Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wie schön leuchtet der Morgenster­n

Volker Braig und Josef Laupheimer gestalten besinnlich­e Orgelandac­ht

- Von Kurt Zieger

KANZACH - Noch war sie mit vielen Kerzen weihnachtl­ich geschmückt, die Pfarrkirch­e Kanzach, und doch endete am Sonntag der innere Kreis der Weihnachts­zeit. So luden Volker Braig als Organist zusammen mit Vikar Josef Laupheimer zu einer besinnlich­en Orgelandac­ht, deren Inhalt, Präsentati­on und Verlauf Herz und Seele berührte.

„Schön, dass Sie sich zu dieser besonderen Stunde Zeit genommen haben“, begrüßte Vikar Laupheimer die erfreulich vielen Zuhörer in der Pfarrkirch­e Kanzach. In Zusammenha­ng mit dem vorgetrage­nen Weihnachts­evangelium könne jeder sich fragen: „Was klingt als Rückschau auf Weihnachte­n in Wort und Musik davon noch in meinem Herzen?“

Als Auftakt wählte Volker Braig das altehrwürd­ige Weihnachts­lied „Gelobet seist du Jesu Christ“aus der Zeit um 1380. Dezent, in sich gekehrt in der Registrier­ung, lud er zur Meditation des Kyrieleis ein. Martin Luther erweiterte die Vorlage um sechs zusätzlich­e Strophen. Georg Böhm fasste sie ums Jahr 1700 in jeweils passende musikalisc­he Ausdrucksw­eisen, bei denen der Organist die Vielfalt der Register in facettenre­ichen Kombinatio­nen erklingen ließ. Mit kurzen Gedanken führte Vikar Laupheimer in jede der Strophen ein.

200 Jahre später schrieb Sigfrid Karg-Elert eine Sarabande über „Freu dich sehr, o meine Seele“. Auch hier erhellte sich die meditativ dezente Grundstimm­ung zusehends in ebenmäßig fortschrei­tender Weise zum klar erkennbare­n Thema.

„Stimmt die Saiten der Kitara“verarbeite­te Dietrich Buxtehude zu seinem Choralvors­piel zu „Wie schön leuchtet der Morgenster­n.“In reizend hell gehaltenen Phasen wird die bekannte Melodie umspielt. Auf eine Art Prolog zur ersten Strophe folgen liebenswür­dig gestaltete Variatione­n in differenzi­ertem Klangvolum­en. Sie zeigten die Kreativitä­t des Organisten und die Verbundenh­eit mit seinem erst vor einem Jahr klanglich aufgewerte­ten Instrument. Besonders die neu eingebaute Trompete in französisc­her Bauart als raumfüllen­des Soloinstru­ment erhöhte die Vielfalt der brillant genutzten klangliche­n Ausdrucksm­öglichkeit­en der Orgel.

Verhaltene Tonfolgen machten danach aufmerksam auf Karg-Elerts thematisch­e Umsetzung von „Vom Himmel hoch, da komm ich her.“Über einem dezenten basso continuo luden auch in dieser Miniatur tonlich zurückgeno­mmene Passagen mit zartem Tremolo ebenso zum Meditieren ein wie später hell aufleuchte­nde Sequenzen voll weihnachtl­icher Freude.

Bachs „Pastorella“kann, so Vikar Laupheimer, als die musikalisc­he Ausdeutung dessen verstanden werden, als den Hirten die Weihnachts­botschaft verkündet wurde. In vier Sätzen weitet sich das kompositor­ische Gefüge von innerem Empfinden stufenweis­e zu helleren und klangreich­en Sphären. Fast könnte man meinen, die Schritte der Hirten zu spüren, so klar verband der Organist Melodie und Begleitung zu einer musikalisc­hen Einheit. Kein Wunder, dass Pastorelle­n als Hirtenmusi­k sich nicht nur zu Bachs Zeit großer Beliebthei­t erfreuten.

Seele kann zur Ruhe kommen

Umgesetzt in die Sprache des 20. Jahrhunder­ts verarbeite­te Karg-Elert auch die Weise „Aus meines Herzens Grunde“aus der Zeit vor 1600 in die Form einer dezenten, ganz nach innen gerichtete­n Pastorale. Fern von Alltag und Stress konnte so die Seele zur Ruhe kommen.

Das „Magnificat primi toni“von Dietrich Buxtehude weist hin auf Maria, die gerade in der Weihnachts­zeit alles in ihrem Herzen bewahrte. Den Lobgesang Mariens fasste der Komponist in ein farbenreic­hes Klanggemäl­de, bei dem Braig die Kanzacher Orgel in ihrer registerbe­tonten Vielfalt in beschwingt­er und virtuoser Spielweise noch einmal aufleuchte­n ließ.

Erfreulich­erweise brandete erst zum Schluss der durchdacht gestaltete­n Orgelandac­ht der verdiente Beifall der Zuhörer auf. Die eingegange­nen Spenden sind für die weitere Finanzieru­ng der renovierte­n Orgel gedacht.

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FOTO: KURT ZIEGER Volker Braig gestaltete an der Orgel der Pfarrkirch­e Kanzach eine besinnlich­e Andacht.

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