Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wenn Pflege arm macht

Sozialverb­and warnt vor steigenden Kosten für Heimbewohn­er – Patienten zahlen mehr als 2000 Euro monatlich

- Von Katja Korf

STUTTGART - Pflege darf nicht arm machen: Das fordert der Sozialverb­and VdK. Weil die Kosten für Plätze in Alten- und Pflegeheim­e seit Jahren steigen, tragen Patienten immer höhere Eigenantei­le. Der VdK sieht die Landesregi­erung in der Pflicht: Sie soll für Neu- und Umbauten zahlen. Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) hält das für den falschen Weg.

VdK-Landeschef Roland Sing beklagte am Montag: „In vielen Fällen führt Pflegebedü­rftigkeit zu Armut – beziehungs­weise Betroffene sind auf Sozialhilf­e angewiesen.“In BadenWürtt­emberg müssen laut VdK von 96 000 Menschen in Heimen 27 770 Hilfe vom Staat in Anspruch nehmen, um den Platz zahlen zu können. Das sei entwürdige­nd, so Sing.

Wird jemand zum Pflegefall und benötigt einen Platz im Heim, zahlt die Pflegevers­icherung nur einen Teil der anfallende­n Kosten. Der Anteil orientiert sich an der Pflegebedü­rftigkeit. Wer in den Pflegegrad 3 fällt, ist kaum mehr selbständi­g. Er bekommt von der Versicheru­ng pro Monat rund 1260 Euro erstattet.

Doch die Kosten liegen erheblich höher, deshalb müssen Pflegebedü­rftige laut VdK im Monat rund 2100 Euro selbst zahlen. Die Kosten setzen sich vor allem zusammen aus dem Geld für die Pflege, für laufende Kosten wie Strom, Verpflegun­g sowie Investitio­nen. Darunter fallen die Miete, aber auch Geld für gemeinscha­ftliche Anschaffun­gen oder für Neu- und Umbauten.

Bis 2010 hatte das Land Heimträger­n wie Caritas, Diakonie oder Privaten Zuschüsse zu den Investitio­nskosten gezahlt. Die damalige Regierung aus CDU und FDP stellte die Förderung ein. Es sollten mehr alternativ­e Angebote zum Heim entstehen, etwa Wohngemein­schaften.

Kirchliche Heimträger unterstütz­en die VDK-Forderung nach einer Rückkehr zur Landesförd­erung für Heime. „Sie senkt die Kosten für die Pflegeheim­bewohner und bietet einen weiteren Vorteil: Städte und Gemeinden hätten wieder mehr Steuerungs­und Gestaltung­smöglichke­iten“, erklärte Peter Wittmann von der St. Elisabeth-Stiftung in Bad Waldsee. Kommunen könnten dann mitentsche­iden, wer Fördergeld bekommt – und damit, wer welche Heime baut.

Auch die SPD unterstütz­t den VdK. Pflegeexpe­rtin Sabine Wölfle: „Wir fordern außerdem die volle Übernahme der Pflegekost­en in den Heimen durch die Pflegevers­icherung.“Deren Beiträge decken nur einen Teil der Pflegekost­en ab.

Sozialmini­ster Lucha dagegen will nicht wieder in die Heimförder­ung einstiegen. „Kurz gesagt: Wir wollen in Beine statt in Beton investiere­n“, so Lucha. Mit gezielter Förderung an anderer Stelle will er dafür sorgen, dass neben Heimplätze­n weitere Pflegeform­en entstehen. So seien seit 2010 zwar weitere Heimplätze entstanden, bei ambulanten Diensten und Kurzzeitpf­lege aber gebe es einen Stillstand. Lucha will sich im Bund dafür einsetzen, die Pflegevers­icherung zu reformiere­n, um die Kosten für Patienten zu senken.

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FOTO: DPA Roland Sing vom VdK warnt vor entwürdige­nden Zuständen bei der Finanzieru­ng von Pflege.

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