Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ländlicher Liebesbeweis: Bauer hat ein großes Herz
DÜRNAU – Spaziergänger haben mit wachsender Neugier die wachsende Entwicklung einer eigenartig geformten Blühfläche auf einem Acker verfolgt. Irgendwann war dann ein symmetrisch geformtes Herz aus leuchtend gelben Senfblüten erkennbar. Die Entdeckung des ungewöhnlichen Anblicks hat sicher manchen achtsamen Spaziergänger zu einem stillen Lächeln verleitet und mancher fragte sich, was wohl dahintersteckt.
Der kreative Haupterwerbslandwirt war schnell ausgemacht. Er erzählte, wie es dazu kam. Während der Aussaat von Phacelia und Senf zur Begrünung nach der Getreideernte kam ihm diese Idee. Als ein sichtbares Zeichen und Ausdruck der Liebe zu seiner Frau und deren Wertschätzung, weil sie ihn bei seiner Arbeit als zufriedener Landwirt das Jahr über in Haus, Hof und in der Familie tatkräftig unterstützt. Vielleicht spielte auch mit, dass seine Herzensdame just in der Zeit für ein paar Tage verreist war und sich leises Heimweh einstellte. „Solch eine Idee entsteht wohl eher, wenn die Welt um einen herum noch ein Stück weit in Ordnung ist“, vermerkt er verschmitzt. Herausgekommen ist dieses Herz, das er ganz spontan mitten in seinen Acker gesät hat. Eigentlich sollte der ganze Acker mit Phacelia blau blühen und mittendrin der gelbe Senf in Herzform. Durch die relativ späte Aussaat und die Trockenheit blühte die Phacelia nicht mehr und blieb grün, was den Gesamteindruck nicht schmälerte. „Und als Landwirt, der ständig mit und in der Natur arbeitet, kommen manchmal andere Ergebnisse raus, als geplant.“Doch ihn freut’s, sagt er, „wenn auch Andere Freude an meinem Herz haben“.
Die Redensart „Seinen Senf dazugeben“ stammt, wie viele andere, aus dem Mittelalter. Bauern konnten sich keine teuren Importgewürze, wie beim Adel üblich, leisten. Sie haben sich mit Garten- oder Wegkräutern wie Kümmel, Fenchel oder Senfkraut beholfen. Senfkörner wurden zur würzigen Soße verarbeitet und zu vielen Speisen gereicht – man hat überall seinen Senf dazu gegeben. Später, im 17. Jahrhundert, wurde Senf als Speisenaufwertung „dazugegeben“.
Der findige Landwirt aus Großtissen hat nun bei der Einsaat des Ackers in Dürnau diese jahrhundertealte Redensart im 21. Jahrhundert mit der intuitiven Zugabe von Senf neu interpretiert. Die wochenlange Blüte hat durch den Witterungsumschwung am Wochenende wohl gelitten und ist im eigentlichen Wortsinn bald „Schnee von gestern“. Aber eine nette, romantische Idee war es auf jeden Fall.