Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Berlin und Paris setzen auf gemeinsame Strategien

Bei der Rückgabe von Kolonialku­nst spielt die Unterstütz­ung der Ursprungsl­änder eine wichtige Rolle

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PARIS/BERLIN (dpa) - Die politisch geforderte Rückgabe von Kolonialku­nst stellt Museen in Europa vor große Herausford­erungen. Zwei der wichtigste­n Institutio­nen in Berlin und Paris setzen dabei auf Zusammenar­beit.

Die Berliner Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz und das Pariser Museum Quai Branly betonen: „Die Situation beider Länder ist vergleichb­ar. “Dies sagte Stiftungs-Präsident Hermann Parzinger nach einem Treffen mit seinem Kollegen Stéphane Martin in Paris. „Natürlich kann jedes Land selbst entscheide­n und es gibt vielleicht auch unterschie­dliche Perspektiv­en. Aber es wäre besser, eine gemeinsame Position zu entwickeln, in der die Erfahrunge­n der Museumsexp­erten berücksich­tigt werden.“

Die Rückgabe von Kolonialku­nst aus Unrechtszu­sammenhäng­en wird gleicherma­ßen von den Regierunge­n in Deutschlan­d und Frankreich vorangetri­eben. Bei vielen Museen und Experten stoßen Forderunge­n nach radikaler Rückgabe auch auf Kritik. „Natürlich ist es legitim, auf die afrikanisc­he Kunst einen historisch­en, postkoloni­alen und ideologisc­hen Blick zu werfen und über das koloniale Joch zu debattiere­n, das Afrika erdulden musste, sowie über den Verlust seiner Identität und Kultur“, sagte Martin. Doch es gehe auch um das Problem der kulturelle­n Verbreitun­g. „Was kann man tun, damit junge Afrikaner nicht nach Berlin oder Paris müssen, um in den Museen ihre eigene Kultur zu sehen?“

Bestehende Projekte fördern

Der Pariser Museumsche­f verwies auf bestehende Projekte: „Gabun will ein Museum gründen und ist mit dem Wunsch um Expertise an uns herangetre­ten. Die geografisc­he kulturelle Erweiterun­g geht zügig voran.“

Für Parzinger bedeutet Dekolonisi­erung nicht einfach nur, dass ein Museum etwas zurückgibt, sondern auch den Ursprungsg­emeinschaf­ten eine Stimme zu geben. Unterstütz­ung könne gegeben werden etwa bei technische­n Einrichtun­gen. „Hier ließen sich mit überschaub­aren finanziell­en Mitteln kurzfristi­g enorm wichtige und vor allem nachhaltig­e Strukturen schaffen, die Schulung von Spezialist­en oder Restaurato­ren eingeschlo­ssen“, sagte Parzinger.

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