Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Ich hab’ um mein Leben gebangt“
Mit Messer und Gabel soll ein Pärchen einen besonders schweren Raub verübt haben
RAVENSBURG/OCHSENHAUSEN Vor dem Landgericht Ravensburg hat am Freitag der Prozess gegen eine 29jährige Frau aus Biberach begonnen. Der arbeitslosen mehrfachen Mutter wird vorgeworfen, gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten im Juli 2018 einen Bekannten in Ochsenhausen mit Messer und Gabel bedroht, ihm Scheckkarte und Ausweise abgenommen und ihn schließlich um 1000 Euro erleichtert zu haben. Die Staatsanwältin sprach in ihrer Anklageschrift von besonders schwerem Raub in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung.
Durch ihren Wahlverteidiger ließ die 29-jährige Angeklagte gleich zu Prozessauftakt eine Erklärung verlesen, in der sie den Vorwurf einräumte, auf Anweisung ihres Lebensgefährten und Mittäters beim 30-jährigen Opfer die Pin-Nummer „ausgespäht“und sich mit dessen EC-Karte am Bankomat Geld besorgt zu haben. Vom Einsatz eines gefährlichen Werkzeuges – und dazu zählen Messer und Gabel juristisch, wenn sie als Waffen zweckentfremdet werden – will sie jedoch nichts mitbekommen haben. Außerdem erklärte die 29-Jährige über ihren Anwalt, der Lebensgefährte und Vater dreier ihrer Kinder habe direkt nach der Tat vom erbeuteten Geld 850 Euro an sich genommen, eine Reisetasche gepackt und sei bis heute verschwunden. „Spazieren gehen“nenne der Lebensgefährte das. „Er ist untergetaucht“, fasste der Vorsitzende Richter Franz Bernhard zusammen.
Der Frau oblag es, sich bei seiner Familie 1000 Euro zu beschaffen, die sie fünf Tage später dem Opfer überbrachte, sich entschuldigte und den Geschädigten bat, die Anzeige gegen sie zurückzunehmen. Was sich am Tatabend, dem 16. Juli 2018, in der Wohnung des 30-jährigen Geschädigten abgespielt hat, darüber könnte die Angeklagte durchaus Angaben machen. Und werde sie auch, wie ihr Wahlverteidiger ankündigte. Allerdings erst zu einem „späteren Zeitpunkt“des Prozesses, der zunächst auf vier Verhandlungstage anberaumt wurde. So blieb der Kammer unter Vorsitz von Richter Bernhard nichts anderes übrig, als sich zunächst anhand der Zeugenaussage des Opfers ein Bild zu machen.
Überraschend um Geld gebeten
Er kenne die Frau seit 2012, man habe sporadisch Kontakt gehabt, er wusste von „finanziellen Problemen“, sagte der Mann aus, der augenblicklich selbst arbeitssuchend ist. Er habe für sie mindestens drei Handyverträge abgeschlossen, einen Fernseher finanziert und weitere Verbindlichkeiten übernommen, sodass er zeitweise mehrere Hunderte Euro pro Monat für ihre Schulden bezahlte. „Weil sie mir damals Hoffnungen gemacht hat“, sagte der Mann, dem seit Jahren ein amtlich bestellter Betreuer zur Seite gestellt ist. Am Tatabend – nach über einem Jahr Funkstille – habe sie ihn überraschend besucht und um Geld gebeten, er sei mit ihr zum Automaten gefahren und habe 50 Euro abgehoben. Zurück in seiner Wohnung habe sie reden, ihm erklären wollen, weshalb sie ihn früher „verarscht“habe. „Das habe ich ihr abgenommen“, versicherte das Opfer.
Offenbar aber hatte die Angeklagte nur das Feld für ihren Mittäter und Lebensgefährten geebnet. Der nämlich sei nach Aussagen des Opfers plötzlich in der Wohnung gestanden, habe ihn bezichtigt, ein Verhältnis mit der Partnerin zu haben. Außerdem habe er sein Auto kaputt gemacht und solle dafür 5000 Euro bezahlen. Diesen Anschuldigungen folgten wohl erst verbale Drohungen („Ich bring’ dich um, wenn du mir die Pin nicht sagst“), dann Schubser und körperliche Übergriffe. Mit einem Brotzeitmesser mit einer sechs Zentimeter langen gezackten Klinge – wie die Staatsanwaltschaft eruiert hatte – und einer Gabel, die der Mittäter im Geschirrregal in der Einzimmerwohnung des Opfers fand. „Ich hatte Angst“und „Ich hab’ um mein Leben gebangt“, sagte das Opfer vor Gericht.
Die Verhandlung wird am Donnerstag, 14. Februar, ab 13.30 Uhr in öffentlicher Sitzung fortgesetzt.