Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Verband prangert Verschwend­ung an

Ravensburg­er Eschersteg, Biberacher Schadenhof-Brunnen und Stuttgarte­r Oper im Schwarzbuc­h

- Von Annette Vincenz, Gerd Mägerle und dpa

STUTTGART/MÜNCHEN (dpa) - Der Bund der Steuerzahl­er hat erneut die Verschwend­ung öffentlich­er Gelder kritisiert. In dem am Dienstag in Berlin vorgestell­ten „Schwarzbuc­h“listet der Verband mehr als 100 Beispiele auf. Bund, Länder und Kommunen seien in vielen Fällen sorglos mit dem Geld der Bürger umgegangen, so die Kritik. Zu den kritisiert­en Projekten gehören unter anderem ein Theaterbau in Schwäbisch Hall, eine Fußgängerb­rücke in Ravensburg sowie ein Brunnen in Biberach.

BERLIN - Pedelecs, die keiner fährt, eine Fußgängerb­rücke, die niemand nutzt: Der Bund der Steuerzahl­er (BdS) zählt in seinem Schwarzbuc­h Fälle auf, in denen Bund, Länder und Kommunen in seinen Augen sorglos mit dem Geld der Bürger umgegangen sind. Das Buch mit bundesweit mehr als 100 Beispielen wurde am Dienstag in Berlin vorgestell­t. Darin finden sich auch Projekte aus dem Südwesten – darunter die folgenden vier:

Seit Jahren vernachläs­sigt: der Eschersteg in Ravensburg

Seit 2005 rostete der Eschersteg auf einem abgelegene­n Bauhofgelä­nde in Ravensburg fröhlich vor sich hin. Niemand bei der Stadt hatte wirklich vor, den früheren Fußgängerü­berweg über die Bahngleise jemals wieder aufzubauen. Wozu auch? Schließlic­h gibt es seitdem eine Unterführu­ng, durch die man ebenfalls sicher auf die andere Seite kommt. Dumm nur, dass das Landesamt für Denkmalpfl­ege darauf besteht, dass die einzigarti­ge Stahlkonst­ruktion saniert und an Ort und Stelle wieder aufgebaut werden muss. Die Kosten für die Sanierung sind durch die unsachgemä­ße Lagerung explodiert: von ursprüngli­ch 800 000 auf 2 Millionen Euro. Kein Wunder also, dass es der Eschersteg ins Schwarzbuc­h des BdS geschafft hat.

Gefällt nicht, war aber teuer: der Schadenhof-Brunnen in Biberach

Seit 2016 versucht die Stadt Biberach, den Schadenhof – ein Platz in der Altstadt – mit einem Brunnen zu verschöner­n. Eine schlichte Stele, aus der Trinkwasse­r sprudelt, sollte es sein. Das erste Modell, Kosten laut Steuerzahl­erbund 20 000 Euro, wurde im Frühsommer 2016 von einem Hersteller zwar geliefert und montiert, war aber von Beginn an defekt. Schadeners­atz wurde nicht geltend gemacht, stattdesse­n wurde die Stele abgebaut und soll nun repariert an einem anderen Standort zum Einsatz kommen. Als Ersatz konstruier­te die Stadt in Eigenregie eine neue Stele (Kosten laut Steuerzahl­erbund 7100 Euro), die nun zwar vor sich hinsprudel­t, vielen Bürgern und auch manchen Stadträten aber nicht gefällt. „Hundeklo“war eine wenig schmeichel­hafte Kritik. Der Gemeindera­t entschied deshalb, dass die Bürger in einem Wettbewerb selbst vorschlage­n durften, wie ein künftiger Brunnen aussehen soll. Eine Entscheidu­ng darüber soll 2019 erfolgen. Für die insgesamt 27 100 Euro hätte die Stadt 600 Kindern eine Saisonkart­e fürs Freibad schenken können, so die Rechnung des Steuerzahl­erbunds.

Kehrtwende nach öffentlich­er Kritik: die Oper in Stuttgart

Es war schon beschlosse­n, dass die Stuttgarte­r Oper und das Ballett für die Zeit der geplanten Sanierung des Opernhause­s in einem ehemaligen Paketposta­mt spielen sollten. Die Interimssp­ielstätte sollte anschließe­nd abgerissen werden. Dass Oberbürger­meister Fritz Kuhn (Grüne) das Vorhaben stoppte, als klar wurde, dass die wenig nachhaltig­en Pläne den Steuerzahl­er mehr als 116 Millionen Euro kosten würden, verbuchte der Steuerzahl­erbund als Erfolg für sich. Die öffentlich­e Kritik habe sich durchaus gelohnt, hieß es dort. Inzwischen wird eine günstigere Lösung geprüft, die auch nach der Opernhaus-Sanierung genutzt werden kann.

Nutzt kaum jemand: Pedelecs in der Region Stuttgart

Für mehr als 1,9 Millionen Euro sind laut BdS in der Region Stuttgart Ausleihsta­tionen für Pedelecs gebaut worden – allerdings miete kaum jemand die Gefährte. Im Gegenteil: Die Ausleihen gingen nachweisli­ch zurück. Das Programm sei jedenfalls kein Erfolgsmod­ell, hieß es. Ein Pedelec-Verleih dürfe kein teures Zuschussge­schäft für die Steuerzahl­er sein. Beim Verband Region Stuttgart hingegen hieß es, das Programm „Modellregi­on für nachhaltig­e Mobilität“solle einen Umdenkungs­prozess bei den Bürgern anstoßen. Es sei „Starthilfe“gewesen für ein einheitlic­hes Netz an Leihstatio­nen, das seit Mai 2018 umgesetzt werde.

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FOTO: DPA Nur wenige nutzen in Stuttgart das Angebot, ein Pedelec zu leihen. Für den BdS ist die Millionen-Investitio­n deshalb eine Verschwend­ung.

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