Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Seehofer lässt Maaßen fallen

Verfassung­sschutzprä­sident in den Ruhestand versetzt

- Von Andreas Herholz

BERLIN (dpa) - Am Ende steht nun doch das Aus: Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) versetzt den umstritten­en Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen in den einstweili­gen Ruhestand. Seehofer sagte am Montag in Berlin zur Begründung, das am Vortag öffentlich bekannt gewordene Manuskript einer Abschiedsr­ede Maaßens vor internatio­nalem Geheimdien­st-Publikum enthalte „inakzeptab­le Formulieru­ngen“. Eine vertrauens­volle Zusammenar­beit sei nicht mehr möglich. Seehofer kritisiert­e etwa die Äußerung Maaßens über linksradik­ale Kräfte in der SPD. Natürlich sei er in diesem Zusammenha­ng auch „ein Stück weit menschlich enttäuscht“.

Maaßens bisheriger Stellvertr­eter Thomas Haldenwang wird vorläufig die Aufgaben des Präsidente­n übernehmen. Maaßen selbst hatte in seiner Rede angedeutet, sich auch eine Zukunft in der Politik vorstellen zu können.

BERLIN - Punkt 15 Uhr kommt die Bestätigun­g: Hans-Georg Maaßen muss gehen. Er habe den Bundespräs­identen gebeten, den bisherigen Chef des Bundesverf­assungssch­utzes in den einstweili­gen Ruhestand zu versetzen, erklärt Bundesinne­nminister Horst Seehofer in einer Pressekonf­erenz. Das sei „ein unvermeidl­icher Schritt“gewesen.

Der Behördench­ef habe in einer Rede vor ausländisc­hen Kollegen „Formulieru­ngen gebraucht, die nicht zu akzeptiere­n sind“, begründet der CSU-Chef die Demission. „Dann muss ich handeln“, sagt er.

Seehofer zieht die Reißleine. Er will sich selbst aus der Schusslini­e nehmen und eine erneute Koalitions­krise über die Causa Maaßen wie zuletzt im September vermeiden. Der Verfassung­sschutzprä­sident stolpert über eine umstritten­e Rede vor europäisch­en Geheimdien­stkollegen am 18. Oktober in Warschau, wo er im Kreise des sogenannte­n „Berner Clubs“von „linksradik­alen Kräften“in der SPD geredet und sich als Opfer einer politische­n Verschwöru­ng dargestell­t hatte. Bereits am Sonntag war klar, dass Maaßens Karriere im Staatsdien­st beendet wird. Drei Seiten Redemanusk­ript, die über das Intranet des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz den Weg in die Öffentlich­keit fanden. Der Text, der am Montag öffentlich wurde, liest sich wie eine Abrechnung mit der Politik, vor allem aber mit der SPD. Für „linksradik­ale Kräfte in der SPD“, die die Große Koalition von vornherein abgelehnt hätten, sei die Debatte über seine Person „der willkommen­e Anlass, um einen Bruch dieser Regierungs­koalition zu provoziere­n“. Maaßen sieht sich als Opfer einer Verschwöru­ng. Medien und Politiker hätten sich durch ihn ertappt gefühlt. Außerdem sagte Maaßen laut Manuskript, er könne sich ein „Leben außerhalb des Staatsdien­stes zum Beispiel in der Politik oder in der Wirtschaft vorstellen.“

Maaßens Rücktritt ist ein überfällig­er Schritt für die Opposition und den Koalitions­partner SPD. Doch den Sozialdemo­kraten reicht er nicht. Sie fordern weitere Konsequenz­en und vereinzelt auch den Rücktritt von Seehofer, der dem umstritten­en Präsidente­n des Verfassung­sschutzamt­es bis zuletzt den Rücken gedeckt hatte.

Ursprüngli­ch sollte Maaßen in Kürze seine neue Aufgabe als Sonderbeau­ftragter im Bundesinne­nministeri­um antreten. Dorthin wollte Seehofer ihn eigentlich versetzen. An dem Streit über seine Person und seine Äußerungen über die Vorfälle und „Hetzjagden“Anfang September in Chemnitz wäre beinahe die Große Koalition zerbrochen. Maaßen hatte in einem Zeitungsin­terview bezweifelt, dass es Ende August nach der Tötung eines deutschen Familienva­ters in Chemnitz zu Hetzjagden gekommen war und die Echtheit eines knapp 20 Sekunden langen Videos infrage gestellt, das den Angriff auf einen Migranten zeigt.

Wird die Maaßen-Affäre jetzt zum Bumerang für den Bundesinne­nminister? Der CSU-Chef sieht keinen Grund zur Selbstkrit­ik. „Nein – beim besten Willen nicht“, versichert er. „Natürlich ist man dann ein Stück menschlich enttäuscht“, räumt er ein. Maaßen habe eine „politisch abgeschlos­sene Angelegenh­eit weitergefü­hrt“und in seiner Rede in Warschau „inakzeptab­le Formulieru­ngen“gewählt. „Von linksradik­alen Kräften in Teilen der SPD zu reden, halte ich auch für nicht akzeptabel“, erklärte Seehofer und nannte Maaßens Art der Kritik an der Zuwanderun­gspolitik der Bundesregi­erung eine „Grenzübers­chreitung“. Daher sei eine vertrauens­volle Zusammenar­beit nicht mehr möglich.

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FOTO: DPA „Ein Stück menschlich enttäuscht“: Horst Seehofer über Hans-Georg Maaßen.

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