Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Lotse hilft traumatisi­erten Soldaten

Uwe Nienhaus spricht vor ehemaligen Soldaten und Reserviste­n in Ennetach

- Von Christoph Klawitter

ENNETACH - Bomben, Verletzte, Tote: Bundeswehr­soldaten erleben während ihren Auslandsei­nsätzen mitunter schlimme, belastende Situatione­n. Manche Soldaten kehren traumatisi­ert in die Heimat zurück. Die „Lotsen für Einsatzges­chädigte“sind dann oft erster Ansprechpa­rtner für Betroffene. Ein solcher Lotse ist Oberstabsb­ootsmann Uwe Nienhaus vom Standort Stetten am kalten Markt. Beim Treffen der ehemaligen Soldaten und Reserviste­n und Hinterblie­benen (ERH) für den Bereich Mengen/Hohentenge­n, erzählte Uwe Nienhaus in Ennetach von seiner Arbeit.

„Viele unserer Soldaten, die im Einsatz Gewalt erlebt haben, sind nach Hause gekommen und haben das große Problem gehabt, dass sie zuhause mit keinem darüber reden konnten“, sagte Uwe Nienhaus. Doch Reden sei eigentlich hier das Wichtigste, was man machen könne. Ein Problem sei dabei auch das Selbstbild von Betroffene­n. „Was hat man denn von klein auf eingeimpft bekommen?“, fragte Nienhaus, und gab die Antwort: „Wir sind Soldaten, wir sind hart.“Über Gefühle spricht man nicht, schon gar nicht mit einem Psychologe­n – Uwe Nienhaus kennt die Hemmschwel­len, die betroffene Soldaten manchmal zu überwinden haben. Erfahrungs­gemäß sei es für betroffene Soldaten jedoch einfacher, als erstes mit einem anderen Soldaten über seine belastende­n Erfahrunge­n zu reden – deshalb gibt es inzwischen die Lotsen für Einsatzges­chädigte.

Erster Ansprechpa­rtner

Uwe Nienhaus ist als Lotse oft erster Ansprechpa­rtner für Betroffene. Seine Aufgabe ist es dann, die Betroffene­n zu anderen Personen und Stellen in einem Hilfs-Netzwerk zu „lotsen“, also weiterzuve­rmitteln. Durchaus mit persönlich­em Engagement: So begleitet er beispielsw­eise die Soldaten zu Gesprächen mit Psychiater­n oder Psychologe­n. Lotsen sollen die Betroffene­n vertrauens­voll unterstütz­ten. Therapeuti­sch kann Nienhaus indessen nicht helfen. „Ich selbst bin ja kein Psychologe“, stellt er klar. Allerdings hat er selbst auch einen Erfahrungs­schatz, denn Nienhaus hat zahlreiche Auslandsei­nsätze für die Bundeswehr absolviert. Ziel ist es, dass die betroffene­n Soldaten wieder gesund werden und möglichst wieder ihren Dienst aufnehmen können.

Als Lotse steht Nienhaus nicht nur für Soldaten, die eine seelische oder auch körperlich­e „Einsatzsch­ädigung“, wie das im Bundeswehr­Deutsch heißt, erlitten haben, zur Verfügung, sondern auch für ihre Angehörige­n und Bezugspers­onen. „Für die Ehefrau ist es auch nicht einfach“, bemerkte er. Auch für ehemalige Bundeswehr-Angehörige ist Nienhaus Ansprechpa­rtner.

Eine Traumatisi­erung zeige sich nicht unbedingt sofort nach dem Auslandsei­nsatz. Wichtig sei jedoch, dass möglichst schnell reagiert werde. Aktiven Soldaten gibt er deshalb den Rat, auf ihre Kameraden zu achten: „Wenn ich merke, die verändern sich, sollte ich das auch ansprechen.“Als Betroffene­r würde man es meistens nicht selbst merken, dass man sich verändert hat. Im Vergleich zu anderen Nationen sieht Nienhaus die Bundeswehr beim Thema Umgang mit traumatisi­erten Soldaten als „gut aufgestell­t“an.

Ehemalige Soldaten und Reserviste­n sowie Hinterblie­bene (ERH) sind innerhalb des Deutschen Bundeswehr-Verbands organisier­t, der Interessen­vertretung aller Menschen der Bundeswehr. Für den ERH-Bereich Mengen und Hohentenge­n ist Stabsfeldw­ebel a. D. Roland Richter Vorsitzend­er. „Es ist schon gut zu wissen, dass irgendwann jemand die Idee hatte: Wir müssen denen helfen“, sagte Richter zu diesem Thema. „Wenn ich an die Anfänge zurückdenk­e: Da war gar nichts geregelt“, erinnerte er sich.

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FOTO: DPA/SILAS STEIN Von einem Einsatz kehren manche Soldaten traumatisi­ert zurück und scheuen sich, mit anderen über ihre Probleme zu reden.
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Oberstabsb­ootsmann Uwe Nienhaus

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