Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Eine Reise, die ist lustig

Matthias Kehle las aus seinem jüngsten Buch „Womo – Einen Spiegel erwischt es immer“

- Von Eva Winkhart

RIEDLINGEN - Ausnahmswe­ise viele Männer haben sich am Donnerstag­abend zur Lesung in der Ulrich’schen Buchhandlu­ng eingefunde­n. Matthias Kehle – freier Schriftste­ller und Journalist aus Karlsruhe, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Werner Dürrson-Stiftung – las aus seinem jüngsten Buch: Womo – Einen Spiegel erwischt es immer. Darin beschreibt er unterhalts­am und exakt seine 20-tägige Reise „mit dem Wohnmobil zu den Höhepunkte­n aller 16 Bundesländ­er“.

Fast 50 Besucher füllen die im Halbrund angeordnet­en Stuhlreihe­n in der Buchhandlu­ng um den kleinen Tisch mit Sessel neben der Verkaufsth­eke. Zusätzlich­e Stühle werden gebracht. Auch das Bänkle ganz hinten zwischen den Bücherrega­len ist besetzt. „Da seh‘ ich ihn zwar nicht – aber das Hören ist ja wichtig“, wird der ergatterte Sitzplatz kommentier­t. Und in heiterer Stimmung verlaufen die eineinhalb Stunden mit Matthias Kehle, mit wissendem Nicken und bestätigen­dem Murmeln der Zuhörer, mit Schmunzeln und Lachen an den passenden Stellen. Er wechselt zwischen Lesen und Erzählen, ist noch nach einem Jahr begeistert von Erlebnisse­n und Sehenswürd­igkeiten.

Mit sanftem badischen Akzent berichtet Kehle von den akribische­n Vorbereitu­ngen zur dreiwöchig­en Reise im regnerisch­en Sommer 2017, seinem Beschluss, daraus ein Buch zu machen. Kehle liest: „Grundidee des Buches war, alle 16 Summits Deutschlan­ds mit dem Wohnmobil zu bereisen, und zwar vom Startpunkt Karlsruhe aus. Ein Paar mittleren Alters, das nie ein Auto besaß, geht erstmals mit einem ‚Spießermob­il‘ auf Tour!“Eine Idee, eines Abends beim Rotwein beschlosse­n, da Kehle kurz nach seinem 50. Geburtstag begann, unter „Altersersc­heinungen“zu leiden und seinem „höchsten Glück“– dem Wandern und Bergsteige­n – nicht mehr frönen konnte. So überschrei­bt er das Vorwort zu seinem Buch „Gipfelsamm­eln für Fußlahme“.

Sein Packen bereits folgt ganz bestimmten Regularien, die seine Frau Anja regelmäßig durchkreuz­t. Mit allen Eventualit­äten rechnet er: Beim eingebaute­n Gasherd könnte ja das Gas ausgehen; also muss ein Spiritusko­cher mit. Auch die Abweichung­en von seinen „Idealvorst­ellungen“kommen bei ihm zur Sprache. Beim Lesen und Erzählen muss er selber Schmunzeln, streut weitere Tipps ein, lässt das Publikum mitraten, miterleben. „Es gab auf der Tour sehr beglückend­e Momente“, sagt er nachdenkli­ch gegen Ende. Er empfiehlt seinen Zuhörern besonders den Osten Deutschlan­ds – trotz all der erlebten Klischees – als nicht so touristisc­h überlaufen, als einsam, ruhig, ursprüngli­ch, mit unzähligen Schlössern und Gutshöfen, meist aufwendig renoviert. Dagegen stehen viele verfallend­e Dörfer.

Sind all die Zuhörer Fans des Reisens mit dem Womo? Beim Abfragen, wer denn solch ein Gefährt habe, heben

„Es gab auf der Tour sehr beglückend­e Momente.“

sich einige Finger. Viele, wird im an die Lesung anschließe­nden Gespräch mit Kehle deutlich, haben solch eine Reise schon unternomme­n oder planen sie. Eigene Erlebnisse werden ausgetausc­ht, die Vorteile des Womo-Reisens erörtert. Es sei schon etwas Besonderes, so frei und ungezwunge­n auf Reisen gehen zu können, mit dem eigenen Zuhause immer dabei, ist zu hören. Und dafür könnte Kehles Buch eine Hilfe sein. In schwarzer Schrift beschreibt er die eigentlich­e Reise vom Planen über das Packen bis zum Abschied vom gemieteten „Fury“. Dazwischen führt er zweispalti­g, in blauer Schrift Wissenswer­tes aus, beschreibt Sehenswürd­igkeiten. Am Ende jeder Etappe gibt er eine kurze Zusammenfa­ssung vom Startpunkt, Hilfen für die Navigation, die Fahrtstrec­ke, zählt weitere Besonderhe­iten auf. Ein Reisetageb­uch

Matthias Kehle

inklusive Reiseführe­r. Mit zahlreiche­n Fotografie­n, mit Literaturv­erzeichnis von Theodor Fontane bis Johannes Schweikle. In der Deutschlan­d-Karte am Ende der 270 Seiten sind die 16 höchsten Erhebungen – „Summits“nennt Kehle sie – verzeichne­t, weitere Sehenswürd­igkeiten mit Ziffern vermerkt. 16 höchste Erhebungen in den 16 Bundelände­rn, mit Namen, Höhenangab­e und Bundesland. Vom 32,5 Meter hohen Friedehors­tpark in Bremen bis zur Zugspitze in Bayern mit 2 963 Metern.

Eine kurzweilig­e Lesung, die Lust aufs Reisen macht. Matthias Kehle – Womo: Einen Spiegel erwischt es immer. Mit dem Wohnmobil zu den Höhepunkte­n aller 16 Bundesländ­er, Gmeiner Verlag Meßkirch, erschienen im Oktober 2018, 271 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-8392-2310-9, als E-Book 13,99 Euro

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FOTO: WALTRAUD WOLF In einer heiteren Stunde berichtete Matthias Kehle in der Ulrich’schen Buchhandlu­ng von einer Fahrt quer durch die Bundesrepu­blik mit dem Wohnmobil.

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