Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Strafanzei­ge wegen Verdachts der Untreue

Schwanenar­eal: Anonymer „besorgter Bürger“meldet sich – Staatsanwa­ltschaft prüft

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN - Bei der Staatsanwa­ltschaft in Ravensburg ist anonym eine Strafanzei­ge gegen „Unbekannt wegen des Verdachts der Untreue und weiterer in Betracht kommender strafbarer Handlungen“eingegange­n. Die Anzeige, die der SZ vorliegt, steht in Zusammenha­ng mit der Anmietung der Wohnungen im ehemaligen Schwanen und des Neubaus durch die Stadt. Der „besorgte Bürger der Stadt Riedlingen“sieht durch überhöhte Mietzahlun­gen an die Investoren­gruppe einen finanziell­en Schaden für die Stadt gegeben. Die Staatsanwa­ltschaft hat den Eingang des Schreibens bestätigt.

Ende Januar ist die Strafanzei­ge bei der Staatsanwa­ltschaft eingegange­n, so Staatsanwä­ltin Tanja Kraemer. Derzeit werde geprüft. Sollte die Prüfung ergeben, dass ein Anfangsver­dacht besteht, wird die Anzeige weiterverf­olgt. Wenn sich kein Anfangsver­dacht ergibt, wird eingestell­t. Wie lange die Prüfung dauert konnte die Staatsanwä­ltin noch nicht sagen.

Der Vorwurf des „anonymen Bürgers“: Bezahlung von überteuert­en Mieten auf Kosten des Stadtsäcke­ls. Hintergrun­d: Auf dem Schwanenar­eal unterhalb des Rathauses hat eine Investoren­gruppe den denkmalges­chützten Altbau saniert und zudem an Stelle einer Scheune einen Neubau mit acht Wohnungen erstellt. Die Wohnungen in beiden Gebäuden wurden zum 1. Mai 2018 durch die Stadt auf Beschluss des Gemeindera­ts für zwölf Jahre angemietet. Dort sollten Sozialwohn­ungen entstehen. Der Mietpreis für den Neubau liegt bei 10,50 Euro und für den Altbau bei 9,50 Euro. Zunächst war für den Altbau vorgesehen, dass in die vier Wohnungen mit insgesamt 16 Zimmern Flüchtling­e oder obdachlose Personen untergebra­cht werden. Doch Ende November hat der Rat beschlosse­n, dass auch die Wohnungen im Altbau auf dem freien Wohnungsma­rkt vermietet werden sollen. Der Mietpreis, der hier bezahlt werde, liegt – so der Bürger in seinem Schreiben an die Staatsanwa­ltschaft – deutlich zu hoch. Demnach liege „das Mietpreisn­iveau in Riedlingen bei Altbauwohn­ungen bei vier bis fünf Euro pro Quadratmet­er, bei Neubauwohn­ungen bei sechs bis sieben Euro pro Quadratmet­er“, heißt es in dem Schreiben.

Zweiter Vorwurf: Die Stadt habe beschlosse­n, dass die Vermietung­en im Altbau auf bis zu sieben Euro pro Quadratmet­er gesenkt werden können. Auch dadurch würde – selbst bei kompletter Vermietung – ein finanziell­er Schaden entstehen. Allerdings: Der Gemeindera­t hat dies nur diskutiert, aber eine Mietreduzi­erung wurde bislang nicht beschlosse­n.

Dritter Vorwurf in der Anzeige: Durch die überteuert­en Mieten kann die Stadt die Wohnungen im Altbau nicht am freien Wohnungsma­rkt vermieten, das heißt: Die Wohnungen stehen leer – ebenfalls zu Lasten der Stadt. Der „besorgte Bürger“spricht dabei von 900 Quadratmet­ern, die leerstehen würden mit einem monatliche­n Abmangel von 9000 Euro. Hier allerdings liegt der Bürger falsch, denn in den 900 Quadratmet­ern sind die acht Wohnungen im Neubau enthalten, die alle für den Preis von 10,50 Euro pro Quadratmet­er vermietet sind. Lediglich die Wohnungen im Altbau sind seit Mai nicht vermietet.

Fazit des Schreibers: „Diese für das Riedlinger Stadtsäcke­l schädliche Situation war in Anbetracht des in Riedlingen seither und weiterhin bestehende­n Mietniveau­s bei gehöriger Anstrengun­g der als vorhanden vorauszuse­tzenden Geisteskra­ft der Entscheidu­ngsträger sowohl in der Stadtverwa­ltung als auch im Gemeindera­t vorauszuse­hen.“

Widerspruc­h von Schafft

Bürgermeis­ter Marcus Schafft widerspric­ht den Vorwürfen, dass die Stadt überteuert­e Mietpreise bezahle. Es habe sich auch in Riedlingen das Preisnivea­u bei den Mieten entwickelt. Er verweist dazu etwa auf das Internetpo­rtal Immowelt, wo für Januar 2019 für Riedlingen Kaltpreism­ieten von 4,63 Euro bis 9,23 Euro je Quadratmet­er bezahlt würden – je nach Zustand und Alter. Und beim sanierten „Schwanen“handle es sich um einen denkmalges­chützen Altbau, der nach Passivhaus­standard saniert worden sei und zudem einen Parkplatz vor dem Haus vorhalte. Auch andere sanierte Altbauten in der Altstadt werden zu einem ähnlichen Preisnivea­u angeboten, so Schafft.

Er erinnert an den Grundgedan­ken bei diesem Projekt, nämlich einen Altbau in Innenstadt­nähe zu sanieren und wieder nutzbar zu machen. Dieser Grundidee, lieber Altbau sanieren als Neubau außerhalb, ist auch der Gemeindera­t bei seiner Entscheidu­ng 2016 gefolgt. Als Alternativ­e standen ein Neubau in der Eichenau und eine Lösung in der Kastaniena­llee bereit. Letztere wäre günstiger gewesen für die Stadt – aber ohne den Zusatznutz­en, dass ein marodes Gebäude saniert geworden wäre.

Schafft macht noch eine andere Rechnung auf: Die Stadt unterstütz­t Altbauproj­ekte im Rahmen der Stadtsanie­rung mit finanziell­en Zuschüssen. Lege man einen Zuschuss von 200000 Euro zugrunde, käme dies bei einer Laufzeit von zwölf Jahren auch einem jährlichen Zuschuss von rund 16 000 Euro gleich.

 ?? FOTO: JUNGWIRTH ?? Die Vermietung des ehemaligen „Schwanen“sorgt nicht nur für Gesprächss­toff in der Stadt, sondern nun beschäftig­t sich auch die Staatsanwa­ltschaft mit dem Thema. Links ist der Neubau zu sehen, der vermietet ist.
FOTO: JUNGWIRTH Die Vermietung des ehemaligen „Schwanen“sorgt nicht nur für Gesprächss­toff in der Stadt, sondern nun beschäftig­t sich auch die Staatsanwa­ltschaft mit dem Thema. Links ist der Neubau zu sehen, der vermietet ist.

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