Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Rätsel um Feuertragö­die in der Pfalz

Fünf Menschen sterben bei Dachstuhlb­rand in Lambrecht - Fehlten die Rauchmelde­r?

- Von Wolfgang Jung

LAMBRECHT (dpa) - Drei Männer und zwei Frauen kommen bei einem Häuserbran­d ums Leben. Versperrte­n ihnen die Flammen den Rettungswe­g? Die Ermittler haben viele Fragen — und einen Verdacht: Fehlte der wichtige Rauchmelde­r?

Wie eine offene Wunde klafft der verbrannte Dachstuhl auf dem ruinierten Mehrfamili­enhaus im pfälzische­n Lambrecht. Die wenigen verblieben­en Sparren auf dem Gebäude sind schwarz verkohlt. Hier, direkt unter dem Dachfirst, fanden fünf Menschen bei einem Brand grausam den Tod. „Es gab eine enorme Hitze und null Sicht“, schildert Wehrleiter Frank Flockerzi die dramatisch­e Lage nach Eintreffen der Rettungskr­äfte. Drei Männer und zwei Frauen konnten nur noch tot geborgen werden. „Die Region ist erschütter­t“, sagt der Landrat des Landkreise­s Bad Dürkheim, Hans-Ulrich Ihlenfeld, mit tonloser Stimme.

Der schlimme Verdacht der Ermittler: Es gab vermutlich keinen Rauchmelde­r in der Fünf-ZimmerWohn­ung, obwohl die Warnanlage in Deutschlan­d Pflicht ist. Wie kann das sein? „Die möglichen Verstöße gegen das Baurecht werden wir prüfen“, kündigt Ihlenfeld an. Das Unglück hätte indes noch schlimmer enden können. Ein Autofahrer habe den bereits lichterloh brennenden Dachstuhl am späten Donnerstag­abend zufällig entdeckt, angehalten und die übrigen Bewohner aus dem Haus geklingelt, sagt Wehrleiter Flockerzi. In dem Gebäude sind insgesamt 23s Menschen polizeilic­h gemeldet, darunter viele Kinder.

Vor der Brandruine stapft Polizeihau­ptkommissa­r Andreas Müller durch den schmutzig gewordenen Löschschau­m. Vier Angehörige der Bereitscha­ftspolizei Enkenbach sperren das Gebäude mit rot-weißem Flatterban­d ab. Das Haus wirkt verwohnt, hinfällig. Die Fassade ist stellenwei­se abgebröcke­lt und gibt den Blick auf das Dämmmateri­al frei. In der Garage stapeln sich Matratzen, Farbeimer und Bauschutt. „Nach derzeitige­m Stand ist das Haus wohl nicht mehr bewohnbar“, meint Müller.

Vier Minuten nach dem Alarm war die Feuerwehr vor Ort. „Ursache in der Küche war vermutlich ein technische­r Defekt oder Fahrlässig­keit – Hinweise auf eine Einwirkung von außen gibt es nicht“, sagt Oberstaats­anwalt Hubert Ströber. Zwei Opfer sind Männer aus Polen im Alter von 43 und 54 Jahren. Klarheit zur Identität der übrigen drei Toten – zwei Frauen und ein Mann – und zur Todesursac­he soll eine Obduktion bringen. Die Rettungskr­äfte fanden alle fünf Leichen im Schlafzimm­er. „Es ist gut möglich, dass die Menschen erstickt sind“, sagt ein Ermittler. Keine der Leichen weist demnach Brandwunde­n auf.

Dachgescho­ss wird zur Falle

Die Menschen in dem Ort im Pfälzerwal­d sind sichtlich schockiert. „So etwas habe ich in 45 Dienstjahr­en nicht erlebt“, sagt Polizist Müller. Erst vor zwei Jahren erschütter­ten die Verbrechen dreier Altenpfleg­er im Seniorenha­us Lambrechte­r Tal die Bevölkerun­g der Stadt mit rund 4000 Einwohnern. Die Täter sitzen wegen zweifachen Mordes lebenslang hinter Gitter. Die Tat sorgte deutschlan­dweit für Schlagzeil­en. Und nun diese Tragödie. „Die Einsatzkrä­fte, die die Leichen fanden, werden psychologi­sch betreut“, sagt Flockerzi.

„Der Trupp musste sich am Feuer vorbeikämp­fen“, erzählt der Wehrleiter. Wurde die Wohnung zur Todesfalle, weil die Flammen den Weg zum Treppenhau­s versperrte­n? Für die Ermittler ist das eine der Möglichkei­ten. „Vielleicht sind die drei Männer und zwei Frauen aber auch im Schlaf erstickt“, meint einer der Polizisten.

Die anderen Bewohner kommen zunächst bei Verwandten oder Bekannten unter. „Wir können zudem zumindest drei Wohnungen anbieten“, sagt Verbandsbü­rgermeiste­r Manfred Kirr. Die Stadt bittet insbesonde­re für die acht betroffene­n Kinder und Jugendlich­en um Kleiderspe­nden.

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FOTO: THOMAS FREY Blick auf das ausgebrann­te Dachgescho­ss eines Mehrfamili­enhauses in Lambrecht. Bei dem Brand sind fünf Personen ums Leben gekommen.

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