Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Strobls kalkulierte Provokation
Das Polizeigesetz des Thomas Strobl kommt so nicht. Das weiß jeder, und der CDULandesinnenminister weiß es selbst am besten. Die Polizei bekäme das Recht, in vielen Fällen zu durchsuchen, festzunehmen, private Daten heimlich zu erfassen. Ohne konkreten Verdacht, ohne dass eine Straftat begangen wurde. Und das nicht nur bei möglichen Terroristen. Kontrollen von Weihnachtsmarkt-Besuchern, längerer Gewahrsam für krawallige Fußballfans – der Entwurf lässt offen, für wen er gelten soll. Damit könnten sich Bürger kaum gegen Eingriffe in die Privatsphäre wehren.
Es gibt nur einen Fall, in dem Strobl seine Maximalforderungen beim grünen Regierungspartner durchsetzen könnte: Wenn Terroristen einen weiteren Anschlag in Deutschland oder Europa verüben. So war es 2017. Nach dem Attentat von 2016 auf dem Berliner Weihnachtsmarkt gingen die Grünen Strobl große Schritte entgegen.
Aus den damaligen Verhandlungen weiß Strobl: Sein Entwurf überschreitet alle grünen Grenzen. Geht die Partei da mit, riskiert sie Demonstrationen wie gegen das Polizeiaufgabengesetz in Bayern – und ihr Image als Bürgerrechtspartei.
Warum also legt Strobl den Entwurf vor? Er sitzt nicht fest im Sattel bei der Landes-CDU, Nachfolgedebatten laufen. Mit dem Vorstoß gibt Strobl den knallharten Innenpolitiker. Er nimmt keine Rücksicht auf die Grünen. Beides sind Signale nach innen. Lehnen sie alles ab, kann Strobl den Grünen den Schwarzen Peter zuschieben. Setzt er nur einiges durch, ebenfalls. Verschärft sich die Sicherheitslage, hat er seinen Vorschlag gegen Terror bereits gemacht.
Jedoch erweckt Strobl den Eindruck, diese Maßnahmen seien notwendig. Das ist nicht so. Die Ermittler haben sehr viele Instrumente. Schon jetzt gibt es Probleme, alle Daten auszuwerten. Beim Austausch mit anderen Behörden hapert es. Es gäbe am Handwerk der Polizei genug zu optimieren, bevor man neue Werkzeuge fordert. Dass seine Vorschläge für die Grünen eine Provokation sind, weiß Strobl. Sein Ziel: Eigenwerbung für sich und die CDU.