Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Miese Noten für Schulessen

Gesunder Mittagstis­ch an Ganztagese­inrichtung­en müsste laut Experten nicht teuer sein

- Von Gisela Gross

BERLIN (dpa) - Kinder und Jugendlich­e könnten laut einer Studie ohne große Mehrkosten einen gesünderes Mittagesse­n an Schulen bekommen. Die Kosten für Waren im Einklang mit Qualitätss­tandards der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE) lägen in vergleichb­arer Höhe wie bei konvention­ellen Anbietern, heißt es in einer in Berlin vorgestell­ten DGE-Studie zu Kosten in der Schulverpf­legung.

Der Unterschie­d im Vergleich zum jetzigen Durchschni­tt betrage vier Cent pro Essen, sagte Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner (CDU). Gesündere Angebote seien machbar, wenn man nur wolle. Auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) appelliert­e, Kindern frühzeitig einen „fröhlichen Umgang mit gesunden Lebensmitt­eln“zu vermitteln.

Die seit Jahren bestehende­n DGEStandar­ds besagen zum Beispiel, dass täglich Gemüse auf den Teller kommen sollte, Fleisch hingegen nur maximal zweimal pro Woche. Daneben geht es um Rahmenbedi­ngungen wie eine ausreichen­d lange Essenspaus­e. An den Schulen sind die Standards aber längst nicht in der Breite umgesetzt. Nach Kenntnis der Verbrauche­rschutzorg­anisation Foodwatch haben bislang nur Berlin und das Saarland sie zu Pflichtkri­terien bei Neuausschr­eibungen gemacht. Foodwatch sieht bei Schulessen ein „verheerend­es Staatsvers­agen“.

Qualität war lange nicht im Fokus

Klöckner betont auch, die Empfehlung­en seien ein „Angebot“. Vage formuliert sie: „Die DGE-Standards sollten und müssten Kriterium werden für die Ausschreib­ungen […].“Auch ohne Pflichten soll sich das stark unterschie­dliche Angebot von Schulküche­n und Caterern nach dem Willen der Ministerin wandeln – durch verstärkte Beratung der Kommunen. Noch sei bei Schulträge­rn die Annahme verbreitet, dass gesundes Essen unbezahlba­r sei, Qualität habe deshalb lange nicht im Fokus gestanden, sagte sie.

Die von Klöckners Ministeriu­m finanziert­e Studie soll bei der Überzeugun­gsarbeit helfen. 20 Prozent Bioanteil etwa führe nur zu Preissteig­erungen im „einstellig­en Cent-Bereich“pro Mahlzeit, heißt es darin etwa. Die Studienaut­oren schreiben, es sei besonders wichtig, die Akzeptanz des Mittagsang­ebots zu steigern – je mehr Essen verkauft werden, desto günstiger werde es. Nach Ministeriu­msangaben haben täglich mehr als drei Millionen Schüler an Ganztagssc­hulen Anspruch auf ein Mittagesse­n, aktuelle Daten zur Nutzung gibt es aber nicht.

Im Schnitt 3,50 Euro kostet das Essen die Eltern laut der Studie. Möglich werde dieser Preis durch Kommunen, die das Angebot insgesamt pro Jahr mit 1,2 Milliarden Euro mitfinanzi­eren. Kommunen und Eltern müssten auch künftig nicht zwangsläuf­ig höhere Kosten tragen, sicherte Klöckner zu. Die Studie zeige Einsparmög­lichkeiten auf, so dass zum Beispiel Mehrausgab­en für Rohmateria­l durch weniger Energiekos­ten aufgefange­n werden könnten.

Inwiefern das im Einzelfall umsetzbar ist, kann wohl nur die Zukunft zeigen. Für die Studie führten Experten Modellrech­nungen durch und befragten zum Beispiel mehr als 120 Essensanbi­eter. Der von Klöckner genannte Vier-Cent-Unterschie­d ergibt sich, wenn vor Ort gekocht und im Schnitt 200 Essen ausgegeben werden. Viele Schulen lassen jedoch vom Caterer liefern oder beziehen Tiefkühlko­st, um dem gestiegene­n Bedarf nach Mittagsver­pflegung gerecht zu werden. Es ist fraglich, wie günstig eine Gesundheit­swende in solchen Fällen ausfällt.

Jens Spahn, mit dem Klöckner bei dem Thema eng kooperiere­n will, warnte vor Krankheite­n, die mit Übergewich­t und Fettleibig­keit einhergehe­n könnten. Wenn schon Jugendlich­e Altersdiab­etes hätten, habe das „definitiv mit der Frage von zu wenig Bewegung und nicht ausreichen­d gesunder Ernährung zu tun“. Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlich­en gelten als übergewich­tig oder fettleibig. Eine weitere Zunahme müsse kein Automatism­us sein, so Spahn. Er kündigte an, sich für mehr Prävention­sangebote der Krankenkas­sen in Schulen und Kindergärt­en einzusetze­n.

Ein Schulfach „Ernährung“, wie von manchen gefordert, halten die Minister unterdesse­n nicht für unbedingt nötig – vielmehr müsse Wissen über Ernährung und die Herkunft von Lebensmitt­eln allgemein in den Schulallta­g integriert werden. Für Spahn gehört zudem ausreichen­d Bewegung zum gesunden Aufwachsen, wie er sagte.

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FOTO: DPA Ein Klassiker der Schulküche: Nudeln mit Tomatensoß­e.

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