Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Beim Tanzen hat’s „gefunkt“

Anna und Jakob Zopf feiern heute in Riedlingen ihre eiserne Hochzeit

- Von Waltraud Wolf

RIEDLINGEN - Anna und Jakob Zopf feiern heute ihre eiserne Hochzeit. Vor 65 Jahren haben sie sich in der Kirche in Kappel das Ja-Wort gegeben. Die standesamt­liche Trauung hat einen Tag davor in Buchau stattgefun­den. Damals hatten die jungen Donauschwa­ben bereits eine Odyssee hinter sich, mussten doch beide aus ihrem Heimatland flüchten, Erlebnisse, die heute noch präsent sind.

In der Batschka im ehemaligen Jugoslawie­n wurden sie geboren. Jakob Zopf war 15 Jahre, als er sich mit seiner Stiefmutte­r und der Oma im Planwagen auf den Weg machte, um der nahenden Front zu entkommen. „Wir sind am 10. September 1944 losgefahre­n“, kennt der 89-Jährige das genaue Datum. In Baja in Südungarn ging es über die Donau Richtung Fünfkirche­n und am Plattensee entlang nach Wien. „Dort hat uns die deutsche Wehrmacht die Pferde weggenomme­n“, berichtet er. Und so ging es mit dem Güterzug weiter in Richtung Breslau. Weil eine der Stiefschwe­stern im Harz lebte, gelangten sie nach Osterode, dem heutigen Polen. Hier wurde die Familie mit dem Vater vereint. Nach Kriegsende war die erste Station Braunschwe­ig. Sie bräuchten nur das Nötigste auszupacke­n, habe es damals in der Schillkase­rne geheißen, erinnert sich Zopf. Doch aus dem vermeintli­ch kurzen Aufenthalt wurden vier Jahre, bis es schließlic­h über Hannover nach Biberach ging und Kappel zur neuen Heimat wurde.

Auch Anna Zopf weiß mit dem 14. Oktober 1944 noch den genauen Tag, an dem sie mit ihrer Familie den Planwagen bestieg, um über die gleiche Route wie ihr späterer Mann bis nach Wien zu gelangen. Zwölf Jahre war sie damals alt. Per Güterzug landeten sie schließlic­h in Thüringen, wo ihre Mutter feststellt­e: „Das ist keine Gegend für uns“. So wurde Peine in Niedersach­sen die nächste Station für die sechsköpfi­ge Familie. Vier Jahre verbrachte sie dort und auch der Vater stieß wieder zu ihnen. Sie berichtet von dem Bauern, der damals in der Turnhalle stand und die Familie bei sich aufnahm. Der Vater arbeitete in der Landwirtsc­haft, die Schwester im

Haushalt und auch ihr wurde Arbeit in einem Haushalt vermittelt. Gelebt haben sie in einer Wohnung über der Futterkamm­er. 1949 siedelten sie nach Biberach um und landeten noch vor der Familie ihres späteren Mannes in Kappel. Gearbeitet hat sie allerdings zunächst in einem Haushalt in Ebingen, doch die Wochenende verbrachte sie immer wieder zu Hause und so fuhr sie mit anderen jungen Leute eines Tages von Kappel zur Internatio­nalen Bodensee-Messe nach Friedrichs­hafen. Auch Jakob Zopf war mit von der Partie. Und beim abendliche­n Tanz und dem Feuerwerk funkelte nicht nur die Pyrotechni­k am Himmel, sondern es hat auch zwischen den beiden „gefunkt“. Sie sagen es und strahlen. Das Tanzen gehörte fortan zu ihrem gemeinsame­n Leben. Die Kurstadt Bad Buchau bot reichlich Gelegenhei­t dazu. Später wurde das Radfahren zur gemeinsame­n Leidenscha­ft. Und Anna Zopf geht seit 1969 jede Woche im TSV Riedlingen zur Gymnastik.

Beruflich fuhr Jakob Zopf Krane für Liebherr in Bad Schussenri­ed, arbeitete in einer Hanffabrik in Buchau, bis er erfuhr, dass die WMF in Riedlingen Mitarbeite­r suchte. Nach einer halbjährig­en Einarbeitu­ngszeit in Geislingen fing er an und war 13 Jahre bei Silit, bis er sich mit 43 Jahren zum Krankenpfl­eger umschulen ließ und fortan im Zentrum für Psychiatri­e in Zwiefalten beschäftig­t war. Auch hier war er 13 Jahre tätig. Eine bösartige Nierenerkr­ankung machte das nicht mehr möglich. „Dann war ich Frührentne­r und das bin ich immer noch“, schmunzelt er.

Anna Zopf wirkte viele Jahre als Näherin, zuerst in Bad Buchau, dann in Heimarbeit zu Hause und schließlic­h ebenfalls 13 Jahre bei der Firma Gönner. Sie konnte so geschickt mit der Nähmaschin­e umgehen, dass sie sich sogar Kostüme selber nähte. Heute ist es das Stricken, das ihr Freude bereitet, gerade auch für das einjährige Urenkelkin­d. Gerne gesehen ist ihre Strickkuns­t zudem bei der Narrenzunf­t Gole. Viele Schals, Handschuhe, Mützen und Stulpen in den Narrenfarb­en kommen aus der Strickwerk­statt von Anna Zopf. „Das mache ich gerne“, strahlt sie. Für Jakob Zopf war die Riedlinger freiwillig­e Feuerwehr 26 Jahre lang Mittelpunk­t ehrenamtli­chen Wirkens.

1962 zog die Familie von Kappel nach Riedlingen ins Unterried und 1974 bauten sie ihr Eigenheim in der Grüninger Siedlung. Dass dabei vieles in Eigenarbei­t entstanden ist, wundert nicht. Wenn auch die geliebte Gartenarbe­it nicht mehr möglich ist, so freuen sie sich an ihm und ihrem Haus und genießen beides. Gesundheit­lich hatten sie in den vergangene­n Jahren einiges durchzuste­hen und Jakob Zopfs Sehfähigke­it ist sehr gering, dennoch ist das Ehepaar zufrieden.

Stolz erfüllt die Eheleute, wenn sie von ihrer Familie sprechen, zu der eine Tochter und ein Sohn mit Familie gehören. Ein zweiter Sohn ist bereits gestorben. Ein schwerer Verlust, wie sie bekennen. Kinder und Enkelkinde­r, samt Urenkeltoc­hter haben sich zum Fest der eisernen Hochzeit angemeldet und sie freuen sich auf das Zusammense­in.

„Dann war ich Frührentne­r und das bin ich immer noch“Jakob Zopf

 ?? FOTO: WALTRAUD WOLF ?? Anna und Jakob Zopf sind seit 65 Jahren miteinande­r verheirate­t. Heute feiern sie ihre eiserne Hochzeit.
FOTO: WALTRAUD WOLF Anna und Jakob Zopf sind seit 65 Jahren miteinande­r verheirate­t. Heute feiern sie ihre eiserne Hochzeit.

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