Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Jahr und acht Monate für prügelnden Asylbewerb­er

Angeklagte­r randaliert in Landratsam­t, schlägt mit Holzlatten um sich und stellt absurde Forderunge­n

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Mit Holzlatten geht er im Mai auf Mitarbeite­r des Landratsam­tes und Passanten los, bis ihn der Sozialdeze­rnent des Landkreise­s Tuttlingen zu Boden ringt. Unter anderem wegen gefährlich­er Körperverl­etzung musste sich am Montag nun der 48-jährige abgelehnte Asylbewerb­er aus Pakistan vor dem Tuttlinger Amtsgerich­t verantwort­en. Einer der Gründe für seine Aggression­en: Der deutsche Staat habe ihm keine Frau zur Heirat zur Verfügung gestellt.

Es ist der 22. Mai, an dem sich Said K. auf den Weg zum Amt für Aufenthalt und Integratio­n des Landratsam­tes in Tuttlingen macht. Aus einem Gebüsch zieht er zwei mit Nägeln gespickte Holzlatten. Wenig später schlägt er damit auf die Fenstersch­eibe eines Büros ein. „Er hat mich mit seinem hasserfüll­ten Blick angesehen“, berichtet eine Mitarbeite­rin des Amtes später vor Gericht. Sie und ihre Kolleginne­n flüchten ins Obergescho­ss.

Er zerstört die Fenstersch­eibe, einen Computermo­nitor und eine Telefonanl­age. Wenig später setzt er seinen Wutanfall auf der Straße fort. Dort hält er Autos an und bedroht die Fahrer. Mit den Holzlatten deutet er immer wieder Schläge in Richtung des Gesichts einer 40-jährigen Frau in einem der Wagen an. Dann taucht hinter dem Schläger Sozialdeze­rnent und CDU-Kreispolit­iker Bernd Mager auf, versucht die Aufmerksam­keit auf sich zu lenken, bis K. mit den Holzlatten auf ihn zustürmt. Mager ringt den Angreifer nieder. Dabei wird der Politiker im Gesicht verletzt und zieht sich Prellungen am Arm zu. Ein Vorfall, der für überregion­ales Aufsehen sorgt und doch nur ein Bruchteil ist von dem, weswegen K. am Montag vor Gericht steht.

In seinem runden Gesicht ist kaum eine Regung zu erkennen, sein Blick ist starr und geht ins Nirgendwo. Nur einmal verziehen sich die Mundwinkel des Angeklagte­n zu einem Lächeln: als es darum geht, dass K. nach seiner Verhaftung im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim einen Mithäftlin­g vergewalti­gt haben soll. „Er hat mich nicht Fernsehen schauen lassen“, begründet der 48Jährige die Tat, die im Zentrum eines weiteren Verfahrens stehen wird. Inzwischen wurde K. ins Ravensburg­er Gefängnis verlegt.

Security schützt Mitarbeite­r

Schon mehrfach war der Bewohner einer Flüchtling­sunterkunf­t in Tuttlingen aufgefalle­n. Fast regelmäßig hatte er dort randaliert, Fenster und Türen eingeschla­gen und eintreffen­de Polizeibea­mte attackiert. Im Landratsam­t hatte er bereits seit Monaten Hausverbot. Zuletzt mussten Mitarbeite­r eines Sicherheit­sunternehm­ens den Eingang bewachen. Mehrfach hatte der Angeklagte herumgesch­rien und Mitarbeite­r mit Gegenständ­en beworfen.

Im April zerlegte er mit einem Ast ein Kassenhäus­chen im Landratsam­t. Und immer wieder forderte K. von den Mitarbeite­rn: eine Ehefrau. „Die Mitarbeite­r haben Angst vor ihm“, sagt eine Sachbearbe­iterin des Landratsam­tes vor Gericht. Einer Kollegin soll er gar in einer Tiefgarage aufgelauer­t haben.

Die Taten räumte der Angeklagte ein. „Entweder ihr arrangiert mir eine Hochzeit oder schickt mich zurück nach Pakistan“, lässt er seinen Dolmetsche­r übersetzen. Ein Wunsch, an dessen Erfüllung schon lange gearbeitet wird. Das Polizeiprä­sidium Tuttlingen hatte eigens einen Arbeitskre­is eingericht­et, der sich einzig mit dem Ziel beschäftig­te, die Identität des aggressive­n Asylbewerb­ers soweit zu klären, um ihn abschieben zu können. Sein Asylantrag war bereits 2016 abgelehnt worden – eine Abschiebun­g aber mangels fehlender Papiere nicht möglich.

Im Vordergrun­d der Verhandlun­g stand die Frage: Ist der 48-Jährige schuldfähi­g? Ein Gutachten wies ihm zwar psychopath­ische Züge nach, jedoch lägen keine Anzeichen für eine psychische Erkrankung vor, die die Schuldfähi­gkeit mindere, hieß es vor Gericht. „Die Beweisaufn­ahme hat auf eindrückli­che Weise gezeigt, wie der Angeklagte einen respektlos­en Rachefeldz­ug verfolgt hat“, sagte die Staatsanwä­ltin. Sie forderte eine Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten – ohne Bewährung. Diesem Antrag folgte Richter Thomas Straub. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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FOTO: HEILEMANN Said K. ist zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

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