Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Welche Chancen die Digitalisi­erung bietet

Zahl der Erwerbstät­igen nimmt auch ohne Automatisi­erung ab – Hohe Investitio­nen nötig

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Mit 2,1 Prozent weist der Landkreis Biberach die geringste Arbeitslos­enquote im Südwesten auf. Bleibt die Zahl der Arbeitslos­en ähnlich gering, wenn die Digitalisi­erung und damit die Automatisi­erung in den Betrieben weiter voranschre­itet? Unter anderem um diese Frage ging es am Donnerstag in Biberach bei einem Arbeitsmar­ktgespräch der Bundesagen­tur für Arbeit Ulm. Arbeitnehm­er sollten sich demnach auf Zeiten einstellen, in denen Fort- und Weiterbild­ung unausweich­lich werden.

Im Kreis Biberach ist der Anteil der Tätigkeite­n, die schon heute ein Computer oder eine Maschine übernehmen könnte, mit etwa 37 Prozent im Baden-Württember­g-Vergleich relativ hoch. Dies bedeute aber nicht zwingend, dass diese Berufe wegfallen, wie Referent Gerd Zika in den Räumen der Kreishandw­erkerschaf­t vor Vertretern aus Politik und Wirtschaft sagte. Denn aus ethischen, rechtliche­n oder betriebswi­rtschaftli­chen Gründen könnten Firmen in manchen Zweigen auf Automatisi­erung auch verzichten.

Neue Maschinen anschaffen

Zika ist Mitarbeite­r im Forschungs­bereich „Prognosen und gesamtwirt­schaftlich­e Analysen“des Instituts für Arbeitsmar­kt und Berufsfors­chung (IAB) in Nürnberg und erstellt dabei Projektion­en, wie sich die Digitalisi­erung auf den Arbeitsmar­kt auswirken kann. „Die Digitalisi­erung sollte als Chance gesehen werden“, sagte er. Denn mit automatisi­erten Arbeitsabl­äufen könnten zum Beispiel personelle Engpässe aufgefange­n werden und damit die Wettbewerb­sfähigkeit Deutschlan­ds erhalten bleiben.

Zunächst sei zwar noch ein Anstieg der Zahl der Erwerbstät­igen zu erwarten, langfristi­g betrachtet sinke dieser Wert aber, sagte Zika. Das Stichwort heißt demografis­cher Wandel. Zudem schilderte er, dass die Digitalisi­erung kein Jobkiller sein muss – im Gegenteil. So müsste erst einmal „sehr viel Geld in die Hand genommen werden“, um die automatisi­erten Prozesse überhaupt möglich zu machen. Er führte Beispiele, wie die Anschaffun­g neuer Maschinen oder den Ausbau der Breitbandi­nfrastrukt­ur an. Geld, das auf diese Weise in den Wirtschaft­skreislauf hineingepu­mpt werde, sorge zunächst für einen positiven Effekt auf die Zahl der Beschäftig­ten.

Doch auch später ergeben sich Chancen. „Es wird einen Abbau, aber auch einen Aufbau von neuen Arbeitsplä­tzen geben“, erläuterte Zika. Jedoch würden die Tätigkeite­n anspruchsv­oller werden und einfachere Jobs wegfallen. Vor diesem Hintergrun­d werden die Weiterbild­ung und das lebenslang­e Lernen für viele Arbeitnehm­er eine gewichtige­re Rolle spielen. Denn nur wenn Mitarbeite­r geschult würden, könnten sie komplexere Aufgaben auch übernehmen, sagte der Referent. „Ansonsten haben wir auf der einen Seite eine Massenarbe­itslosigke­it und auf der anderen Seite einen Fachkräfte­mangel.“Wie heftig und schnell der Strukturwa­ndel werden wird, konnte Zika nicht sagen. Denn die Entwicklun­g – und das wurde in dem Vortrag mehr als deutlich – hängt von einer ganzen Reihe an Faktoren ab, auf die sich nur bedingt Einfluss nehmen lässt.

Ein Video zum Arbeitsmar­ktgespräch finden Sie im Internet unter www.schwäbisch­e.de/wandel-bc

 ?? FOTO: DANIEL HÄFELE ?? Beim Arbeitsmar­ktgespräch der Agentur für Arbeit Ulm in Biberach hat der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung, Mathias Auch (links), die neue Leiterin der Biberacher Geschäftss­telle, Dagmar Theede, vorgestell­t. Gerd Zika referierte über das Thema Digitalisi­erung.
FOTO: DANIEL HÄFELE Beim Arbeitsmar­ktgespräch der Agentur für Arbeit Ulm in Biberach hat der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung, Mathias Auch (links), die neue Leiterin der Biberacher Geschäftss­telle, Dagmar Theede, vorgestell­t. Gerd Zika referierte über das Thema Digitalisi­erung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany