Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Riedlinger Milchwerk ist Geschichte
Genossenschaft Milchwerk Donau-Alb wird aufgelöst.
RIEDLINGEN - Fast hätte die eingetragene Genossenschaft Milchwerk Donau-Alb in Riedlingen ihr 90-jähriges Bestehen feiern können. Denn auch rund sechs Jahre nach Schließung des Riedlinger Milchwerks hat die Genossenschaft aus Landwirten noch existiert. Doch das letzte Kapitel ist nun angebrochen: Ende Oktober hat die letzte Versammlung stattgefunden, in der die 70 anwesenden stimmberechtigten Mitglieder die Auflösung einstimmig beschlossen haben. Der Antrag wurde nun beim Amtsgericht eingereicht.
„Eine gewisse Wehmut war da“, das habe man gespürt bei der Versammlung, sagt Gerhard Lorch, der als letzter Vorsitzender der Genossenschaft deren Abwicklung vorantreiben musste. Vor allem bei den Mitgliedern, die mit der Genossenschaft und dem Milchwerk groß geworden sind, schmerze die Auflösung schon. Lorch ist erst vor rund 25 Jahren von Rottweil zum Milchwerk Riedlingen gewechselt und war zunächst stellvertretender Vorsitzender der Genossenschaft und ab 2012 deren Vorsitzender. 2013 wurde von Seiten der Genossenschaftsmitglieder die Auflösung beschlossen, nachdem Allgäuland einen Käufer – Arla Foods – gefunden hatten. Aktuell hat die Genossenschaft noch 536 Mitglieder, davon 226 aktive Landwirte.
Vieles galt es noch zu klären und rechtlich sauber abzuwickeln. So musste unter anderem das Thema der Pensionrückstellungen für ehemalige Mitarbeiter, wie dies in den damaligen Verträgen festgehalten war, rechtlich sauber geregelt werden. Dank einer Gesetzesänderung konnte dies vor drei Jahren in die Wege geleitet und nun eine Lösung gefunden werden. Viele Gespräche mit Rechtsanwälten waren auch dafür notwendig. Man habe „aufräumen müssen“, sagt Lorch. „Das hat Zeit in Anspruch genommen.“
Nun ist der Schnitt gemacht. Alle anwesenden Mitglieder haben einer Auflösung zugestimmt. Und für das Geld, das am Ende noch übrig bleibt, wurde auch eine Lösung gefunden. In der Versammlung kam der Vorschlag auf, dass die Restsumme für einen guten Zweck gespendet werden soll: Lorch geht davon aus, dass eine fünfstellige Summe nach der Bezahlung aller Verbindlichkeiten und Rechnungen für gute Zwecke übrig bleiben könnte.
Der Mägerkinger Landwirt bedauert diese Entwicklung. Er bedauert, dass die Landwirte sich damals für die Abwicklung der Genossenschaft entschieden haben. Er hatte für eine Beibehaltung plädiert oder für die Gründung einer neuen Genossenschaft – dass die Landwirte weiterhin in dieser Rechtsform ihre Milch verwerten. Er hält die Genossenschaftsform für eine gute Struktur, aber sie müsse auch gepflegt werden. Die jetzigen Landwirte haben sich in einem wirtschaftlichen Verein zusammengeschlossen. Doch die Genossenschaft sei ein stärkeres Korsett und damit insgesamt stabiler, ist er überzeugt.
Infrastruktur fällt weg
Lorch bedauert noch einen anderen Aspekt: Dass auch in der Raumschaft immer mehr Infrastruktur wegfällt, um Lebensmittel vor Ort zu verarbeiten. Das Milchwerk wurde geschlossen und dann im vergangenen Jahr der „nächste Schlag“: Die Schließung des Schlachthofs. Seither muss das Vieh in entfernte Schlachthöfe werden. Kurze Wege propagieren und dann Verarbeitungsmöglichkeiten zu schließen, das passt für ihn nicht zusammen.
Bei allem Wehmut, bei Lorch ist auch eine gewisse Erleichterung zu spüren, dass er die Verantwortung nun bald nicht mehr tragen muss. Denn nicht immer sei es einfach gewesen. Vor allem in der heißen Phase, als es um die Auflösung ging, gab es auch großen Gegenwind. „Kritische Nachfragen sind in Ordnung“, sagt er. Aber manchmal ging es deutlich darüber hinaus – nur von ein paar wenigen, aber dafür heftig. Auch anonyme Briefe habe er erhalten oder Schreiben mit einem Hinweis, dass er hoffentlich eine gute Versicherung habe, falls er privat haften müsste. Dabei gab es nichts mehr zu gewinnen: „Wenn der Kuchen gegessen ist, braucht man sich über die leere Platte nicht zu streiten“, sagt er.