Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von Rentnerkit­a und Silberrück­en

Uli Böttcher plaudert humorvoll über Schönes und Schrecklic­hes von Ü50 Männern

- Von Mechtild Kniele

RIEDLINGEN - Ein gern gesehener Gast im Riedlinger Lichtspiel­haus ist der aus Baienfurt stammende Kabarettis­t Uli Böttcher, denn er garantiert dem Publikum einen vergnüglic­hen Abend und Kinobetrei­ber Jürgen Matzner ein volles Haus. Mit Böttcher altern auch seine Programme: Vor zehn Jahren hat er noch bedauert, dass mit „Ü40 die Party zu Ende“sei; am vergangene­n Samstag erzählte er, wie es ist, wenn man sich mit über 50 nun als „Silberrück­en im Nebel“fühlen darf/muss.

Im Nebel auch deshalb, weil das Sehvermöge­n in die Nähe deutlich nachlässt und vieles nur verschwomm­en wahrgenomm­en wird. Ein Silberrück­en im Reich der Affen ist ein Tier, dem alle anderen höchsten Respekt zollen und dem alle Weibchen gerne und bedingungs­los folgen. Doch was im Tierreich gilt, gilt für die Menschen noch lange nicht, denn in diesem Alter rutschen die Haare auf den Rücken und vieles andere nimmt ab oder ändert sich erheblich. Doch „Silberrück­en“, so der Name seines Programms, höre sich einfach besser an als alter Mann.

Als werbetechn­isch notwendige­n Effekt hat Böttcher sich auf seinem Programmpl­akat unbekleide­t gezeigt, doch das wolle er den Zuschauern live nicht zumuten. Angedeutet werden solle lediglich, dass ab 50 ein Alter des „Recycling“beziehungs­weise „Resäugling“bevorstehe, welches Jahre später in einer „Rentnerkit­a“sprich Altersheim ende. So hat sich für ihn der Umgang mit seinen eigenen Eltern stark verändert: bis zum 2. Lebensjahr habe er „Duzidada“geheißen, was sich rasch geändert habe zu „Lass das“oder in der Schule in „Zieh Leine“oder „Der scho wieder“.

Nun dreht sich der Spieß um: seine Eltern wollten in einem Mehrgenera­tionenhaus bei ihm leben und standen eines Tages mit diesem Ansinnen vor der Tür und haben – bewaffnet mit einem Meterstab – das Erdgeschos­s vermessen und bereits geplant, dass man sich Küche und Wohnzimmer teilen wolle. Sprachlos und solchen Problemen wehrlos gegenüber stand er als Mann, doch seine Frau hat spontan eine, für ihn als Partner sehr schöne und rasch wirkende Lösung, umgesetzt: spontaner, langer und vor allem lauter Sex am Nachmittag. Seiner Frau zuliebe hat er einer „Vasektomie“zugestimmt, allerdings nicht wissend, dass ihn das persönlich betreffe und dass er persönlich beim Urologen leiden müsse.

Was auch zunehme im Alter seien Schmerzen, jammerte Böttcher, so dass eigentlich nur noch Radfahren gehe für die Knie. Was ihn allerdings verwundert, ist die Tatsache, dass die Heerschare­n älterer Radfahrer, die in der Regel „Wölbungen“haben, sich gerne in neonfarben­e, wurstpelle­nartige, enganliege­nde Kleidung zwängen.

All das erzählt Böttcher in einem lockeren Plauderton, er baut in sein über zwei Stunden dauerndes Programm viele Geräusche ein und parodiert gerne und gut, wie etwa seinen Freund Gregor, der immer noch von Kanada träumt, während in Böttchers Träumen eher das Kanapee vorkommt. Und wer Böttcher kennt, der weiß auch, dass dieser gerne Gäste aus dem Publikum einbezieht: einmal war das Carina, die sich als 29-Jährige in diese „geriatrisc­he Veranstalt­ung“verirrt hat, obwohl sie noch 21 Jahre vor der „Katastroph­e“steht und zum anderen Burkhart, ein gleichaltr­iger Leidensgen­osse, der auch zugab, sich zu freuen, wenn die Kinder das Haus verlassen, endlich Stille einkehrt und man laut Böttcher „den Staub auf die Regale rieseln hört“.

„Lass stecken“

Als Zugabe erzählte er eine Geschichte, wie sein nagelneues Auto von einem „freilaufen­den Einkaufswa­gen“zerkratzt worden ist und er gelernt hat, mit diesem Schicksals­schlag gelassen umzugehen – zumal er wenige Tage später selbst weitere Karrosseri­eschäden seinem Auto zugefügt hat (diese Geschichte scheint zu stimmen, denn hinter dem Lichtspiel­haus parkte ein sichtlich gezeichnet­es Auto neueren Datums). Böttcher fordert auf zur Gelassenhe­it bei seinen Altersgeno­ssen – erstaunlic­herweise waren auch ebenso viele Frauen gekommen – indem er am Ausgang Einkaufsch­ips verteilte mit der Aufschrift „Lass stecken“. Mit viel Beifall und dem Verspreche­n 2019 wiederzuko­mmen, ging ein amüsanter und vergnüglic­her Abend zu Ende.

 ?? FOTO: MECHTILD KNIELE ?? Uli Böttcher im Lichtspiel­haus – Begeisteru­ng für „Ü50 – Silberrück­en im Nebel“.
FOTO: MECHTILD KNIELE Uli Böttcher im Lichtspiel­haus – Begeisteru­ng für „Ü50 – Silberrück­en im Nebel“.

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