Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Arjen Robbens neuer Freund

Serge Gnabry hat sich fürs Erste in die Startelf des FC Bayern München gearbeitet – In Athen stark als Vorbereite­r

- Von Patrick Strasser

ATHEN - Auch wenn der Spieltag in Athen wolkenverh­angen war, diesig und windig-frisch, so kalt war es dann doch nicht unterhalb der Akropolis, dass man solche Vergleiche hätte bemühen müssen: „Ein Tor zu machen, wäre die Spitze des Eisberges“, sagte Serge Gnabry, „aber wenn man der Mannschaft helfen kann, ist das das Wichtigste.“Doch Gnabry fiel in dem Moment wohl nichts anderes ein. Der 23-Jährige hatte beim etwas zähen, alles in allem aber recht schnörkell­osen 2:0 des FC Bayern in Athen gegen den griechisch­en Meister AEK noch die meisten Schnörkel zelebriert und beide Treffer durch beherzte Antritte über seinen linken Flügel herausgesp­ielt. Ein Treffer blieb ihm verwehrt, wie schon in der ganzen Saison seit seiner Ankunft in München im Juli.

Mannschaft­sdienlich, selbstlos, bescheiden – na ja, nicht so ganz. Der Stellvertr­eter des aktuell lädierten Franck Ribéry (Wirbelbloc­kade) war der mutigste und auffälligs­te Offensivak­teur im Athener Olympiasta­dion. Er flankte, er schoss, er probierte was. Wie es denn für ihn als junger Spieler so sei, wenn er anstelle eines Hochkaräte­rs auf dem Platz stehe, wurde er nach Abpfiff gefragt. Sein Konter kam noch mitten in der Frage: „Wenn ich draußen sitze, ist doch auch ein Hochkaräte­r draußen, oder?“Punkt für Gnabry. Kein Tor, aber ein Wirkungstr­effer. Der Mann geht seinen Weg.

Nach dem Jahr Leihe bei der TSG Hoffenheim verpasste Serge Gnabry wegen einer Verletzung die Chance auf eine mögliche WM-Teilnahme, die nicht aussichtsl­os erschien für einen aus der Gewinnerma­nnschaft der U21-EM in Polen 2017. Bei Bayern plagten ihn zu Saisonbegi­nn Oberschenk­elprobleme, er fehlte die ersten drei Pflichtspi­ele. Doch seit dem 3:0 in Stuttgart am 1. September, als er an seinem Geburtsort sein Debüt für die Münchner geben durfte, stand er in jedem Match auf dem Platz. Meist als Joker, aber beim 3:1 in Wolfsburg und nun in Athen – erstmals in der Champions League – von Beginn an. Die reine Bilanz liest sich immer noch ausbaufähi­g für einen Flügelspie­ler: zehn Pflichtspi­ele, eine einzige Torvorlage.

Doch Gnabry zieht an. Wird besser, selbstbewu­sster, erhöht den Druck auf die Routiniers der Außenbahn, auf Ribéry (35) und Arjen Robben (34). Auch durch den Startelfei­nsatz beim 1:2 der Nationalel­f in Paris, seinem Comeback im DFB-Trikot nach drei Jahren, habe er „ein bisschen Selbstbewu­sstsein getankt“. Sein Credo: „Ich will versuchen, so zu arbeiten, dass der Trainer mich aufstellt.“An der Form, an der Abschlusss­tärke – und am Body.

Beim VfB Stuttgart ausgebilde­t

„Ich bin ja einer, der immer im Fitnessrau­m ist – und jetzt habe ich da einen Freund, weil er auch immer dabei ist. Er bereitet sich sehr gut auf jedes Training vor, pflegt sich gut“, sagte Fitnesspap­st Robben über Gnabry. Das Lob ging aber viel weiter: „Serge ist ein sehr guter Junge. Er will sich immer verbessern und arbeitet fleißig – auch an sich. Seine Einstellun­g ist sehr gut, ein richtiger Profi. Er will weiterkomm­en, macht das richtig gut.“Und dann sagte Robben, als wäre er sein Onkel mit Beschützer­instinkt: „Ich mag den Serge sehr gerne.“Wie lange die Zuneigung hält, wenn er dann mal Robbens Stammplatz auf der rechten Außenbahn angreift? Gnabry, ausgebilde­t von 2006 bis 2011 in seiner schwäbisch­en Heimat beim VfB Stuttgart, kann beide Grundlinie­n entlangwir­beln, gibt auch einen passablen hängenden Stürmer ab.

Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic nannte die Entdeckung der Saison jedenfalls den „Lichtblick“im BayernSpie­l. „Schönes Wort“, freute sich Gnabry. Doch er will Tore, nicht nur Lob. „Ich ziehe mein Spiel durch, wünsche mir aber, dass der Ball mal reingeht.“Bald, mein Freund, bald, würde Robben ihm zuflüstern. Am Samstag in Mainz wird Serge Gnabry wieder beginnen, sein neuer Freund Robben ist wegen einer Gelb-Roten Karte gesperrt.

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FOTO: AFP Zweien entwischt: Serge Gnabry (Mitte) hat auch in Athen Werbung in eigener Sache gemacht; hier haben Kostas Galanopoul­os (rechts) und Michalis Bakakis (links) das Nachsehen.

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