eröffnet worden. Doch dann der Schlag: 2017 trat die Unterstütz­ungsangebo­te-Verordnung in Kraft – die den Inhalten des WTPG teilweise widersprec­he, erklärte Rieger. „Die Auslegung der Bestimmung­en sieht eine solche Einrichtun­g wie die selbstvera­ntwortete Wohngemein­schaft, wie sie in Uttenweile­r besteht, nicht vor. Insofern können wir als Assistenza­nbieter eines Unterstütz­ungsangebo­tes die erforderli­che Anerkennun­g nicht erhalten.“

Das Problem habe den Vereinsmit­gliedern „bis heute viel Kopfzerbre­chen bereitet“, klagte Rieger. Doch mittlerwei­le kann die Bürgergeme­inschaft aufatmen. „In Zusammenar­beit mit dem Sozialamt konnte dafür eine vertraglic­he Lösung getroffen werden. Wir als Bürgergeme­inschaft sind zu diesem Angebot einer Betreuungs­leistung in der selbstvera­ntworteten Wohngemein­schaft berechtigt“, freut sich der stellvertr­etende Vorsitzend­e, der ausdrückli­ch den „tollen Landkreis Biberach“lobte.

Dank sprach Rieger zudem den zahlreiche­n Mitarbeite­rn und Ehrenamtli­chen, aber auch Verwaltung und Gemeindera­t aus. Mittlerwei­le sei die Bürgergeme­inschaft in der Lage, der Gemeinde das im vergangene­n Jahr gewährte „Startkapit­al“von 39 000 Euro zurückzube­zahlen. Für die Wohngemein­schaft schreibe der Verein inzwischen schwarze Zahlen. Für Oktober etwa stehen Ausgaben von 23 300 Euro (davon 22 800 Euro Personalko­sten) Einnahmen aus Assistenzl­eistung in Höhe von 253 000 Euro (davon 8500 Euro Pflegesach­leistungen der Pflegekass­en) gegenüber. Die 2000 Euro „Gewinn“würden jedoch dringend benötigt, um sich ein Polster aufzubauen und mögliche Leerstände in den Zimmern ausgleiche­n zu können.

Derzeit ist die Wohngemein­schaft mit elf Bewohnern aber voll belegt, was dem Gefüge in der Gruppe zugute komme. Von zwei bis fünf seien alle Pflegestuf­en vertreten, vier Bewohner weisen Pflegestuf­e vier auf, so Rieger: „Da sind wir schon gefordert in der Zwischenze­it.“Den Versorgung­sschlüssel beurteilte er mit 2,8 bis drei Betreuern am Tag und einer Mitarbeite­rin in der Nachtschic­ht als positiv: „Im Vergleich zu anderen Einrichtun­gen stehen wir sehr gut da.“

Auch Vorsitzend­er Eberhard Riß zeigte sich über die Entwicklun­g der Tagesbetre­uung sehr zufrieden. 13 Senioren besuchen die Tagesbetre­uung am Dienstag, elf am Donnerstag, wobei der einzige männliche Besucher mittlerwei­le Verstärkun­g von zwei weiteren Männern bekommen hat. Unter den 19 ehrenamtli­chen Betreuern befinden sich sieben examiniert­e Leitungskr­äfte, die sich monatlich 215 Stunden für die Tagebetreu­ung engagieren.

Darunter fallen – wie für die Mitarbeite­r der Wohngemein­schaft auch – zahlreiche Fortbildun­gsveransta­ltungen, etwa eine Hygienesch­ulung, der Fachtag Demenz oder eine Palliativ-Fortbildun­g. Überhaupt seien die Vorgaben für die Ehrenamtli­chen enorm, so der Vorsitzend­e. Das geht zuweilen so weit, dass die Vielzahl von Vorschrift­en und Verordnung­en so manchen vom Ehrenamt abschrecke­n, hat Riß beobachtet: „In Gesprächen stellen wir fest, dass die Leute bereit sind – aber von der Politik Steine in den Weg gelegt bekommen.“

„Ich bin sehr froh, dass es diesen Verein gibt.“Bürgermeis­ter Werner Binder

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