Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nachbarschaft tut Klinik und ZfP gut
Patienten beider medizinischen Sparten sollen in Biberach vom Neubau profitieren
BIBERACH - Es ist ein Meilenstein fürs Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg und ein weiterer Mosaikstein für den Gesundheitscampus rund um die im Bau befindliche Sana-Klinik in Biberach – profitieren sollen davon in allererster Linie die Patienten durch mehr Versorgungsqualität: Das ZfP dockt direkt ans Krankenhaus an und bündelt in einem Neubau verschiedene psychiatrische Hilfsangebote unter einem Dach. Der künftige Chefarzt steht schon fest.
In den neuen ZfP-Gebäudekomplex soll Ende 2020 die psychiatrische Ambulanz, bisher am Berliner Platz ansässig, umziehen. Innerhalb der Stadt wird überdies die psychiatrische Tagesklinik vom Mühlweg auf den neuen Gesundheitscampus bei der Polizeihochschule verlegt; mit deren Umzug wird die Zahl der Plätze auf 40 erheblich aufgestockt. Hinzu kommt ein stationäres Angebot, das es bisher in Biberach gar nicht gab: Aus Bad Schussenried werden circa 40 Betten dorthin verlagert, nämlich eine Station für Alterspsychiatrie mit Schwerpunkt Demenz und eine für Allgemeinpsychiatrie. ZfP-Regionaldirektor Christoph Vieten verhehlte nicht, dass der Standort Bad Schussenried leicht geschwächt werde, doch die Vorteile für die meisten Patienten überwögen.
Bau kostet 27 Millionen Euro
Dass das ZfP mit Unterstützung des Landes circa 27 Millionen Euro in den Neubau investiert, begründete ZfPGeschäftsführer Dieter Grupp beim Spatenstich so: „Wir erreichen damit unsere strategischen Ziele besser.“Da ist zum einen die gemeindenahe Versorgung: Das Angebot soll da sein, wo die Patienten leben und arbeiten. Nicht nur, dass auch für Angehörige damit so manche Fahrt entfällt oder einfacher wird. Darüber hinaus ermöglicht dies, dass die Patienten soweit möglich in ihrem gewohnten Umfeld bleiben, zur Schule und zur Arbeit gehen. Deshalb hob Grupp die Bündelung von ambulanten und stationären Angeboten unter einem Dach hervor. Vieten ergänzte, so lasse sich der Grundsatz „ambulant vor stationär“besser umsetzen, was nebenbei Kosten im Gesundheitswesen spare.
Aber nicht allein deswegen bemühe sich das ZfP seit 20 Jahren, seine Präsenz in Biberach zu erhöhen, sagte Grupp. Als weiteren Vorteil erwähnte er die regionale Vernetzung mit anderen Hilfsangeboten wie Sucht- und Altenhilfe. Dass das ZfP stärker in die Fläche geht, soll zugleich zur Entstigmatisierung beitragen: Viele Psychiatriepatienten gehen künftig eben nach Biberach ins Krankenhaus, nicht nach Bad Schussenried oder Zwiefalten, die häufig gleich mit dem ZfP in Verbindung gebracht werden.
Zum anderen verspricht die „Anbindung an die Somatik“, sprich die Sana-Klinik, handfeste Vorteile für die Psychiatriepatienten: Schließlich hätten viele von ihnen körperliche Begleiterkrankungen. „Gerade bei Demenzerkrankungen ist die somatische Versorgung superwichtig“, sagte ZfPRegionaldirektorin Helmtraud Kantor. Statt mit dem Krankenwagen zur Diagnostik nach Biberach zu fahren, was psychisch angeschlagene Menschen belasten kann, gelangen sie künftig durch einen Verbindungsgang ganz unkompliziert in die Sana-Klinik. Die interdisziplinäre Behandlung sei umso wichtiger, als Psychiatriepatienten gerade aufgrund ihres Leidens dazu neigen, bei körperlichen Beschwerden keinen Arzt aufzusuchen.
Umgekehrt sollen aber auch Patienten der Sana-Klinik von der Nähe des ZfP profitieren. Schließlich können körperliche Leiden wie Krebs Menschen leicht in eine Krise stürzen; das ZfP bietet hier Unterstützung.
Ganz grob 100 ZfP-Mitarbeiter sollen künftig auf dem Biberacher Gesundheitscampus arbeiten. Hocherfreut sind die Verantwortlichen, dass sie einen „fachlich so ausgewiesenen“Chefarzt gewinnen konnten: Professor Roland Freudenmann wechselt von der Uni Ulm zum ZfP, einen kleinen Lehrauftrag behält er.
Zufrieden sind sie überdies mit den Entwürfen der Architekten, einer projektbezogenen Arbeitsgemeinschaft der Ulmer Büros Mühlich, Funk und Partner sowie Braunger Wörtz. „Man kommt auf den ersten Blick nicht drauf, dass es sich um ein Krankenhaus handelt“, lobte ZfPMann Vieten. Nach den Worten von Niklas Mühlich entstehen „Räume, die mithelfen“, sprich die Therapie unterstützen. Berthold Braunger ergänzte, geplant sei „ein flächiges Bauwerk, es legt sich auf drei Ebenen in die Landschaft“. Die Patientenzimmer gruppieren sich um Funktionsräume und bekommen so viel Licht.
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