Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kiesewetter: „Russland ist gefordert, konstruktiv mitzuwirken“
RAVENSBURG - Der Aalener CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter setzt sich seit Langem für eine stärkere Verantwortung Deutschlands in der Nato ein. Sebastian Heinrich hat bei ihm zum Manöver „Trident Juncture“nachgefragt.
Herr Kiesewetter, ist „Trident Juncture“nötig
– oder eine Provokation in Richtung Russland?
Die Nato hat über Jahre keine Großübungen abgehalten und angesichts des Bedrohungsgefühls östlicher Bündnispartner besteht verstärkt die Notwendigkeit, die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit für den Ernstfall sicherzustellen. Der Vorwurf der Provokation Russlands ist ungerechtfertigt. Die Nato stellt vollständige Transparenz über die Anzahl teilnehmender Soldaten und der Waffensysteme her und lädt Russland regeltreu zur Beobachtung des Manövers ein. Russland hingegen lässt diese Transparenz bei eigenen Übungen leider völlig vermissen und bedient sich regelmäßig Tricks, um geltende Bestimmungen im Rahmen der OSZE zur Beobachtung von Manövern zu unterlaufen. Zum Beispiel werden sogenannte „Alarmübungen“angemeldet, die keiner Beobachtung unterliegen müssen oder es wird eine geringere Anzahl teilnehmender Soldaten gemeldet. Deshalb setzen sich Deutschland und die Nato für eine Überarbeitung der Regeln zur gegenseitigen Beobachtung ein. Dadurch entsteht erst die Grundlage, dass notwendige Manöver nicht durch die Gegenseite missverstanden werden. Russland ist gefordert, konstruktiv mitzuwirken.
Ist das Manöver ein Anzeichen für eine neue Zeit der militärischen Dauer-Alarmbereitschaft?
Nein, solche Manöver sind notwendig geworden, weil die Bündnisverteidigung über viele Jahre völlig vernachlässigt wurde, in Deutschland seit 1988! Damals war die letzte Großübung. Ein Bündnis kann dieselbe Sicherheit für jedes Mitglied – die Bündnissolidarität – nur glaubwürdig garantieren, wenn die Zusammenarbeit unter den Verbündeten funktioniert. Die Nato besteht aus 29 verschiedenen Ländern, die für eine gemeinsame Verteidigungsfähigkeit ihre nationalen Armeen aufeinander abstimmen müssen. Es geht darum, für einen Ernstfall vorbereitet zu sein.
Die Teilnahme der Bundeswehr an dem Manöver kostet 90 Millionen Euro: Sind solche Ausgaben aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?
Die Nato steht enorm unter Druck, weil sich angesichts der vielfältigen Bedrohungslage die Mitglieder weiter gegenseitig aufeinander verlassen müssen. Der Bündniszusammenhalt hängt im Wesentlichen davon an, dass sich gerade große Länder in Europa wie Deutschland neben den USA engagieren. Deutschlands eigene Sicherheit und diplomatisches Gewicht hängt davon ab, diesen Zusammenhalt zu stärken und die Teilnahme an Manövern ist deshalb absolut in unserem Interesse. Der Preis dafür ist also verhältnismäßig und vergleichsweise gering.