Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Lotse hilft traumatisierten Soldaten
Uwe Nienhaus spricht vor ehemaligen Soldaten und Reservisten in Ennetach
ENNETACH - Bomben, Verletzte, Tote: Bundeswehrsoldaten erleben während ihren Auslandseinsätzen mitunter schlimme, belastende Situationen. Manche Soldaten kehren traumatisiert in die Heimat zurück. Die „Lotsen für Einsatzgeschädigte“sind dann oft erster Ansprechpartner für Betroffene. Ein solcher Lotse ist Oberstabsbootsmann Uwe Nienhaus vom Standort Stetten am kalten Markt. Beim Treffen der ehemaligen Soldaten und Reservisten und Hinterbliebenen (ERH) für den Bereich Mengen/Hohentengen, erzählte Uwe Nienhaus in Ennetach von seiner Arbeit.
„Viele unserer Soldaten, die im Einsatz Gewalt erlebt haben, sind nach Hause gekommen und haben das große Problem gehabt, dass sie zuhause mit keinem darüber reden konnten“, sagte Uwe Nienhaus. Doch Reden sei eigentlich hier das Wichtigste, was man machen könne. Ein Problem sei dabei auch das Selbstbild von Betroffenen. „Was hat man denn von klein auf eingeimpft bekommen?“, fragte Nienhaus, und gab die Antwort: „Wir sind Soldaten, wir sind hart.“Über Gefühle spricht man nicht, schon gar nicht mit einem Psychologen – Uwe Nienhaus kennt die Hemmschwellen, die betroffene Soldaten manchmal zu überwinden haben. Erfahrungsgemäß sei es für betroffene Soldaten jedoch einfacher, als erstes mit einem anderen Soldaten über seine belastenden Erfahrungen zu reden – deshalb gibt es inzwischen die Lotsen für Einsatzgeschädigte.
Erster Ansprechpartner
Uwe Nienhaus ist als Lotse oft erster Ansprechpartner für Betroffene. Seine Aufgabe ist es dann, die Betroffenen zu anderen Personen und Stellen in einem Hilfs-Netzwerk zu „lotsen“, also weiterzuvermitteln. Durchaus mit persönlichem Engagement: So begleitet er beispielsweise die Soldaten zu Gesprächen mit Psychiatern oder Psychologen. Lotsen sollen die Betroffenen vertrauensvoll unterstützten. Therapeutisch kann Nienhaus indessen nicht helfen. „Ich selbst bin ja kein Psychologe“, stellt er klar. Allerdings hat er selbst auch einen Erfahrungsschatz, denn Nienhaus hat zahlreiche Auslandseinsätze für die Bundeswehr absolviert. Ziel ist es, dass die betroffenen Soldaten wieder gesund werden und möglichst wieder ihren Dienst aufnehmen können.
Als Lotse steht Nienhaus nicht nur für Soldaten, die eine seelische oder auch körperliche „Einsatzschädigung“, wie das im BundeswehrDeutsch heißt, erlitten haben, zur Verfügung, sondern auch für ihre Angehörigen und Bezugspersonen. „Für die Ehefrau ist es auch nicht einfach“, bemerkte er. Auch für ehemalige Bundeswehr-Angehörige ist Nienhaus Ansprechpartner.
Eine Traumatisierung zeige sich nicht unbedingt sofort nach dem Auslandseinsatz. Wichtig sei jedoch, dass möglichst schnell reagiert werde. Aktiven Soldaten gibt er deshalb den Rat, auf ihre Kameraden zu achten: „Wenn ich merke, die verändern sich, sollte ich das auch ansprechen.“Als Betroffener würde man es meistens nicht selbst merken, dass man sich verändert hat. Im Vergleich zu anderen Nationen sieht Nienhaus die Bundeswehr beim Thema Umgang mit traumatisierten Soldaten als „gut aufgestellt“an.
Ehemalige Soldaten und Reservisten sowie Hinterbliebene (ERH) sind innerhalb des Deutschen Bundeswehr-Verbands organisiert, der Interessenvertretung aller Menschen der Bundeswehr. Für den ERH-Bereich Mengen und Hohentengen ist Stabsfeldwebel a. D. Roland Richter Vorsitzender. „Es ist schon gut zu wissen, dass irgendwann jemand die Idee hatte: Wir müssen denen helfen“, sagte Richter zu diesem Thema. „Wenn ich an die Anfänge zurückdenke: Da war gar nichts geregelt“, erinnerte er sich.