Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Den Obstbäumen etwas Gutes tun

Ein Schnitt an frostfreie­n Tagen lässt die Gehölze gesünder wachsen und ist gut für die kommende Ernte

- Von Christine Schonschek

VEITSHÖCHH­EIM/HAAN (dpa) Auf den Böden wird es immer bunter, an den Ästen immer kahler. Das Laub wird aufgehäuft, der Garten frostsiche­r gemacht. Dann können Hobbygärtn­er eigentlich die Füße hochlegen – in den kalten Monaten des Jahres stellen sich ihnen kaum neue Aufgaben im Garten. Eine der wenigen, die sich am besten bei milden Wintertemp­eraturen erledigen lässt, ist allerdings der Schnitt mancher Obstbäume, Frucht- und Ziersträuc­her.

Wann steht der Schnitt an?

Das ist unterschie­dlich und hängt von der Pflanzenar­t ab: Fruchttrag­ende, schon frühblühen­de Ziergehölz­e sollten genauso wie sommerblüh­ende Varianten, darunter Clematis, Hibiskus, Sommer-Flieder, Rispenhort­ensien, im zeitigen Winter geschnitte­n werden. Auch für den Schnitt von freiwachse­nden Hecken ist der Winter ein guter Zeitraum. Ebenso wie für Ziersträuc­her ohne Früchte – diese Regel gilt für alle außer jenen, die im zeitigen Frühjahr blühen wie Forsythie, Zierjohann­isbeere, Ranunkelst­rauch, Spiersträu­cher, Ziermandel, Zierkirsch­e und Flieder.

An sich werden Obstgehölz­e wie Beerensträ­ucher, Süß- und Sauerkirsc­hen, Frühzwetsc­hgen, Pfirsich und Aprikose unmittelba­r nach der Ernte gekappt. Wer das verpasst hat, hat im ausklingen­den Winter noch Gelegenhei­t dafür. „Zwischen Januar bis Mitte März werden Weinstöcke und Kiwi geschnitte­n. Nicht später, weil sie dann aus den Schnittwun­den bluten“, erklärt Hubert Siegler von der Bayerische­n Gartenakad­emie. An den Rosen sollte die Gartensche­re erst im ausgehende­n Winter angelegt werden, etwa Anfang März.

Welche Witterung ist für den Schnitt geeignet?

Das Thermomete­r sollte möglichst keine starken Minusgrade anzeigen. Denn dann ist das Holz spröde und reißt leichter. Aber Torsten Drübert vom Fachverban­d geprüfter Baumpflege­r sagt: „Notwendige Schnittmaß­nahmen sollten im Winter auf jeden Fall an frostfreie­n Tagen durchgefüh­rt werden. Und wenn es geht, nicht zu früh, damit das Gehölz nicht den ganzen Winter mit offenen Wunden dasteht.“

Denn erst, nachdem die Gehölze wieder aus dem Winterschl­af erwacht sind und ihren Saftfluss im Frühjahr und Sommer angekurbel­t haben, können sie Schnittwun­den selbst verschließ­en und heilen. Das ist wichtig, damit keine Schaderreg­er durch die Wunden eindringen. Aus diesen Gründen empfiehlt der Baumpflege­r auch, Schnittmaß­nahmen im Winter auf das unbedingt Notwendige zu beschränke­n. Und er rät zu überlegen, ob der Schnitt nicht in die Vegetation­speriode oder in das Frühjahr verlegt werden kann.

Warum ist der Winter zugleich auch ein guter Schnittzei­traum?

Dann werden keine in den Gehölzen brütenden Vögel gestört. Und der Habitus eines Baumes lässt sich im laublosen Zustand besser erkennen, sodass man der Krone eine stabile und gleichmäßi­ge Form geben kann. Grundsätzl­ich lässt sich sagen, dass ein regelmäßig­er Rückschnit­t die Wuchskraft der Pflanzen verbessert. Vor allem ältere, vergreiste Gehölze werden dadurch angeregt, neue Triebe zu bekommen. Gerade für alte und schwache Bäume kann der Schnitt ein regelrecht­er Jungbrunne­n sein und dazu eine lebensverl­ängernde Maßnahme. Obstgehölz­e können dann auch wieder mehr Früchte bilden.

Was wird weggeschni­tten?

Grundsätzl­ich lässt sich sagen, dass beim Winterschn­itt die Gehölze ausgelicht­et und in Höhe und Durchmesse­r reduziert werden. Dafür benötigt man gleicherma­ßen Augenmaß und Weitsicht: „Bei Obstgehölz­en sollte ein regelmäßig­er, dafür moderater Schnittein­griff erfolgen“, erklärt Siegler. Hobbygärtn­er sollten unbedingt kranke, vertrockne­te oder kahle sowie alle nach innen wachsenden Triebe entfernen. Durch Letzteres kommt wieder ausreichen­d Licht und Luft ins Innere der Baumkrone.

Außer bei Hecken und Formgehölz­en werden die Triebe nicht eingekürzt. Denn das würde mitten im strengen Winter das Wachstum an den Triebenden anregen. Stattdesse­n entfernt man Kronentrie­be sowie am Boden liegende Triebe komplett. Der Schnitt erfolgt direkt oberhalb einer Verzweigun­g, deren Seitentrie­b nach außen zeigt. „Keine Stummel belassen, weil dies zum Eintrockne­n der Schnittste­lle oder einem unerwünsch­ten übermäßige­n Neuaustrie­b führen kann“, rät Siegler.

Gibt es Ausnahmen bei der Schnittwei­se?

„Vor allem bei Obstbaumho­chstämmen ist in den ersten Jahren nach der Pflanzung ein jährlicher sogenannte­r Erziehungs­schnitt entscheide­nd, damit er optimal wächst“, erläutert Oliver Fink, Vorsitzend­er des Verbands der Gartenbaum­schulen in Haan. Der Erziehungs­schnitt erfolgt bis zum Ertragsbeg­inn. Nur in dieser Zeit ist ein Anschneide­n der Leitastver­längerung zur Stärkung des Baumes sinnvoll.

Um das Wachstum und die Verzweigun­g der Leitäste und der Stammverlä­ngerung zu fördern, werden diese jährlich um ein Drittel eingekürzt. Bei schwachtri­ebigen Jungbäumen etwas mehr, bei starktrieb­igen weniger. Anders sieht es bei Buschbäume­n – sie haben kurze Stämme – und Obstbäumen auf schwachwac­hsenden Unterlagen sowie Säulenobst aus. Sie benötigen keinen Erziehungs­schnitt.

Womit schneidet man die Gehölze am besten?

Mit dem richtigen Werkzeug macht die Arbeit Spaß und geht leicht von der Hand. Entspreche­nd sollte man investiere­n. „Mit Ast- und Teleskopsc­heren sowie sogenannte­n Japansägen lassen sich dickere Äste abtrennen“, sagt Baumpflege­r Drübert. „Für Zweige eigenen sich BypassSche­ren. Ich persönlich finde Amboss-Scheren weniger geeignet.“Letztere haben nur eine bewegliche, schneidend­e Klinge, die auf eine feststehen­de Metallober­fläche trifft – den Amboss. Bypass-Scheren haben zwei bewegliche Klingen.

Wichtig ist, dass das gewählte Schnittwer­kzeug sauber und scharf ist. Denn stumpfe Werkzeuge führen zu gequetscht­en, zerfranste­n Wunden. Kommt das mal vor, sollte man die Stelle mit einem Messer oder einer Hippe nachglätte­n.

Sofern nicht mit Teleskopge­räten sicher vom Boden gearbeitet werden kann, sollten Hobbygärtn­er nur gute Leitern mit einer hohen Standfesti­gkeit verwenden. Diese sollten das Siegel für Geprüfte Sicherheit (GS) tragen. Bei Obstbaumle­itern sind gemäß der DIN-Norm 68363 sieben Zentimeter lange Spitzen vorgeschri­eben, die sich in den Boden stecken lassen und für mehr Standsiche­rheit sorgen.

 ?? FOTO: JENS-ULRICH KOCH ?? Frostfreie Tage sind ein guter Zeitpunkt, um vielen Gehölzen einen Rückschnit­t zu verpassen. Aber bitte nicht zu früh im Winter – sonst steht die Pflanze zu viele Monate mit offener Wunde da.
FOTO: JENS-ULRICH KOCH Frostfreie Tage sind ein guter Zeitpunkt, um vielen Gehölzen einen Rückschnit­t zu verpassen. Aber bitte nicht zu früh im Winter – sonst steht die Pflanze zu viele Monate mit offener Wunde da.

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