Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Kampf mit dem Dialekt
Der Synchronsprecher Friedemann Benner aus Riedlingen machte in Berlin Karriere
LANGENENSLINGEN - Friedemann Benner hat eine erfolgreiche Karriere in Berlin als Musiker, Komponist, Sänger und Sprecher hingelegt. Nun ist der in Sigmaringen geborene und in Langenenslingen aufgewachsene Künstler in seine Heimatregion zurückgekehrt. Im Interview spricht der Künstler mit SZ-Redakteur Johannes Böhler über seine Arbeit als Synchronsprecher und sein Verhältnis zu seiner Muttersprache, dem Schwäbischen.
Herr Benner, wie sind Sie Synchronsprecher geworden?
Ich bin als junger Mann nach Berlin gegangen, um Musiker zu werden. Meine erste Synchronarbeit war als Sänger bei dem Film „König der Löwen“. Ich hatte mir in der Stadt schon einen Namen gemacht, also wurde ich gefragt, ob ich für einen im Chor einspringen kann, der ausgefallen war. Von da an war ich dabei.
Warum Berlin?
In meiner schwäbischen Heimat habe ich mich eingeengt gefühlt. Ich gehörte damals zur langhaarigen Fraktion. Damit galt man bei den „anständigen Leuten“als Gammler oder Penner und wurde teils ziemlich heftig angegangen. Das ging so weit, dass Väter beim Fußball ihren Söhnen auf dem Platz zugeschrien haben, dass sie mir ja ordentlich in die Hacken treten sollen.
War der schwäbische Dialekt eigentlich ein Hindernis?
Ja, das war anfangs schon so. Ich habe lieber Englisch gesprochen, denn bei Hochdeutsch hatte ich immer das Gefühl „das bin nicht ich“. Mit der Zeit hat sich das aber gelegt. Beim Singen auf Hochdeutsch musste ich mich extrem anstrengen, um nicht sofort als Schwabe erkannt zu werden. Das Schwäbische ist maulfaul, die Zunge und die Lippen baumeln rum, alles ist eher schlaff. Es gibt beispielsweise kein hartes „P“und kein hartes „T“und auch die Vokale sind anders. Für die harten Konsonanten und das stimmhafte „S“braucht man eine ganz andere Spannung in den Muskeln. Also habe ich Sprechunterricht bei Uta Sachs, einer damals schon bekannten Synchronsprecherin, genommen.
Sprechen Sie in erster Linie synchron, um damit Geld zu verdienen oder weil es Ihnen Spaß macht?
Ich habe mein Leben lang nie mein Augenmerk darauf gerichtet, was Geld bringt. Ich habe immer nur Dinge gemacht, die mir Spaß machen. Interessanterweise kamen Geld und Erfolg dann von ganz alleine.
Würden Sie sich dann als Top-Synchronsprecher bezeichnen?
Nein. Ich habe zu viel Respekt davor, um zu sagen: Ich kann alles. Um ein Top-Synchronsprecher zu werden, benötigt man neben einer guten Stimme und Talent auch eine fundierte Schauspielausbildung, die ich nicht vorzuweisen habe. Große Synchronsprecher, zum Beispiel Manne Lehmann, der Bruce Willis spricht, oder Christian Brückner, sind alles ausgebildete Schauspieler.
Haben Sie mal eine Rolle nicht bekommen?
Ja, ich war beim Casting für den Stauffenberg-Film. Ich sollte eine sehr vielschichtige Rolle sprechen, die nach außen sicher wirken sollte, aber innerlich eigentlich unsicher und sehr angespannt war. Und da hab ich gemerkt, da fehlen mir jetzt die Mittel.
Sie hätten also den Stauffenberg also Tom Cruise gesprochen?
Nein, für solche Hauptrollen werden nur die ganz Großen, also echte Cracks genommen. Beim Synchronsprechen geht es auch um Schnelligkeit: Wenn man mehr als drei Versuche für einen Take braucht, räuspert sich schon jemand hinter der Scheibe. Es sei denn, der Regisseur findet die Szene extrem wichtig.
Kann man das eigentlich planen, eine Karriere als Synchronsprecher?
Ja, das kann man. Man braucht allerdings schauspielerische Qualitäten und eine Ausbildung an einer richtig guten Schauspielschule. Zum Einstieg macht man Voiceover, das sind beispielsweise die Übersetzungen bei Dokumentationen, wo man im Hintergrund noch die Originalstimme hört – das ist so die unterste Stufe.
Was war eigentlich Ihre Lieblingsrolle?
Lieblingsrolle hab ich keine, aber ich habe einen Lieblingstyp: der ist bärbeißig und nicht überdurchschnittlich intelligent, Piraten zum Beispiel, das kann ich richtig gut.
Warum sind Sie in Ihre Schwäbische Heimat zurückgekehrt?
Durch zahlreiche Musikstücke und Texte, die ich geschrieben habe, habe ich mein Auskommen und ich habe ein Alter erreicht, wo ich kürzer treten kann. Die Bedingungen für Künstler in Berlin verschlechtern sich, weil der Andrang immer größer wird. Da hab ich gesagt, was soll’s, das muss ich mir nicht antun. Einmal im Monat fahre ich aber immer noch nach Berlin, um mit meiner Band zu spielen oder beim Synchron zu arbeiten.
Was planen Sie für die Zukunft?
Ich plane, zum Beispiel Sprechunterricht anzubieten. Leute, die in der Öffentlichkeit stehen, sollten ihr Schwäbisch bei Bedarf in ein gutes Hochdeutsch verwandeln können.
Gilt das auch für schwäbische Politiker?
Ja, Winfried Kretschmann nimmt Sprechunterricht, sein Lehrer taugt aber wohl nicht viel (lacht).