Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schwaben verlieren im Whisky-Streit
Spirituosenverband siegt vor Gericht – Ein deutscher Whisky darf nicht „Glen“heißen
HAMBURG (dpa) - Der in der Gemeinde Berglen-Oppelsbohm nahe Stuttgart gebrannte Whisky „Glen Buchenbach“darf nicht länger so heißen. Das Landgericht Hamburg urteilte am Donnerstag, dass mit dem Namensbestandteil „Glen“die geschützte geografische Angabe „Scotch“beeinträchtigt werde, und folgte einer Klage der schottischen Whisky-Produzenten.
BERLIN - Ein Whisky mit „Glen“im Namen kommt nicht aus Schwaben: Das ist das Ergebnis eines Namensstreits, den der Schnapshersteller Klotz aus dem baden-württembergischen Berglen bei Winnenden im Rems-Murr-Kreis gegen den schottischen Verband der Whiskyhersteller verloren hat. Eine deutsche Spirituose darf demnach nicht das Wort „Glen“im Namen tragen, wie das Landgericht Hamburg am Donnerstag geurteilt hat. Unter diesem Namen hatte die Waldhornbrennerei Klotz einen Whisky auf den Markt gebracht. Der Familienbetrieb hat nun einen Monat Zeit, in Berufung zu gehen.
Der schottische Whisky-Verband sieht durch den Namen „Glen Buchenbach“seine Rechte gefährdet. „Scotch Whisky“ist eine von der Europäischen Union (EU) geschützte Bezeichnung für ein regionales Erzeugnis. Da viele schottische Alkoholika das Wort „Glen“im Namen tragen, ist eine Verwechslung des schwäbischen Produktes mit dem schottischen Original möglich, entschieden die Richter. Die schottischen Anwälte warfen der Familie Klotz sogar „gezielte Irreführung des Verbrauchers“vor.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Auftrag des Hamburger Gerichts bereits im Vorfeld geklärt, wie die Spielregeln für den Schutz von Herkunftsbezeichnungen lauten. Demnach sind auch Anspielungen auf regionale Marken verboten. Voraussetzung ist, dass ein „normal informierter europäischer Durchschnittsverbraucher“sehr starke Assoziationen mit der betreffenden Region verbindet. Die Verbindung müsse jedoch sehr eindeutig sein, gaben die Richter in Luxemburg vor.
Juristen halten das Urteil für wichtig – schließlich klärt es eine offene Frage für den europäischen Markenschutz. Wenn schon eine lose Assoziation ausreiche, um die Rechte von Parmaschinken, Thüringer Rostbratwurst oder Nürnberger Lebkuchen zu verletzen, dann sind auch zahlreiche andere Klagen von Seiten der Originalanbieter möglich. „Jede französisch anmutende Bezeichnung von Sekt wäre künftig unter Umständen zugleich eine Verletzung der Herkunftsangabe Champagner“, sagt Sven Mühlenberger, der Anwalt der schwäbischen Brennerei.
Die Familie Klotz als Betreiberin der Waldhornbrennerei hatte ihre Kreation in Anspielung auf ihren Firmenstandort „Glen Buchenbach“genannt. Das schottische Wörtchen „Glen“bedeutet „kleines Tal“, was das häufige Auftauchen in den Namen der schottischen Brennereien erklärt. Nun liegt die Waldhornbrennerei in Berglen im Buchenbach-Tal. Dieses Zusammentreffen nahm die Familie als Grundlage für den Namen ihrer Whisky-Kreation. „Wenn wir gewusst hätten, dass wir uns damit Ärger einhandeln, hätten wir das anders genannt“, sagt Brennmeister Jürgen Klotz der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Scotch Whisky Association (SWA) verstand hier jedoch keinen Spaß. Die Juristen des Verbandes, der 2500 Marken vertritt, verklagten den Familienbetrieb. Die Schwaben glaubten jedoch gute Argumente auf ihrer Seite. Nur ein kleiner Teil der in Deutschland verkauften schottischen Whiskys tragen überhaupt „Glen“im Namen – Marktführer ist beispielsweise der Anbieter Diageo mit Marken wie Johnnie Walker, J&B oder Bell’s. Umgekehrt kommen Produkte wie der „Glen Breton“aus Kanada.
Außerdem hat der schwäbische Anbieter groß auf die Flasche geschrieben, dass es sich um deutschen Whisky handelt. Das allerdings reiche nicht, um Verwechslungsgefahr abzuwenden, warnte der EuGH. „Rostbratwurst Thüringer Art, hergestellt im Rheinland“– so ein Etikett ist demnach nicht erlaubt, seit die Thüringer Bratwurst im Jahr 2004 ihren Schutz als geografische Angabe erhalten hat.
Drei Arten von Markenschutz
Die EU kennt drei Arten von regionalem Markenschutz: die geschützte Ursprungsbezeichnung, die geschützte geografische Angabe und die traditionelle Spezialität. „Roquefort“ist eine geschützte Ursprungsbezeichnung: Schon die Schafsmilch für den Käse muss aus der Gegend des gleichnamigen Dorfes stammen. Das Gleiche gilt für Parmaschinken oder für Lüneburger Heidschnucke. Die Schweine und Schafe müssen wirklich bei der Stadt aufgewachsen sein.
„Frankfurter Grüne Soße“ist dagegen nur eine geschützte geografische Angabe. Nur eine der Produktionsstufen muss aus der Region kommen. Die Hersteller behalten sich ausdrücklich vor, die Petersilie für die Soße auch von außerhalb zuzukaufen. Auch Thüringer Rostbratwurst kann zum Teil Fleisch aus anderen Gegenden enthalten ebenso wie Westfälischer Knochenschinken.
Der Rechtsstreit der Schwaben gegen die Schotten hat den Familienbetrieb Klotz bereits viel Geld gekostet, und die Akte des Falls füllt schon zehn Leitzordner. Jetzt bleibt die Frage, ob er stur genug ist, den Streit auf die nächste Ebene zu tragen. „Wir werden die Entscheidungsgründe des Urteils abwarten und anschließend in Ruhe besprechen, wie es weitergeht“, sagt Anwalt Mühlberger. Dazu will Mühlberger mit seinen Mandanten ein Glas Whisky trinken. Einen „Glen Buchenbach“aus Berglen im Buchenbach-Tal.