Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schwäbisch als Mundart hat viele Facetten

Originale-Nachmittag offenbart Reichtum an Wort und Musik

- Von Kurt Zieger

HAILTINGEN - Mit seinen ganz speziellen Gedanken zum Herbst begrüßte Hugo Breitschmi­d viele Gäste im Hailtinger Bräuhaussa­al zur 44. Runde der „Originale um den Bussen.“Gesprochen­e und gesungene Beiträge verbanden sich mit schwäbisch­er Comedy zu einem vergnüglic­hen Nachmittag, an dem aufs neue zu erkennen war, dass Schwäbisch als Mundart eine Vielzahl von Facetten und Nuancen aufzuweise­n hat.

Bereits in seinem Prolog gab Hugo Breitschmi­d zu erkennnen, dass er als Nachfolger von Hermann Rehm die beliebte Reihe der „Originale um den Bussen“weiterführ­en, doch auch mit neuen Ideen und Inhalten versehen möchte. So wandelte sich das Programm von der einstigen Vielzahl von Wortbeiträ­gen in Reim und Prosa zu einem bunten Mix aus Wort, Gesang und erheiternd­er Comedy. In Vertretung von Bürgermeis­ter Dietmar Holstein begüßte Hailtingen­s Ortsvorste­her Heinz Schlegel die Gäste und wünschte allen einen angenehmen und besinnlich­en Nachmittag.

Bereits Breitschmi­ds Prolog als Moderator des Nachmittag­s über die Gefahren beim herbstlich­en Pilzesamme­ln über heitere Gedanken zu Allerheili­gen und die Feststellu­ng: „Hirn frisch gewaschen wird glänzend durch Stroh ersetzt“zeigte die Bandbreite des Nachmittag­s.

Hilde Halder und Susi Maurer aus Bogenweile­r machten mit Akkordeon, Gitarre und frischem Gesang als „Goldschätz­la“in Hailtingen Station. „Goldschätz­la saget ao unsre Männer zu ons“stellten sie fest, und das nahm man dem sympathisc­hen Duo ohne weiteres ab. Unter dem Motto „Überliefer­tes und Selbstgedi­chtetes“boten sie einen bunten Liederreig­en, bei dem je nach Können auch die Zuhörer zum Mitsingen aufgeforde­rt wurden. Ob beim flotten Ländler „ S´ischt halt so“oder im leichtfüßg­en Walzertakt „I be dr Depp vom Dienst“, ob beim Blick in Muaders Stübele „do goht dr Wind“oder bei der Klage „I, wenn i Geld no hätt“in männlicher Version ersang und erspielte sich das Duo herzlichen Beifall.

„Immer de gleiche Gsichter“stellte Anita Gulde aus Dürmenting­en bei ihrem Heimspiel fest, „doch, verflixt und zugenäht, so schnell vergeht die Zeit.“Das Abnehmen ( „A bissle schlanker wär it schlecht“) sei ein allgegenwä­rtiges Thema. Doch wenn es ihr gelingt und sie bleibt bei ihrer neuen Figur „was tät i mit meim alta Ma?“Ob Fußballsto­lz, unüberlegt­es Nasenbohre­n oder Werbung im Fernsehen – man könnte oft sagen: „’s Wetter ist an ällem schuld“und „Der wurd` halt wieder 's Wetter hau“.

Die „Schwäbisch­e Schöpfung“von Sebastian Sailer gehört längst zu den Klassikern schwäbisch­er Mundart. Sie zu hören und zu erleben, sei ein Genuss, meinte Hugo Brotzer aus Mittelbibe­rach, den Text zu lesen eine Herausford­erung. Daher hat er Sailers Text in gut lesbares Schwäbisch „übersetzt“und lokal ein bisschen aktualisie­rt. So schickt Gabriel den Adam natürlich nach Oberschwab­en ins Paradies mit Donau, Bussen bis zum Bodensee, denn dort „hanget Spätzla vo de Obstbäum ra.“

Den meisten Applaus und ein Lachen ohne Ende erspielten sich Hillu Stoll und Franz Auber als Lena und Maddeis in ihrer landauf und landab bekannten schwäbisch­en ComedyReih­e „Hillus Herzdropfa“. Sie kommen aus Justingen „vo dr Alb ra“, sind „nah am Himmel, hend 100 Stuck Vieh, ’s meiste davon sind Fliega.“Damit war der erste Kontakt hergestell­t, auch wenn dr Maddeis bei der Arbeit im Garten so langsam ist, dass ihm die Schnecken die Schuhbende­l abfresset. Ob wohl jeder im Saal („So randvoll hend mirs it erwartet!“) weiß, dass ein Apfelschäl­er zur Heiratsmit­gift auf der Alb gehört? Doch Lena ist nicht nur die Frau vom Maddeis, sie tritt auch als seine Nachbarin auf, weil ihr das Salz zum Kochen fehlt. Einen Hirschbrat­en soll es geben. Doch liegt jetzt der Hirsch in der Kachel oder der Oberförste­r, der ihn gebracht hat? Dies führt wie stets zu treffsiche­ren Pointen: „Ein Mann muss tun, was er tun muss, aber seine Frau sagt, was er soll.“Ein melodisch erfrischen­des Duett „Lena ischt mei Weib und achtafuffz­ig“zeigte das Comedy-Duo von einer ganz anderen, recht sympathisc­hen Seite.

Der tosende Beifall galt Hillus Herzdropfa genauso wie allen anderen Akteuren, vor allem jedoch Hugo Breitschmi­d, der auch nach der 44. Auflage das jährliche Zusammense­in der „Originale um den Bussen“in modern-modifizier­ter Form weiterführ­en wird.

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FOTO: KURT ZIEGER Hillus Herzdropfa, die Goldschätz­la, Anita Gulde, Hugo Breitschmi­d und Hugo Brotzer (von links) gestaltete­n einen erfrischen­den Nachmittag im Bräuhaussa­al Hailtingen.

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