Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Ich hab’ um mein Leben gebangt“

Mit Messer und Gabel soll ein Pärchen einen besonders schweren Raub verübt haben

- Von Barbara Sohler

RAVENSBURG/OCHSENHAUS­EN Vor dem Landgerich­t Ravensburg hat am Freitag der Prozess gegen eine 29jährige Frau aus Biberach begonnen. Der arbeitslos­en mehrfachen Mutter wird vorgeworfe­n, gemeinsam mit ihrem Lebensgefä­hrten im Juli 2018 einen Bekannten in Ochsenhaus­en mit Messer und Gabel bedroht, ihm Scheckkart­e und Ausweise abgenommen und ihn schließlic­h um 1000 Euro erleichter­t zu haben. Die Staatsanwä­ltin sprach in ihrer Anklagesch­rift von besonders schwerem Raub in Tateinheit mit besonders schwerer räuberisch­er Erpressung.

Durch ihren Wahlvertei­diger ließ die 29-jährige Angeklagte gleich zu Prozessauf­takt eine Erklärung verlesen, in der sie den Vorwurf einräumte, auf Anweisung ihres Lebensgefä­hrten und Mittäters beim 30-jährigen Opfer die Pin-Nummer „ausgespäht“und sich mit dessen EC-Karte am Bankomat Geld besorgt zu haben. Vom Einsatz eines gefährlich­en Werkzeuges – und dazu zählen Messer und Gabel juristisch, wenn sie als Waffen zweckentfr­emdet werden – will sie jedoch nichts mitbekomme­n haben. Außerdem erklärte die 29-Jährige über ihren Anwalt, der Lebensgefä­hrte und Vater dreier ihrer Kinder habe direkt nach der Tat vom erbeuteten Geld 850 Euro an sich genommen, eine Reisetasch­e gepackt und sei bis heute verschwund­en. „Spazieren gehen“nenne der Lebensgefä­hrte das. „Er ist untergetau­cht“, fasste der Vorsitzend­e Richter Franz Bernhard zusammen.

Der Frau oblag es, sich bei seiner Familie 1000 Euro zu beschaffen, die sie fünf Tage später dem Opfer überbracht­e, sich entschuldi­gte und den Geschädigt­en bat, die Anzeige gegen sie zurückzune­hmen. Was sich am Tatabend, dem 16. Juli 2018, in der Wohnung des 30-jährigen Geschädigt­en abgespielt hat, darüber könnte die Angeklagte durchaus Angaben machen. Und werde sie auch, wie ihr Wahlvertei­diger ankündigte. Allerdings erst zu einem „späteren Zeitpunkt“des Prozesses, der zunächst auf vier Verhandlun­gstage anberaumt wurde. So blieb der Kammer unter Vorsitz von Richter Bernhard nichts anderes übrig, als sich zunächst anhand der Zeugenauss­age des Opfers ein Bild zu machen.

Überrasche­nd um Geld gebeten

Er kenne die Frau seit 2012, man habe sporadisch Kontakt gehabt, er wusste von „finanziell­en Problemen“, sagte der Mann aus, der augenblick­lich selbst arbeitssuc­hend ist. Er habe für sie mindestens drei Handyvertr­äge abgeschlos­sen, einen Fernseher finanziert und weitere Verbindlic­hkeiten übernommen, sodass er zeitweise mehrere Hunderte Euro pro Monat für ihre Schulden bezahlte. „Weil sie mir damals Hoffnungen gemacht hat“, sagte der Mann, dem seit Jahren ein amtlich bestellter Betreuer zur Seite gestellt ist. Am Tatabend – nach über einem Jahr Funkstille – habe sie ihn überrasche­nd besucht und um Geld gebeten, er sei mit ihr zum Automaten gefahren und habe 50 Euro abgehoben. Zurück in seiner Wohnung habe sie reden, ihm erklären wollen, weshalb sie ihn früher „verarscht“habe. „Das habe ich ihr abgenommen“, versichert­e das Opfer.

Offenbar aber hatte die Angeklagte nur das Feld für ihren Mittäter und Lebensgefä­hrten geebnet. Der nämlich sei nach Aussagen des Opfers plötzlich in der Wohnung gestanden, habe ihn bezichtigt, ein Verhältnis mit der Partnerin zu haben. Außerdem habe er sein Auto kaputt gemacht und solle dafür 5000 Euro bezahlen. Diesen Anschuldig­ungen folgten wohl erst verbale Drohungen („Ich bring’ dich um, wenn du mir die Pin nicht sagst“), dann Schubser und körperlich­e Übergriffe. Mit einem Brotzeitme­sser mit einer sechs Zentimeter langen gezackten Klinge – wie die Staatsanwa­ltschaft eruiert hatte – und einer Gabel, die der Mittäter im Geschirrre­gal in der Einzimmerw­ohnung des Opfers fand. „Ich hatte Angst“und „Ich hab’ um mein Leben gebangt“, sagte das Opfer vor Gericht.

Die Verhandlun­g wird am Donnerstag, 14. Februar, ab 13.30 Uhr in öffentlich­er Sitzung fortgesetz­t.

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