Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Warum Brüssel Italiens Haushalt ablehnt
Die EU-Kommission hat an der italienischen Regierung ein Exempel statuiert: Erstmals in der Geschichte der Union hat sie den Haushaltsentwurf eines Mitgliedslandes abgelehnt. Die Regierung in Rom gibt sich aber nicht geschlagen.
Italiens Innenminister Matteo Salvini, Chef der ausländerfeindlichen Partei Lega, erklärte nach Bekanntwerden der Entscheidung aus Brüssel, dass „Italien ein unabhängiger Staat ist, der sich von anderen nichts vorschreiben lässt“. Am Mittwoch fügte er in einem Radiointerview hinzu, dass „die da in Brüssel uns noch zwölf weitere Briefe schreiben können, all das lässt mich kalt“. Auch Italiens Regierungschef Giuseppe Conte wetterte gegen die Brüsseler Entscheidung. Man werde, heißt es, die drei Wochen Frist, die das Land nun hat, um seinen Haushaltsentwurf für 2019 zu revidieren, verstreichen lassen. Nach Ablaufen der Frist, im November, müsste Brüssel ein Verfahren einleiten. Sollte auch dann Italien nicht einlenken, droht eine hohe Geldstrafe in Milliardenhöhe.
Der Haushaltsentwurf sieht vor, dass Italien seine Neuverschuldung im kommenden Jahr deutlich steigern wird. Nur so, heißt es, können die teuren Wahlversprechen, wie etwa Steuersenkungen, eine Mindestsicherung für Arme und höhere Pensionen finanziert werden.
Warum die Kommission den Haushaltsentwurf ablehnte? Die von der Mitte-Links-Partei Partito Democratico geführte Vorgängerregierung hatte mit Brüssel eine Neuverschuldung von maximal 0,8% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgehandelt – damit Italien mittelfristig beginnt, seinen Schuldenberg in Höhe von über 130 Prozent des BIP abzubauen. Laut den Daten der Regierung soll die Neuverschuldung nun 2,4 Prozent betragen. Viele Experten befürchten eine noch höhere Neuverschuldung, die Daten der Regierung gingen von zu optimistischen Prognosen zum Wirtschaftswachstum aus.
Außerdem hatte die Regierung in Rom die Haushaltspläne nicht – wie europarechtlich verpflichtend – von einer unabhängigen Instanz absegnen lassen. Im Gegenteil: Sie hatte sogar die negative Einschätzung eines parlamentarischen Kontrollbüros ignoriert. All das führte zur Ablehnung durch die Europäische Kommission.
Die harte Haltung in Rom hat schon jetzt negative Folgen. Die Risikoaufschläge auf italienische Staatsanleihen steigen weiter – was die Schuldenlast für Italien weiter wachsen lassen kann.
Italiens Oppositionsparteien, Wirtschaftsinstitute und die Medien sind besorgt. Auch Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella erklärte am Dienstag, dass „wir alle mit mehr Schulden die Zukunft unseres Landes riskieren“. Mattarella könnte seine Unterschrift unter das Haushaltsgesetz verweigern. Die Möglichkeit dazu hat er. Vor allem dann, wenn er zu der Überzeugung gelangen könnte, dass dieser Haushalt EU-Verpflichtungen verletzte. Doch das würde eine gefährliche innenpolitische Krise heraufbeschwören. Deshalb versucht der Präsident weiter, die Regierung umzustimmen.