Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Noch können Pflegeroboter nicht genug
Trotzdem setzt vor allem Japan seit Jahren immer mehr auf Modelle wie Pepper oder Aibo
BERLIN (KNA) - Pepper ist ein freundlicher, 1,20 Meter großer Kerl, gerade 28 Kilogramm schwer. Sein Kopf und seine Augen sind groß und rund, seine Geduld ist grenzenlos. Pepper ist ein Roboter, der 2015 in Japan auf den Markt gekommen ist. Vielfach werden er und seine Geschwister als Helfer in der Alten- und Krankenpflege und als Lösung für die Pflegeprobleme der Zukunft gehandelt.
Denn Pepper kann vorlesen, Witze erzählen, Computerspiele spielen, Rezepte googeln oder Nachrichtensendungen auf seinem Bauchdisplay abspielen. Er lernt sogar: Er analysiert menschliche Stimmen und Körperbewegungen und schließt daraus auf Stimmungen und Launen.
Kuschelroboter sollen emotional anregen
Pepper ist nicht allein: Roboter, die Patienten ins Krankenhausbett hieven, das Essen servieren oder Schlaganfallpatienten beim Gehtraining unterstützen, geistern durch Medien und Kongresse. Kuschelroboter wie die ebenfalls in Japan entwickelte Robbe Paro, die Demenzkranke emotional anregen sollen, sind keine Science Fiction mehr, sondern werden auch in Deutschland eingesetzt. Pepper etwa tourt derzeit aus Anlass des „Wissenschaftsjahrs 2018“durch Deutschland. Wissenschaftler der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden testen August den Smarten, einen Roboter, der speziell in der Pflege von Menschen mit Demenz helfen soll. Unter dem Schlagwort Pflege 4.0 verändern Digitalisierung und intelligente Technik das Gesundheitswesen. Welche Auswirkungen das hat, wird unter Forschern, aber auch in der Pflegebranche und bei Ethikern intensiv diskutiert. Technikbegeisterung auf der einen, Horrorszenarien einer emotionslosen Pflege durch Maschinen auf der anderen Seite: Die Innovationen werfen ethische und rechtliche Fragen auf.
Vieles ist weit weniger spektakulär als die Roboter: digitale Armbänder etwa, mit denen Senioren im Notfall unkompliziert um Hilfe rufen können. Mit Sensoren versehene Matten, die Stürze melden. Weglaufschutzsysteme, die mit Hilfe von GPS verhindern, dass Demenzkranke verloren gehen.
Was die Pflegeroboter angeht, ist allerdings noch kein Durchbruch absehbar. „Noch ist kein System auf dem Markt, das Pflegekräfte bei der Arbeit mit den Patienten wesentlich entlasten kann“, sagt Frank Kirchner vom deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz in Bremen kürzlich der Welt.
Ein Pflegeroboter, der nicht nur Material zuliefert, sondern zu Essen gibt, waschen, wickeln und auf Patienten reagieren kann, müsste zahlreiche komplexe Probleme in Echtzeit lösen, erklärt der Forscher.
All das lasse sich selbst mit dem neuesten Stand der Sensor- und Robotertechnik nicht ohne Weiteres lösen. Auch die Akzeptanz ist ein Problem: Forschungsteams der Fachhochschule Kiel und der Universität Siegen untersuchen gemeinsam, welche Rolle Roboter im Altenheim übernehmen könnten und sollten. Jede technologische Innovation sei maßgeblich von der Akzeptanz der menschlichen Akteure abhängig, die damit umgehen, betont Jens Lüssem, der das Projekt in Kiel leitet.
Japan gilt für Experten als Vorreiter
Japan ist ein Beispiel dafür, dass das klappen könnte. Elena Giannoulis, Juniorprofessorin für Japanologie an der Freien Universität Berlin (FU), ist davon überzeugt: „Die emotionalen Maschinen haben das Zeug, zu Bezugspersonen zu werden“, meint die Wissenschaftlerin. Dass Japaner bereit sind, ihre Herzen den Robotern zu öffnen, hätten sie bereits bewiesen, erzählt die Leiterin des interdisziplinären Forschungsprojekts „Emotionale Maschinen“, das vom Europäischen Forschungsrat mit 1,5 Millionen Euro gefördert wird. Peppers Vorgänger, der Roboterhund Aibo, wurde so beliebt, dass es mittlerweile sogar Roboterfriedhöfe gibt. Giannoulis verweist allerdings auch auf ethische Probleme: Die Hersteller der Roboter zeigten wenig Interesse etwa an Fragen des Datenschutzes oder an den Gefahren möglicher Überwachung. Schließlich werden die Daten, die Pepper und seine Geschwister sammeln, in Clouds gespeichert. Und damit auch Informationen darüber, wann die menschlichen Gefährten glücklich oder traurig sind, welche Schlafrhythmen sie haben und was ihnen gesundheitlich fehlt.