Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Es bleiben offene Fragen

- Von Günther● Marx politik@schwaebisc­he.de

Kurz sah es so aus, als würde die EU zu ihren zahlreiche­n Problemen ein weiteres hinzubekom­men. Frankreich, so hieß es, stelle sich in der Frage der umstritten­en Nord-Stream-2-Pipeline, mit der russisches Gas nach Deutschlan­d befördert werden soll, gegen Berlin. Dazu passte die nahezu gleichzeit­ige Meldung, Präsident Emmanuel Macron habe seine Teilnahme an der Münchner Sicherheit­skonferenz abgesagt. Womit der gemeinsame Auftritt mit Kanzlerin Angela Merkel ausfällt. Macron hat offenbar Wichtigere­s vor, als in Zeiten einer neuen Raketenkri­se den Schultersc­hluss mit den Verbündete­n zu suchen oder zumindest die neue Sicherheit­slage mit ihnen zu erörtern. Wo geht das besser als auf dem Münchener Forum?

Man musste sich Sorgen machen um das deutsch-französisc­he Verhältnis, das doch erst im Januar mit einer Neuauflage des Élyseé-Vertrags feierlich bekräftigt worden war. Drehte Macron den Spieß jetzt um? Quittierte er mit dem Seitenwech­sel die Rechnung dafür, dass ihn die Kanzlerin mit seinen europapoli­tischen Reformvors­chlägen ins Leere hatte laufen lassen? Frust auf französisc­her Seite wäre nachvollzi­ehbar.

Ebenso nachvollzi­ehbar sind die Bedenken der Osteuropäe­r oder der EU-Kommission gegen das Pipelinepr­ojekt. Erstere fürchten, dass durch Nord Stream 2 ihre lukrative Rolle als Transitlän­der weiter geschmäler­t wird. Brüssel ist bei der Energiever­sorgung vor allem an einer weiteren Diversifiz­ierung gelegen. Dass die USA aus strategisc­hen, aber auch eigenen wirtschaft­lichen Interessen dagegen sind, gehört mit ins Bild.

Frankreich, bislang fest an der Seite Deutschlan­ds, hat sich den Einwänden zuletzt angenähert, wurde aber von der rumänische­n EU-Ratspräsid­entschaft überrascht, die eine schärfer gefasste Gas-Richtlinie kurzfristi­g zur Abstimmung stellte. Ihre Annahme hätte das Milliarden­projekt infrage gestellt. Ob da eine von den osteuropäi­schen Pipelinege­gnern inspiriert­e Regie am Werke war? Frankreich und Deutschlan­d waren zur Ad-hoc-Krisenbere­inigung gezwungen. Gut, dass sie gelang. Doch es bleibt die Frage: Warum fehlt Macron nächstes Wochenende bei der Sicherheit­skonferenz?

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