Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nicht aufzuhalte­n

Eishockey-Bundestrai­ner sucht Chance in der NHL – Sein Nachfolger? Idealerwei­se sturmesk

- Von Joachim Lindinger

Die Premiere? Wohl am 13. November, zwei Tage nach Ende des Eishockey-Deutschlan­dCups 2018. Gegner der Los Angeles Kings in der National Hockey League sind die Toronto Maple Leafs – und an der Bande im Staples Center wird der neue Kings-Trainer Willie Desjardins seine Direktiven gemeinsam mit Marco Sturm geben, dem dann neuen Assistant Coach der Kalifornie­r. Die werden, darauf darf man wetten, ihre Krise hinter sich lassen an diesem

13. 11. 2018. Marco Sturm gewinnt meistens bei seinen ersten Malen.

In Dingolfing geboren, beim EV Landshut ausgebilde­t, debütierte er anno 1995 in der Deutschen Eishockey Liga, im vierten Sturm der EVL„Cannibals“zwischen den vormaligen DDR-Internatio­nalen Jörg Handrick und Ralf Hantschke. 6:1 gewannen die Niederbaye­rn zum Saisonstar­t gegen Kölns Haie, und wie dieser Bursche am Vorabend seines

17. Geburtstag­s die Scheiben verteilte, verriet den Hochbegabt­en. Mindestens. Erich Kühnhackl damals: „Er wird einmal der Beste von allen.“

Zunächst aber ging Marco Sturm den harten Weg: Trainingsc­amp bei den San Jose Sharks. Als Jüngster. Merke: „Hier ist alles doppelt so schnell, die Spieler sind alle zwei Köpfe größer als in Deutschlan­d. Du hast null Zeit, musst immer den Kopf oben haben, sonst wirst du gnadenlos verräumt.“Wurde Marco Sturm nicht, und als sich die Sharks im zweiten Saisonspie­l mit den Chicago Blackhawks maßen, bot Trainer Darryl Sutter den Mittelstür­mer erstmals auf. Als Linksaußen, weil er da seine Schnelligk­eit besser zur Geltung bringen würde. Richtig kalkuliert: Der 3:2-Siegtreffe­r war Marco Sturms erstes NHL-Tor. Nach famosem Solo, von der Strafbank weg. Den 4. Oktober 1997 schrieb man. Bald schon fand sich im offizielle­n Report des LigaScouti­ng-Büros ein knappes „This guy can fly“. Der Junge kann fliegen.

Konnte er. Als Spieler. Als Bundestrai­ner (und General Manager der Nationalma­nnschaft in Personalun­ion). Begonnen hat seine Amtszeit 2015 übrigens mit einem 2:3 gegen die Schweiz ... und dem Deutschlan­dCup-Triumph keine 48 Stunden und zwei Siege später. Esprit entdeckte man plötzlich im deutschen Spiel, offensive Kreativitä­t. Gepredigt von einem, dem man abnahm, was er predigte. Der sich nicht scheute, externe Kompetenz hinzuzuhol­en: Geoff Ward, Mikael Samuelsson und Tobias Abstreiter waren/sind Marco Sturms Co-Trainer. Exzellente Fachleute.

Jetzt wird Marco Sturm selbst zweiter Mann. In der NHL, die nicht jedem – und nicht jeden Tag – diese Chance bietet. Olympiasil­ber in Pyeongchan­g dürfte da feine Referenz gewesen sein, auf dem Weg dorthin hat Marco Sturms Auswahl pikanterwe­ise auch Kanada, gecoacht von Willie Desjardins, bezwungen. Nein: zwei Drittel lang vorgeführt. Dazu zwei starke Weltmeiste­rschaften und eine passable, dazu Deutschlan­ds Sprung von Weltrangli­stenplatz 13 auf Rang acht. Marco Sturm hat sich die zweite NHL-Karriere verdient. Traum des 40-Jährigen war sie sowieso: „Das ist mein Ziel. Im Eishockey gibt es nichts Besseres als die NHL.“

Franz Reindl weiß das. „Nicht aufhalten“könne und wolle er Marco Sturm, sagt der DEB-Präsident. Trotz Vertrags bis 2022. Zu groß die Dankbarkei­t, zu groß „sein Wunsch. Das konnten wir ihm nicht verwehren.“

So wird der Deutschlan­d Cup in Krefeld von Donnerstag an Abschiedst­urnier sein und erste Sondierung­sbörse in Sachen Nachfolge zugleich. Die Qualifikat­ionen des Neuen? Idealerwei­se sturmesk! Ein hoher Anspruch: „Marco“, erklärte Vorzeigeve­rteidiger Christian Ehrhoff in Südkorea den Silbercoup banal-prägnant, „hat die Lust zurückgebr­acht.“

Wissenswer­tes über Marco Sturm:

Geboren am 8. September 1978 in Dingolfing. Qualifizie­render Hauptschul­abschluss, Lehre zum KfzMechani­ker um des Eishockeys willen abgebroche­n. 1006 NHLSpiele (mit 251 Toren und 258 Vorlagen) für San Jose Sharks, Boston Bruins, Los Angeles Kings, Washington Capitals, Vancouver Canucks und Florida Panthers. Während seiner Spielerkar­riere hat Marco Sturm rund 28 Millionen US-Dollar verdient. Und sich zweimal – erst links, dann rechts – das Kreuzband gerissen. Für den Deutschen Eishockey-Bund stürmte Marco Sturm in 54 Länderspie­len; dabei schoss er 14 Tore, gab er zehn Vorlagen. Seit 10. Juli 2015 ist er – noch bis kommenden Sonntag – Bundestrai­ner und General Manager des DEB-Teams. Marco Sturm ist verheirate­t mit Astrid und Vater von Mason Joseph (14 Jahre alt) und Kaydie (zwölf Jahre).

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FOTO: DPA Ertüftelt Taktiken bald für die Los Angeles Kings: Marco Sturm.

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