Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Aktivistin
Hätte sie nur das Recht auf Autofahren gefordert, wäre Loujain al-Hathloul wohl noch in Freiheit. Autofahren dürfen Frauen in ihrer Heimat SaudiArabien ja mittlerweile. Doch die 29-Jährige wollte mehr: Loujain trat für die Abschaffung der männlichen Vormundschaft in dem nach wie vor erzreaktionären Land ein. Die Aktivistin will es nicht länger hinnehmen, dass saudische Männer das Leben saudischer Frauen bis ins Detail bestimmen und sie zu rechtlosen Individuen machen können.
Ihre Forderung ging dem vorschnell als Reformer gefeierten saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zu weit. Im Mai 2018 ließ er Loujain al-Hathloul und sechs weitere Aktivistinnen in Abu Dhabi verhaften und nach Riad ausfliegen. Die Frauen wurden beschuldigt, mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland (gemeint waren Europa und die USA) eine „Zelle“gegründet zu haben, um die „Sicherheit und Stabilität im Königreich zu untergraben und die sozialen Strukturen des Landes zu zerstören“. Sollten die von der saudischen Presse als „Verräterinnen“verunglimpften Frauen verurteilt werden, drohen ihnen lange Haftstrafen sowie körperliche Züchtigung.
Die Stadt Mannheim hat al-Hathloul nun mit dem Berthaund Carl-Benz-Preis ausgezeichnet – „für ihren unermüdlichen Kampf für das Recht der Frauen auf Mobilität, den sie trotz schwerster Repressalien weitergeführt hat", wie es in der Begründung heißt.
Loujain al-Hathloul war weltweit bekannt geworden, als sie sich vor fünf Jahren an der Seite ihres Vaters erstmals ans Steuer setzte, ihren Protest aufzeichnete und ins Internet stellte. Frei nach Bob Marley hatte sie damals ihre Fahrt mit dem Song „No Woman, no Drive“unterlegt. Das fantasievolle Eintreten für die Frauenmobilität brachte ihr 73 Tage Gefängnis ein – von ihrem Engagement abgehalten hat sie das nicht. Michael Wrase