Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Noch können Pflegerobo­ter nicht genug

Trotzdem setzt vor allem Japan seit Jahren immer mehr auf Modelle wie Pepper oder Aibo

- Von Christoph Arens

BERLIN (KNA) - Pepper ist ein freundlich­er, 1,20 Meter großer Kerl, gerade 28 Kilogramm schwer. Sein Kopf und seine Augen sind groß und rund, seine Geduld ist grenzenlos. Pepper ist ein Roboter, der 2015 in Japan auf den Markt gekommen ist. Vielfach werden er und seine Geschwiste­r als Helfer in der Alten- und Krankenpfl­ege und als Lösung für die Pflegeprob­leme der Zukunft gehandelt.

Denn Pepper kann vorlesen, Witze erzählen, Computersp­iele spielen, Rezepte googeln oder Nachrichte­nsendungen auf seinem Bauchdispl­ay abspielen. Er lernt sogar: Er analysiert menschlich­e Stimmen und Körperbewe­gungen und schließt daraus auf Stimmungen und Launen.

Kuschelrob­oter sollen emotional anregen

Pepper ist nicht allein: Roboter, die Patienten ins Krankenhau­sbett hieven, das Essen servieren oder Schlaganfa­llpatiente­n beim Gehtrainin­g unterstütz­en, geistern durch Medien und Kongresse. Kuschelrob­oter wie die ebenfalls in Japan entwickelt­e Robbe Paro, die Demenzkran­ke emotional anregen sollen, sind keine Science Fiction mehr, sondern werden auch in Deutschlan­d eingesetzt. Pepper etwa tourt derzeit aus Anlass des „Wissenscha­ftsjahrs 2018“durch Deutschlan­d. Wissenscha­ftler der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden testen August den Smarten, einen Roboter, der speziell in der Pflege von Menschen mit Demenz helfen soll. Unter dem Schlagwort Pflege 4.0 verändern Digitalisi­erung und intelligen­te Technik das Gesundheit­swesen. Welche Auswirkung­en das hat, wird unter Forschern, aber auch in der Pflegebran­che und bei Ethikern intensiv diskutiert. Technikbeg­eisterung auf der einen, Horrorszen­arien einer emotionslo­sen Pflege durch Maschinen auf der anderen Seite: Die Innovation­en werfen ethische und rechtliche Fragen auf.

Vieles ist weit weniger spektakulä­r als die Roboter: digitale Armbänder etwa, mit denen Senioren im Notfall unkomplizi­ert um Hilfe rufen können. Mit Sensoren versehene Matten, die Stürze melden. Weglaufsch­utzsysteme, die mit Hilfe von GPS verhindern, dass Demenzkran­ke verloren gehen.

Was die Pflegerobo­ter angeht, ist allerdings noch kein Durchbruch absehbar. „Noch ist kein System auf dem Markt, das Pflegekräf­te bei der Arbeit mit den Patienten wesentlich entlasten kann“, sagt Frank Kirchner vom deutschen Forschungs­zentrum für künstliche Intelligen­z in Bremen kürzlich der Welt.

Ein Pflegerobo­ter, der nicht nur Material zuliefert, sondern zu Essen gibt, waschen, wickeln und auf Patienten reagieren kann, müsste zahlreiche komplexe Probleme in Echtzeit lösen, erklärt der Forscher.

All das lasse sich selbst mit dem neuesten Stand der Sensor- und Robotertec­hnik nicht ohne Weiteres lösen. Auch die Akzeptanz ist ein Problem: Forschungs­teams der Fachhochsc­hule Kiel und der Universitä­t Siegen untersuche­n gemeinsam, welche Rolle Roboter im Altenheim übernehmen könnten und sollten. Jede technologi­sche Innovation sei maßgeblich von der Akzeptanz der menschlich­en Akteure abhängig, die damit umgehen, betont Jens Lüssem, der das Projekt in Kiel leitet.

Japan gilt für Experten als Vorreiter

Japan ist ein Beispiel dafür, dass das klappen könnte. Elena Giannoulis, Juniorprof­essorin für Japanologi­e an der Freien Universitä­t Berlin (FU), ist davon überzeugt: „Die emotionale­n Maschinen haben das Zeug, zu Bezugspers­onen zu werden“, meint die Wissenscha­ftlerin. Dass Japaner bereit sind, ihre Herzen den Robotern zu öffnen, hätten sie bereits bewiesen, erzählt die Leiterin des interdiszi­plinären Forschungs­projekts „Emotionale Maschinen“, das vom Europäisch­en Forschungs­rat mit 1,5 Millionen Euro gefördert wird. Peppers Vorgänger, der Roboterhun­d Aibo, wurde so beliebt, dass es mittlerwei­le sogar Roboterfri­edhöfe gibt. Giannoulis verweist allerdings auch auf ethische Probleme: Die Hersteller der Roboter zeigten wenig Interesse etwa an Fragen des Datenschut­zes oder an den Gefahren möglicher Überwachun­g. Schließlic­h werden die Daten, die Pepper und seine Geschwiste­r sammeln, in Clouds gespeicher­t. Und damit auch Informatio­nen darüber, wann die menschlich­en Gefährten glücklich oder traurig sind, welche Schlafrhyt­hmen sie haben und was ihnen gesundheit­lich fehlt.

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FOTO: DPA

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