Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mehr auf die „Weisheit des kleinen Mannes“hören
Alice Acker verspricht mehr Bürgerbeteiligung, sollte sie am 4. November in Bad Buchau zur Bürgermeisterin gewählt werden
BAD BUCHAU - Gegen den Amtsinhaber mit 16 Jahren Erfahrung als Bürgermeister antreten – das wird schwierig: Das war sich Alice Acker aus Burladingen von Anfang an bewusst. Nun, nach der offiziellen Kandidatenvorstellung im Kurzentrum, rechnet sie sich ihre Chancen bei der Buchauer Bürgermeisterwahl so aus: „zwei Prozent für mich, 98 Prozent für den Gegenkandidaten“. Doch aufgeben komme für sie nicht in Frage. Was sie antreibt? Den Wählern in Bad Buchau eine Alternative bieten. „Der Grund ist, dass ich mich einsetzen möchte.“
Immer wieder kommt Alice Acker dabei auf den Bürgermeister von Burladingen zu sprechen. Harry Ebert ist der erste AfD-Bürgermeister in Süddeutschland. Sein Parteieintritt im Frühjahr habe die Bürger überrumpelt, sagt Acker. Ebert war als Parteiloser 2015 erfolgreich für seine dritte Amtszeit angetreten. Ohne Gegenkandidat, ergänzt Acker, was ihrem demokratischen Verständnis widerspreche. Das habe sie motiviert, sich politisch zu engagieren, nicht mehr nur „Zuschauerin“zu sein. Den Buchauer Bürgern wolle sie mit ihrer Kandidatur eine Alternative bieten. „Ich wäre vor drei Jahren froh gewesen, wäre da jemand gewesen, der nur halbwegs so motiviert ist wie ich.“
Doch reicht das aus? Bei der Kandidatenvorstellung wurde Acker wegen mangelnder Inhalte kritisiert. Vermisst wurde ein Konzept, eine klare Vorstellung darüber, wie sie die Stadt weiterentwickeln wolle, falls sie am 4. November gewählt würde. diesem Vorwurf hält Acker die Kürze der Zeit dagegen: In nur 20 Minuten habe sie sich auf die Vorstellung ihrer Person beschränken müssen. Dafür gehörte nach ihrem Verständnis auch der Vortrag eines christlichen Lieds von Manfred Siebald, das exakt ihrer Lebenseinstellung entspreche.
Als Ergänzung habe sie deshalb eine Anzeige im Federseejournal aufgegeben, um ihre Themen zu umreißen. Den Bereich Soziales nennt die 52-Jährige, die sich dezidiert als „christliche Kandidatin“beschreibt, an erster Stelle. Weitere Punkte sind Tourismus- und Gewerbeförderung, Natur- und Tierschutz. Einsetzen wolle sie sich für einen Jugendraum, für Kinderbetreuungs- und Tagespflegeplätze, für Treffpunkte für Senioren und Begegnungsräume von Einheimischen und Fremden. Im Bereich Tourismus sei Bad Buchau eigentlich schon „super aufgestellt“, meint Acker, nachdem sie einen Besucher getroffen habe, der schon seit 30 Jahren regelmäßig nach Bad Buchau reist. Mehr Arbeitsplätze könnte man durch die Ansiedlung von Start-up-Unternehmen schaffen, so der Vorschlag der EDV-Administratorin der Burladinger Stadtverwaltung. Ihnen könnte die Stadt gute Konditionen bieten, indem sie etwa günstige Gewerbefläche zur Verfpgung stelle. Voraussetzung: ein schnelles Internet.
„Der Grund ist, dass ich mich einsetzen möchte.“
Bürgermeisterkandidatin Alice Acker
Vor allem aber wolle sie Ideen gemeinsam mit den Bürgern entwickeln, sagt Acker. Es reiche nicht, wenn Politiker alle paar Jahre vor den Wahlen den Kontakt zur Bevölkerung suchen. „Wieso kann man die Bürger nicht auch zwischendurch was fragen?“Gremien und Verwaltung sollten stärker auf die „Weisheit des kleinen Mannes“hören. Ihre Vorstellung: Bei strittigen Fragen könnte die Stadt eine Art Bürgerforum einberufen, um die verschiedenen Argumenten auszutauschen. Wichtig sei es hier, die Jugend mit einzubeziehen, wenn über ihre Zukunft entschieden werde.
Auch bei ihrem Wahlkampf auf dem Marktplatz hat die Kandidatin den Kontakt zu den Erstwählern gesucht – leider jedoch vergeblich, wie sie einräumt. Die „arbeitende Bevölkerung“habe sie ebenfalls nicht angetroffen, dafür überwiegend Kurgäste. Erschreckt habe sie die wahrgenommene Politikverdrossenheit, sagt Acker, die zu einer aktiven Mitgestaltung, etwa bei den anstehenden Kommunalwahlen, aufruft. „Was ich erlebt habe, war ganz viel Frust“, so die Kandidatin. Auch bei den (wenigen) Gesprächen mit den Buchauern sei „eine Unzufriedenheit zu spüren“gewesen. Wenn alle mit der Arbeit der Verwaltung zufrieden wären, würde sie auch nicht mit einem Wahlergebnis von zwei, sondern gleich mit null Prozent rechnen.
Aber wer weiß? „Ich sehe ja in die Köpfe der Buchauer nicht hinein“, meint Acker zum Wahlausgang: „Ich gebe es noch nicht verloren.“So oder so, werde sie aus Buchau viel mitnehmen: „Die Leute hier sind sehr offen. Ich fand die Ehrlichkeit hier echt toll.“
Die „Schwäbische Zeitung“stellt die beiden Bewerber der Bad Buchauer Bürgermeisterwahl in Einzelporträts vor. Wir haben sie außerdem um die Beantwortung eines Fragenkatalogs gebeten. Nach dem Amtsinhaber Bürgermeister Peter Diesch geht es in der heutigen Ausgabe um seine Herausforderin Alice Acker.