Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Bayerns Baustellen
Hummels Patzer vergrößert die Skepsis, dass die FCB-Abwehr Liverpool gewachsen ist
BERLIN (SID/dpa) - „Ja!“Trotz einer nötigen Verlängerung, trotz erneuter fehlerbedingter Gegentore ließ Niko Kovac keine Zweifel zu. Ob sein Team in der gegenwärtigen Verfassung in knapp zwei Wochen im Champions-League-Duell mit dem FC Liverpool der Mannschaft von Jürgen Klopp gewachsen sei, wurde der Trainer des FC Bayern nach 120 Pokal-Minuten in Berlin gefragt. Seine Antwort bestand aus einem Wort. Die Begründung für sein „Ja“hatte er schon zuvor geliefert: „Wir haben über weite Strecken dominiert.“
In der Tat zeigten sich die Bayern im Achtelfinale des DFB-Pokals bei Hertha BSC weitaus überlegener, als es das 3:2 (2:2, 1:1) n.V. ausdrückt. Ein klares Spielsystem war aber nur schwer zu erkennen. Und die Aussetzer in der Defensive geben weiter zu Denken. Besonders der Patzer von Mats Hummels, dem eine KopfballRückgabe völlig verunglückte und der damit Herthas zwischenzeitlichen Ausgleich von Davie Selke zum 2:2 provozierte, schmerzte sehr.
„Wenn mir das Ding nicht passiert, gehen wir schon früher und souveräner als Sieger vom Platz“, gestand Hummels. Ihm sei „ein großer Fehler“unterlaufen,, „da braucht man nicht lange drumherum reden. Ich bin sehr froh, dass wir trotzdem weitergekommen sind.“
Trotzdem sagte Kovac: „Wir müssen jetzt nicht alles über Mats ausschütten. Ich weiß ganz genau, wie es ist, wenn man als Spieler einen Fehler macht. Dann will man sich am liebsten irgendwo einbuddeln“, sagte Kovac: „Es ist nicht allzu viel passiert, da werden wir drüber hinwegsehen.“Allerdings ist auch Kovac nicht entgangen, dass sein Team seit Jahresbeginn in keinem einzigen Pflichtspiel ohne Gegentor blieb und sich mit Abwehrschnitzern immer wieder selbst in die Bredouille bringt. Und Kovac weiß auch, dass die Liverpooler Offensivstars solche Fehler noch gnadenloser bestrafen werden. „Wenn wir in diesem Jahr etwas erreichen wollen“, warnte der Kroate, „dann dürfen wir solche einfachen Tore nicht herschenken.“
Hummels erklärte seinen Fauxpas mit Verwirrung. Er habe den Ball zum Torwart zurückköpfen wollen und zugleich die Warnung vor einem heraneilenden Gegenspieler gehört: „Dann kamen drei Gedanken auf einmal, und ich habe irgendwie den Mittelweg gewählt. Das ist im Fußball meistens komplett falsch.“
Das Problem ist nur: Solche Aktionen unterliefen Hummels und auch Jérôme Boateng, der sich erneut mit dem Bankplatz zufrieden geben musste, in dieser Saison öfter. Auch deshalb laufen die Bayern den Erwartungen hinterher. In Berlin waren es „Doppelpacker“Serge Gnabry (7. und 49.) und Kingsley Coman (98.), die die Münchner ivor einem peinlichen Pokal-K.o. bewahrten.
Robert Lewandowski ging zwar erneut leer aus, doch der polnische Stürmerstar spielte engagiert und bereitete zwei Treffer vor. Angriffslustig war der 30-Jährige auch noch nach dem Abpfiff. Angesprochen auf die harte Kritik von Dietmar Hamann konterte Lewandowski bei ESPN: „Es interessiert mich nicht, was jemand über mich sagt. Ganz besonders nicht, wenn das nur total dämlich ist. Ich denke nicht, dass er viel von Taktik versteht.“
Ex-Bayern-Profi Hamann hatte den Clubbossen nach der 1:3-Ligapleite bei Bayer Leverkusen eine Trennung vom Torjäger nahegelegt. „Ich glaube, dass Lewandowski zum Problem für Bayern München wird“, sagte der 45-Jährige Sky90: „Seine Theatralik, sein Abwinken, sein zum Teil lustloses Verhalten auf dem Platz. Ich glaube, es ist offensichtlich, dass er ein Einzelgänger ist.“