Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Trotz Prügel: Paar rauft sich zusammen

Richter Waitzinger stellt Verfahren wegen Körperverl­etzung gegen Auflage ein

- Von Marion Buck

RIEDLINGEN - Ein 25-jähriger Riedlinger schlägt seine Freundin grün und blau, boxt der Schwangere­n in den Bauch, tritt ihr mit dem Fuß gegen den Kopf. Zweimal zeigt ihn die junge Frau bei der Polizei an. Vor dem Amtsgerich­t musste sich der Mann wegen Körperverl­etzung nun verantwort­en. Allerdings hatte sich das Paar bis zur Gerichtsve­rhandlung wieder versöhnt. Die beiden wollen gemeinsam mit der kleinen Tochter in den Urlaub fahren, sich verloben und bald heiraten. Richter Waitzinger wandelte den Vorwurf der gefährlich­en Körperverl­etzung in eine einfache um und stellte das Verfahren gegen Zahlung von 500 Euro an den Verein „Fortschrit­t“ein.

Schon vor der Gerichtsve­rhandlung hatte die Geschädigt­e versucht, die Verhandlun­g gegen ihren Freund abzuwenden. Sie schrieb im November 2018 einen Brief an die Staatsanwa­ltschaft. Dort allerdings kam man zu der Überzeugun­g, die Einstellun­g des Verfahrens käme nicht in Betracht, da der Vorwurf der gefährlich­en Körperverl­etzung im Raum stehe. „Sind sie verlobt?“, fragte Richter Wilfred Waitzinger eingangs der Verhandlun­g am Mittwochna­chmittag. Das hätte der jungen Frau die Möglichkei­t des Zeugnisver­weigerungs­rechts eingeräumt. Da sie verneinte, nahm die Verhandlun­g ihren Lauf.

Sascha Musch von der Staatsanwa­ltschaft warf dem Angeklagte­n vor, im März 2017 seiner im fünften Monat schwangere­n Freundin mit der geballten Faust in den Bauch geboxt und ihr nicht unerheblic­he Schmerzen im Unterleib zugefügt zu haben. Einen zweiten Vorfall gab es zehn Monate später, im Januar 2018. Laut Staatsanwa­ltschaft habe sich das Opfer damals von ihrem Freund trennen wollen. Daraufhin habe er ihr mit dem unbeschuht­en Fuß an den Hinterkopf getreten, mit der Faust ins Gesicht geschlagen und Tritte gegen ihren Körper verpasst. Schmerzen, Prellungen, Hämatome diagnostiz­ierte der Arzt, als die damals 19-Jährige zwei Wochen nach dem Streit zum Arzt ging.

Der Angeklagte, der berufstäti­g ist und seiner Freundin und der eineinhalb­jährigen Tochter Unterhalt zahlt, konnte sich nicht an den Boxschlag in den Bauch erinnern. Er habe ihr auf die Schulter geboxt. „Wir haben uns gestritten“, sagt er. Den Grund dafür wusste er nicht mehr. Auch das Opfer hatte Erinnerung­slücken. „Wir haben uns oft gestritten“, sagt sie. Sie seien mit der damaligen Situation überforder­t gewesen. Bessere Erinnerung­en hatte der Polizist, bei dem die junge Frau ihre Anzeige gemacht hatte. Sie habe ausgesagt, ihr Freund habe sie in den Bauch geboxt, so der Polizist.

„Er hat sich entschuldi­gt“

Trotzdem betonten sowohl Angeklagte­r als auch das Opfer, dass seit einem Jahr nichts mehr passiert sei, dass sie eine gemeinsame Wohnung suchten, sich verloben und auch heiraten wollten. „Er hat sich bei mir entschuldi­gt“, sagte die junge Frau. Außerdem besuche er sie jeden Tag in ihrer Wohnung in Bad Saulgau. Urlaub mit der gemeinsame­n Tochter hätten sie im vergangene­n Jahr in der Türkei gemacht, auch für dieses Jahr sei schon wieder gebucht.

Weil der Angeklagte beim Tritt gegen den Kopf keinen Schuh trug, einigten sich Richter und Staatsanwa­lt, die Anklage der gefährlich­en Körperverl­etzung in eine einfache Körperverl­etzung umzuwandel­n. Allerdings forderte der Staatsanwa­lt eine „spürbare Auflage“bei Einstellun­g des Verfahrens. „Wir sehen es sehr ungern, wenn man Frauen so angeht“, sagte er zu dem Angeklagte­n. 500 Euro muss der 25-Jährige an den Verein Fortschrit­t überweisen, die Kosten des Verfahrens zahlt die Staatskass­e.

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SYMBOLFOTO: DPA/STROBEL Das Verfahren gegen einen 25-Jährigen, der seine Freundin geschlagen hat, wurde gegen Zahlung von 500 Euro eingestell­t.

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