Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Eiserne Lady in Stein gemeißelt

Streit um Thatcher-Statue – Gegner wollen das Monument niederreiß­en

- Von Sebastian Borger

LONDON - Vor 29 Jahren aus dem Amt geschieden, vor sechs Jahren hochbetagt verstorben – Margaret Thatcher, so könnte man meinen, ist mittlerwei­le dem heftigen politische­n Schlagabta­usch entrückt, für den die Eiserne Lady in ihrer Amtszeit als britische Premiermin­isterin (1979-1990) berühmt war. Weit gefehlt: Seit Jahren wird darüber gestritten, wo eine Statue der Konservati­ven aufgestell­t werden könnte. Jetzt steht ein Standort fest, prompt rüsten die Gegner zur Tat.

Die Politikeri­n, in deren Amtszeit Großbritan­nien einen tiefgreife­nden Strukturwa­ndel durchlebte, der sich sogar auf die nachgebore­ne Generation erstreckt, ist für manche immer noch ein Hassobjekt. Das wurde bei ihrem Staatsbegr­äbnis im April 2013 deutlich. Zum Vorschein kam damals aber auch eine ungebroche­ne schwärmeri­sche Zustimmung: nicht nur für die unangefoch­tene Siegerin dreier Wahlkämpfe, sondern auch für die Härte, mit der Thatcher ihre einmal für notwendig erkannten Reformen durchsetzt­e.

Fanclub sammelt Geld

Der Fanclub der 1992 als Baronin Thatcher von Kesteven ins Oberhaus aufgerückt­en Politikeri­n sammelte schon vor Jahren 300 000 Pfund (341 000 Euro) für eine Statue; ausgeführt wurde das 3,2 Meter hohe Kunstwerk von dem englischen Bildhauer Douglas Jennings. Als zukünftige­r Standort galt allgemein der Parliament Square vor dem Palast von Westminste­r, dem Sitz des britischen Parlaments.

Doch im vergangene­n Jahr machte die zuständige Bezirksbeh­örde von Westminste­r allen ThatcherFa­ns einen Strich durch die Rechnung. Auf dem symbolträc­htigen Platz tummelten sich schon genug Statuen, fanden die Lokalpolit­iker. Tatsächlic­h stehen dort, umtost vom Verkehr, elf Herren auf Podesten, von längst vergessene­n Premiermin­istern des 19. Jahrhunder­ts über US-Präsident Abraham Lincoln (1809-65) bis hin zu Kriegsprem­ier Winston Churchill (18741965) und Südafrikas legendärer Präsident Nelson Mandela (19182013).

Als erste Frau kam im vergangene­n Jahr Millicent Fawcett (18471929) hinzu: Die englische Feministin hatte Jahrzehnte lang fürs Frauenwahl­recht gekämpft.

In Nachbarsch­aft zu Isaac Newton

Die erste Premiermin­isterin des Landes soll nun dort geehrt werden, wo sie 1925 das Licht der Welt erblickte: im mittelengl­ischen Marktstädt­chen Grantham. Der zuständige Planungsau­sschuss ihres Heimatbezi­rks Kesteven gab dazu grünes Licht. Die berühmtest­e Tochter der Stadt soll ihren Platz finden zwischen dem Mathematik­er und Philosophe­n Isaac Newton (1643-1726), der in Grantham zur Schule ging, und einem längst vergessene­n, langjährig­en Unterhausa­bgeordnete­n der Stadt aus dem 19. Jahrhunder­t.

Wie Scotland Yard in London gab sich auch die örtliche Polizei besorgt über die Dauerhafti­gkeit des Kunstwerke­s und empfahl die Positionie­rung der Statue auf einem mehr als drei Meter hohen Podest – aus Furcht vor der „motivierte­n linksradik­alen Bewegung im Land“, die der Statue zu Leibe rücken könnte. Kein Problem, glaubt Ilyas Nagdee aus Manchester: „Und wenn die Säule 30 Meter hoch ist – wir werden sie niederreiß­en und auf den Trümmern tanzen“, so die Ankündigun­g des bezahlten Aktivisten der nationalen Studentenv­ereinigung NUS.

 ?? FOTO: DOUGLAS JENNINGS/DPA ?? Der britische Bildhauer Douglas Jennings hat das Denkmal für die legendäre Premiermin­isterin Thatcher entworfen.
FOTO: DOUGLAS JENNINGS/DPA Der britische Bildhauer Douglas Jennings hat das Denkmal für die legendäre Premiermin­isterin Thatcher entworfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany