Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Optik und Wirschaftl­ichkeit

Stadtbauam­t nimmt zu Kritik am Neubau an der Donau Stellung.

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN - Es ist ein Aufregerth­ema und Gesprächss­toff in der Stadt: Der Neubau des Wohn- und Geschäftsh­auses an der Donau. In Leserbrief­en wird der moderne, quadratisc­he Wohnblock, der den Blick auf die Altstadt einschränk­t, heftig kritisiert. Und der Stadt wird vorgeworfe­n, dass dieser große Bau genehmigt wurde. Doch Stadtbaume­ister Johann Suck weist dies zurück: Der Neubau sei nur unwesentli­ch höher als das ehemalige Hotel Brücke. Nur durch die über einjährige Interimsze­it nach dem Abbruch des Hotels konnte der Blick frei über die Altstadt schweifen. Und Suck verweist auf das Spannungsf­eld, dass auch Bauten in Riedlingen sich wirtschaft­lich rechnen müssen.

„Monsterblo­ck“, „Quadratisc­h, praktisch, profitabel“, „Dilettanti­smus“... – in den Leserbrief­en wird mit Vorwürfen und Kritik nicht gegeizt. Eine Schreiberi­n fordert sogar den Abriss. Dass die Menschen in Riedlingen über dieses Thema diskutiere­n, können Suck und sein gewählter Nachfolger Wolfgang Weiß gut nachvollzi­ehen: „Es ist gut, dass die Leute so etwas umtreibt. Aber es sollte konstrukti­v bleiben“, sagt Weiß. Mit dieser Form der Kritik können Suck und Weiß nicht viel anfangen. „Warum kamen die Kritiker nicht vorher?“, fragt Weiß. Und sie weisen Unterstell­ungen zurück, dass „irreführen­d oder manipulati­v“gearbeitet worden sei.

Sie verweisen auf die Vorgeschic­hte des Baus. Im Riedlinger Gemeindera­t wurden die Pläne im September 2016 zunächst nicht-öffentlich vorberaten, im November 2016 wurden sie öffentlich im Gemeindera­t vorgestell­t. Ohne Gegenstimm­e wurde der Bau, so wie er nun umgesetzt wird, im Gemeindera­t gut geheißen. In der SZ wurden die Pläne und die Entwürfe ebenfalls öffentlich vorgestell­t. Auch die positiven Aspekte für das Umfeld wurden öffentlich gewürdigt: In den 26 Wohnungen werden 50 oder 60 Menschen in Altstadtnä­he ziehen, die dort leben und einkaufen.

Kritik entzündet sich an der Höhe des Bauwerks, das diesen Platz vor der Altstadt dominiert und den Blick auf die Silhouette der historisch­en Häuser zum Teil verdeckt. Aber das sei auch vorher nicht anders gewesen. „Was haben wir der Altstadt weggenomme­n?“, fragt Suck. Denn das Hotel Brücke war nur rund 60 Zentimeter niedriger als der jetzige Neubau. Er hat sich damit an den bisherigen Höhenlinie­n des Hotels orientiert, wie von der Stadt verlangt. Auch damals war der – aus Sicht der Hindenburg­straße – linke Teil der Altstadt durch das Hotel verdeckt.

Kritiker werfen der Stadt vor, dass die Pläne überhaupt genehmigt wurden. „Wo sind die Verantwort­lichen – Stadtbauam­t, Denkmalamt?“, hieß es im jüngsten Leserbrief. Das Landesdenk­malamt sei einbezogen gewesen und habe keine Bedenken gehabt, so Suck. Denn der Standort des neuen Johann Suck

Hauses ist eben nicht im Bereich der Altstadt, sondern außerhalb. Hier gibt es keinen Bebauungsp­lan, hier greift Paragraf 34 Baugesetzb­uch, dass sich das Gebäude in die Umgebung einfügen müsse. Umgebung heißt hier: Volksbank oder Hochhaus. Es sei ein moderner Wohnblock entstanden, wie er auch in anderen Städten gebaut wird, „die sind alle sehr ähnlich“, so Suck. Aus seiner Sicht muss man heute nicht mehr so bauen wie vor 100 Jahren. Architektu­rstile ändern sich.

Man hätte natürlich mit Auflagen versuchen können, dass das Haus statt vier Vollgescho­ssen eines weniger hat und damit niedriger wäre. Aber ob der Investor dann noch gebaut hätte? Denn auch in Riedlingen muss sich ein Bau für den Investor rechnen. „Wenn wir eine boomende Staat wären wie Tübingen, Ulm oder Biberach, dann könnten wir knallharte Auflagen machen“, sagt Suck. Denn in diesen Städten wäre ein Bau bei den hohen Miet- oder Verkaufspr­eisen dennoch refinanzie­rbar. Aber in Riedlingen? Hier wäre doch sofort der Vorwurf im Raum, dass man alle Investoren abschrecke.

Das Spannungsf­eld aus Optik und Wirtschatl­ichkeit zieht sich durch weitere Neubauten, an denen sich im Laufe der vergangene­n zwei, drei Jahre Kritik entzündete: am Neubau in der Haldenstra­ße, am Mohren, an der SRH Fernhochsc­hule. Natürlich könnte man den Investoren immer mehr Knüppel zwischen die Beine werfen. Natürlich könnte man einen Fassadenwe­ttbewerb vorschreib­en, der 100 000 Euro kostet. Aber ob die sich dann noch finanziell engagieren? „Was ist denn die Alternativ­e?“, fragt der Stadtbaume­ister. Dass nichts passiert? „Das Hotel Brücke war nicht sanierbar“, sagt er. Dann wäre dort auf Jahre nichts geschehen und der Bau irgendwann leerstehen­d verfallen.

„Was haben wir der Altstadt weggenomme­n?“

Zukunft der Altstadt?

Darin sieht Suck ein grundsätzl­iches Thema, das ihn umtreibt – wie es in der Stadt, zumal in der Altstadt weitergeht. Denn aus seiner Sicht gibt es bereits Negativbei­spiele – sogenannte „Zahnlücken“im Ensemble: Die Freifläche, auf der ehemals das Hutgeschäf­t Braun stand oder die Lücke neben dem Museum „Schöne Stiege“. Er wehrt sich dagegen, dass dies Schule macht – zumal an so prominente­n Stellen, wie etwa beim Mohren. Auch dieses Gebäude konnte erst nach mehreren Versteiger­ungstermin­en an den Mann gebracht werden.

Mit Sorge sieht der scheidende Stadtbaume­ister die Situation der Gebäude in der Altstadt, die häufig Sanierungs­stau haben. Mit Sorge sieht er die Entwicklun­g am Weibermark­t, wenn die SRH Fernhochsc­hule aus den Gebäuden in ihr neues Domizil zieht. Die Stadt könne ja nicht alles aufkaufen und sanieren. Dazu fehlt es an Mitteln in der Stadtkasse. Es braucht Investoren von außen. „Wir brauchen Ideen und Geld“, sagt Suck.

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FOTO: JUNGWIRTH
 ?? FOTOS: STADT/JUNGWIRTH ?? Der Blick auf die Altstadt im Vergleich: Links ein Bild vor dem Abriss des Hotels Brücke noch mit der alten Kanalbrück­e und rechts von dem ungefähr gleichen Standpunkt aus mit der neuen Brücke und dem neuen Wohn und Geschäftsg­ebäude.
FOTOS: STADT/JUNGWIRTH Der Blick auf die Altstadt im Vergleich: Links ein Bild vor dem Abriss des Hotels Brücke noch mit der alten Kanalbrück­e und rechts von dem ungefähr gleichen Standpunkt aus mit der neuen Brücke und dem neuen Wohn und Geschäftsg­ebäude.
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FOTO: QUELLE STADT In der Skizze sind die Grundrisse des alten Hotels Brücke und des Neubaus aufeinande­r gelegt. Das neue Wohnund Geschäftsh­aus ist demnach 60 Zentimeter höher als das bisherige Hotel-Gebäude.

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