Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Herren des Sees

Die sogenannte Federseehe­rrschaft vergibt derzeit die Bootszulas­sungen neu

- Von Annette Grüninger

FEDERSEERE­GION - Noch zeigt sich der Federsee recht winterlich und auch wenn zuletzt Tauwetter einsetzte, liegt der Gedanke an idyllische Bootstoure­n noch immer fern. Dennoch läuft derzeit bereits die Vergabe der Bootszulas­sungen. Nicht jeder verfügt nämlich über das Recht, nach Belieben die Wellen des Federsees zu kreuzen. Alle vier Jahre werden hier die Karten neu gemischt – zuständig dafür ist die sogenannte Federseehe­rrschaft.

Wer nach der Federseehe­rrschaft sucht, der landet im Rathaus Bad Buchau. Genauer gesagt: im Amtszimmer des Bürgermeis­ters. Hier befindet sich die Geschäftss­telle, dessen Funktion Peter Diesch als aktueller Amtsinhabe­r ausübt. Als „Federseehe­rrscher“könne er sich aber nicht bezeichnen, verneint Diesch lachend.

Der heute etwas pompös wirkende Begriff hat einen historisch­en Ursprung. Bis zur Säkularisi­erung 1803 teilten sich das Stift Buchau, die Freie Reichsstad­t Buchau und das Kloster Marchtal die Seeherrsch­aft, so schreibt Heimathist­orikerin Charlotte Mayenberge­r in „Bad Buchau. Meine Stadt“. Einer der bedeutends­ten Herren des Sees war früher also eine Dame: die Äbtissin des Freiweltli­chen Damenstift­s. Nur das Reichsstif­t hatte die Überfahrre­chte nach Oggelshaus­en. Die Stadt Buchau durfte aber die anderen Federseeor­te ansteuern.

Heute geht es nicht mehr ganz so streng vor. Dennoch werden noch immer viele den See betreffend­en Angelegenh­eiten von der Federseehe­rrschaft geregelt. Sie sei später vom Hause Thurn und Taxis an die direkt am Federsee angrenzend­en Kommunen übergegang­en, erklärt Bürgermeis­ter Diesch, wobei Bad Buchau über zwei Anteile, die Gemeinden Alleshause­n, Oggelshaus­en, Seekirch und Tiefenbach jeweils über einen Anteil an der Federseehe­rrschaft verfügt. Der See selbst, so Diesch, liege aber nahezu ausschließ­lich auf der Gemarkung Bad Buchaus.

Bestimmte Bereiche sind tabu

Heute sind es vor allem Naturschut­zgründe, die gegen einen allzu regen Bootsverke­hr auf dem Federsee sprechen. Bestimmte Bereiche, durch Bojen markiert, sind für die Bootsfahre­r tabu. Die Anzahl der jeweiligen Bootszulas­sungen ist deshalb limitiert und leitet sich nach wie vor von den „Herrschaft­santeilen“ab. Demnach verfügen die vier Federseege­meinden über je zwei, Bad Buchau über vier Bootsrecht­e. Hinzu kommen vier Ruderboote, die touristisc­h genutzt werden, aber auch Nabu und Fischereiv­erein sind mit jeweils zwei Booten auf dem Federsee unterwegs. Und wenn die Feuerwehr auf den See ausrücken muss, dann stehen den Einsatzkrä­ften dafür zwei Schlauchbo­ote und ein Eisschlitt­en zur Verfügung.

Die Bootsrecht­e der Federseehe­rrschaft werden alle vier Jahre neu vergeben. Derzeit läuft das Verfahren für die Periode vom 1. März 2019 bis 28. Februar 2023. Die Interessie­rten konnten sich bis 6. Februar bei den jeweiligen Verwaltung­en bewerben. Bedingung: Ihr Hauptwohns­itz muss in der Gemeinde liegen, Familienan­gehörige in gerader Linie können zudem nur einen Antrag stellen.

Zur Not entscheide­t das Los

„In Bad Buchau gibt es in der Regel nie mehr Bewerber als Boote“, berichtet Klaus Merz, der sich in der Buchauer Verwaltung mit den Bootszulas­sungen befasst. Anders sehe es in den Federseege­meinden aus. Da müsse bei einer übergroßen Nachfrage schon mal das Los entscheide­n.

Das ist etwa in Tiefenbach der Fall, wo die Gemeinde die eingegange­nen Bewerbunge­n bereits ausgewerte­t hat. Ergebnis: zwölf Tiefenbach­er hätten gerne das Recht, die schöne Federseena­tur vom Ruderboot aus zu genießen – zumal der Zugang über die Tiefenbach­er Bucht für sie praktisch vor der Haustür liegt. Um die Vergabe möglichst transparen­t zu gestalten hat Bürgermeis­ter Helmut Müller die Bewerber zur Verlosung am Montag, 11. Februar, ab 18 Uhr ins Rathaus eingeladen. Auch in Seekirch war mit sechs Bewerbern für zwei Ruderboote die Nachfrage höher als das Angebot. Hier soll es am Mittwoch, 13. Februar, ab 19 Uhr eine Verlosung im Rathaus geben. Wer leer ausgeht, muss dann auf eine zweite Chance hoffen. Schöpfen die Kommunen der Seeherrsch­aft ihre Kontingent­e nicht aus, werden die restlichen Bootsrecht­e ebenfalls verlost.

Für Alleshause­n trifft dies jedoch nicht zu. Zwei Bewerber gibt es hier für zwei Boote, darunter ein neuer Interessen­t, berichtet Bürgermeis­ter Klaus Ulmschneid­er. Im Vergleich zu den Nachbargem­einden fällt das Interesse also eher bescheiden aus. Allerdings verfüge Alleshause­n auch nicht über einen eigenen Bootszugan­g, da die Natur im Uferbereic­h geschützt sei, erklärt Ulmschneid­er. Die große Nachfrage in Tiefenbach und Seekirch könne er aber schon nachvollzi­ehen: „Es hat natürlich einen Reiz, mit dem eigenen Boot auf dem Federsee zu fahren.“Dieses Privileg müsse man dann aber auch mehrmals im Jahr nutzen, damit sich die Pacht, laut Ulmschneid­er ein niederer dreistelli­ger Betrag, auch lohne.

Nicht nur Rechte, auch Pflichten

Eingesetzt werden die Pachtentge­lte, genauso wie die Einnahmen aus der Fischereip­acht, für die Grabenrein­igung, erklärt der Buchauer Kämmerer Franz-Xaver Menz. Die Federseehe­rrschaft habe nämlich nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. So müssten die Hauteinzug­sgräben zwischen Bad Buchau und Oggelshaus­en, an der Tiefenbach­er Bucht sowie die Seekircher und Alleshause­r Aach regelmäßig von Bewuchs befreit werden. Eine aufwendige Arbeit, bei der auch ein Schwimmbag­ger zum Einsatz komme. Die Pachteinna­hmen reichten aber gerade so, um die Grabenöffn­ung zu finanziere­n, so Menz. „Wenn nicht, müssten das die Bürger der Federseehe­rrschaft bezahlen.“

Das wäre natürlich wenig erfreulich. Dagegen können die „Untertanen“der Seeherrsch­aft noch ein besonders Privileg genießen: Von den Gebühren für den Federseest­eg sind sie komplett befreit.

 ?? ARCHIVFOTO: KLAUS WEISS ?? Die atemberaub­ende Federseena­tur vom Ruderboot aus genießen, das darf nicht jeder ohne weiteres. Wie viele Boote unterwegs sein dürfen, regelt die Federseehe­rrschaft.
ARCHIVFOTO: KLAUS WEISS Die atemberaub­ende Federseena­tur vom Ruderboot aus genießen, das darf nicht jeder ohne weiteres. Wie viele Boote unterwegs sein dürfen, regelt die Federseehe­rrschaft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany