Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ländlicher Liebesbewe­is: Bauer hat ein großes Herz

- Von Hanna Nuber

DÜRNAU – Spaziergän­ger haben mit wachsender Neugier die wachsende Entwicklun­g einer eigenartig geformten Blühfläche auf einem Acker verfolgt. Irgendwann war dann ein symmetrisc­h geformtes Herz aus leuchtend gelben Senfblüten erkennbar. Die Entdeckung des ungewöhnli­chen Anblicks hat sicher manchen achtsamen Spaziergän­ger zu einem stillen Lächeln verleitet und mancher fragte sich, was wohl dahinterst­eckt.

Der kreative Haupterwer­bslandwirt war schnell ausgemacht. Er erzählte, wie es dazu kam. Während der Aussaat von Phacelia und Senf zur Begrünung nach der Getreideer­nte kam ihm diese Idee. Als ein sichtbares Zeichen und Ausdruck der Liebe zu seiner Frau und deren Wertschätz­ung, weil sie ihn bei seiner Arbeit als zufriedene­r Landwirt das Jahr über in Haus, Hof und in der Familie tatkräftig unterstütz­t. Vielleicht spielte auch mit, dass seine Herzensdam­e just in der Zeit für ein paar Tage verreist war und sich leises Heimweh einstellte. „Solch eine Idee entsteht wohl eher, wenn die Welt um einen herum noch ein Stück weit in Ordnung ist“, vermerkt er verschmitz­t. Herausgeko­mmen ist dieses Herz, das er ganz spontan mitten in seinen Acker gesät hat. Eigentlich sollte der ganze Acker mit Phacelia blau blühen und mittendrin der gelbe Senf in Herzform. Durch die relativ späte Aussaat und die Trockenhei­t blühte die Phacelia nicht mehr und blieb grün, was den Gesamteind­ruck nicht schmälerte. „Und als Landwirt, der ständig mit und in der Natur arbeitet, kommen manchmal andere Ergebnisse raus, als geplant.“Doch ihn freut’s, sagt er, „wenn auch Andere Freude an meinem Herz haben“.

Die Redensart „Seinen Senf dazugeben“ stammt, wie viele andere, aus dem Mittelalte­r. Bauern konnten sich keine teuren Importgewü­rze, wie beim Adel üblich, leisten. Sie haben sich mit Garten- oder Wegkräuter­n wie Kümmel, Fenchel oder Senfkraut beholfen. Senfkörner wurden zur würzigen Soße verarbeite­t und zu vielen Speisen gereicht – man hat überall seinen Senf dazu gegeben. Später, im 17. Jahrhunder­t, wurde Senf als Speisenauf­wertung „dazugegebe­n“.

Der findige Landwirt aus Großtissen hat nun bei der Einsaat des Ackers in Dürnau diese jahrhunder­tealte Redensart im 21. Jahrhunder­t mit der intuitiven Zugabe von Senf neu interpreti­ert. Die wochenlang­e Blüte hat durch den Witterungs­umschwung am Wochenende wohl gelitten und ist im eigentlich­en Wortsinn bald „Schnee von gestern“. Aber eine nette, romantisch­e Idee war es auf jeden Fall.

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