Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Jüngster Räuber erhält positive Prognose
Prozess um Räuberbande: Medizinische Gutachten werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlesen
GAMMERTINGEN/HECHINGEN Der vierte Verhandlungstag um die Räuberbande von Winterlingen, Gammertingen und Bitz hat am Montag in Hechingen mit der Beweisaufnahme geendet.
Erneut sagten mehrere Zeugen vor dem Landgericht Hechingen im Falle der „besonders schweren räuberischen Erpressung“und der Beihilfe dazu aus. Wie berichtet sitzen fünf junge Männer auf der Anklagebank. Ihnen wird vorgeworfen, in abwechselnder Beteiligung Überfälle auf den Edeka-Markt in Winterlingen, den Netto-Markt in Bitz, den Lidl-Markt in Gammertingen sowie eine Spielhalle in Überlingen begangen zu haben. Beim fünften Coup auf den Treff 3000 in Orsingen-Nenzingen wurden zwei von ihnen auf frischer Tat von der Polizei festgenommen. So flog die Bande auf.
Eben um den Vorgang der Festnahmen und die voraus gegangene Handyortung und Telefonnummernanalyse, welche die Polizei auf die Spuren der Angeklagten brachte, ging es am Montag bei den Aussagen von vier Kripobeamten. Eingebracht wurden dabei unzählige Details der Kommunikation der Täter untereinander – ob per Whatsapp, Facebook oder Telefon. Ein mitgeschnittenes Gespräch zeigte auf, dass ein zur Tatzeit 28-Jähriger wohl doch der Ausübende beim Bitzer Überfall war. Obgleich er dies vor einigen Wochen noch geleugnet hatte und die Schuld dem Jüngsten, heute 20, in die Schuhe schieben wollte.
Teile der Verhandlung werden nichtöffentlich geführt
Bei der Vernehmung der Eltern des 28-jährigen Strippenziehers mussten die Zuhörer den Saal verlassen. Auch beim Verlesen des medizinischen Gutachtens über ihn sowie über den 20-Jährigen, das eventuell über verminderte Schuldfähigkeit Auskunft gibt, war die Sitzung nichtöffentlich.
Nicht so beim Urteil der Jugendgerichtshilfe über den 20-Jährigen, der, wie berichtet, sehr geständig war und unter anderem den Überfall auf den Edeka einräumte. Was der Gutachter über ihn aussagte, klang fast wie ein Loblied. Seine Sucht habe den jungen Mann mit etwa 15 Jahren auf die schiefe Bahn geführt. Schuld waren Drogen – von Cannabis über Ecstasy bis Koks. Er sprach auch von einer Art Flucht aus dem einengenden Elternhaus, in dem äußerst streng nach der Bibel gelebt wurde und wovon er sich zunehmend distanzierte.
Positiv seien seine Prognosen für diesen jungen Menschen, er habe das in 25 Jahren seiner Tätigkeit selten so klar sagen können, so der Gutachter. Der 20-Jährige habe eine Chance nach Jugendstrafrecht verdient. Damit nicht genug: „Hätte ich eine Tochter, würde ich ihn sogar als Schwiegersohn akzeptieren“sagte der Gutachter überschwänglich.