Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Brunnenversuch bringt nur zeitweise Entlastung
Versuch einer schnellen Lösung beim Nitratproblem nicht dauerhaft - Abgeordneter Martin Hahn im Wasserwerk
BAD SAULGAU - Ein Versuch zur Senkung des Nitratgehalts im Trinkwasser hat den Stadtwerken Bad Saulgau wichtige, wenn auch kaum erfreuliche Erkenntnisse gebracht. Mit der erhöhten Förderung eines Brunnens in einer weniger belasteten Zone der Wasserfassung Mannsgrab sollte der Nitratspiegel gesenkt werden. Dieses Ziel wurde im vergangenen Sommer auch erreicht. Inzwischen ist allerdings auch klar, dass der weniger belastete Brunnen nicht über längere Zeit auf Hochlast gefahren werden kann, ohne Schaden zu nehmen. Der Bad Saulgauer Wasserversorger bleibt auf die Zusammenarbeit mit den Landwirten und auf die Hilfe der Politiker angewiesen. Der für Landwirtschaft zuständige Landtagsabgeordnete der Grünen, Martin Hahn, und die Wahlkeisabgeordnete Andrea BognerUnden bekamen die Probleme des Wasserversorgers in deutlichen Worten von Richard Striegel und Johannes Übelhör zu hören.
„Wenn wir den Brunnen weiter mit Hochlast gefahren wären, hätten wir unser Wirtschaftsgut kaputt gemacht“, so der technische Leiter der Stadtwerke Bad Saulgau, Johannes Übelhör zu den beiden Gästen aus der Politik und einer Anzahl von Zuhörern. Durch das Hochfahren des Brunnens zwei bis an die Grenze der genehmigten Wasserentnahme konnte die Förderung der Hauptbrunnen im höher belasteten Bereich während einiger Monate gesenkt werden. Wegen der reduzierten Entnahme und auch wegen der wenigen Niederschläge im Sommer ging in diesen Brunnen die Nitratbelastung zurück.
Problematisch sind aber die Nebenwirkungen auf den belasteten Brunnen. Solche schnellen Lösungen wird es demnach nicht geben. Deshalb richtete der Erste Beigeordnete und Chef der Stadtwerke, Richard Striegel, mahnende Worte an die anwesenden Politiker. „Es ist schon unsere Erwartung an die Politik, dass unsere Besonderheiten auch berücksichtigt werden“. Das sei derzeit bei den gesetzlichen Regelungen über die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) oder auch über die jüngste Düngeverordnung nicht der Fall. Das liegt etwa an den geologischen Besonderheiten. „Wir leben hier auf einer Kiesgrube unter uns“, so Johannes Übelhör. Regenwasser versickert schnell, der Boden habe durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung teilweise die Fähigkeit zur Regeneration verloren. Das ausgebrachte Nitrat gelange deshalb schnell ins Grundwasser. Deshalb, so die Wasserversorger, liefern Bodenproben nach SchALVO erheblich niedrigere Werte. Striegel: „Es kann nicht sein, dass hier komplett andere Werte herumschwirren“. Für eine sichere Datenlage bei den Nitratwerten im Wasser haben die Stadtwerke selbst schon viel getan. Zehn Messpunkte (Pegel) wurden gebohrt, um die Werte im Grundwasser im Bereich der Wasserfassung messen zu können. Besorgniserregende Werte zwischen 58 bis 71 Milligramm Nitrat je Liter waren darunter. Im Trinkwasser liegen die Werte derzeit noch bei um die 43 Milligramm, also noch unterhalb der Grenze der Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm.
„In Baden-Württemberg gehen die Nitratwerte insgesamt zurück“, sagte Martin Hahn, „Bad Saulgau ist hier landesweit ein ,Hotspot’“. Den Ball nimmt Richard Striegel auf: „Eine gute Kindergärtnerin kümmert sich besonders um ihre schwierigen Kinder.“Dabei formulierte er einige Forderungen. Bei der Beratung der Landwirte im Schutzgebiet müsse mehr geleistet werden. Striegel: „Jeder Landwirt, der einen Acker umtreibt müsste eigentlich Diplomchemiker sein“. Dass den Stadtwerken aus Datenschutzgründen von Landratsamt und Regierungspräsidium außerdem die flurgenauen Daten über Bodenproben vorenthalten werden, wird mit Unverständnis registriert. „Wir wollen das Problem in Kooperation mit den Landwirten lösen“, sagte Richard Striegel. Bisher hat ein Drittel der Grundstückseigentümer im Einzugsgebiet die Förderung als Gegenleistung für Extensivierungen in Anspruch genommen. „Der Rest sagt, dass es sich nicht lohnt“, so Striegel. Höhere Ausgleichszahlungen könnten hier nach seiner Meinung helfen.
Ein Video zur Trinkwasserproblematik in Bad Saulgau finden Sie im Internet unter: