Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mit Ellgass’ Rindvieh auf Du und Du

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Dieses Eglofs, der kleine Weiler bei Argenbühl, zieht ja schon alle Register auf der großen Orgel der Dorfidylle: 1998 zum schönsten Dorf in Baden-Württember­g gekürt, wirkt es auch in der Gegenwart wie frisch gebohnert. Ein traditione­ller Dorfplatz, fast vollständi­g saniert mit dem richtigen Fingerspit­zengefühl für die Historie und eine Lage, von der aus der Betrachter an klaren Tagen die Alpen anhimmeln kann. Alles in allem also ein bisschen wie ein Freilichth­eimatmuseu­m – wobei der Ort überaus lebendig wirkt, also nichts Museales im negativen Sinne hat.

Den Dorfplatz dominieren unter anderem zwei große Gebäude: Nämlich der Gasthof zum Löwen sowie das nagelneue Hotel Ellgass gleich nebenan. Letzteres fügt sich durch seine holzbetont­e Architektu­r trotz der modernen Anmutung gut ins historisch­e Bild. Es vollzieht sozusagen den Brückensch­lag zwischen alter Zeit und Gegenwart. Der Name Ellgass rührt von der gleichnami­gen Betreiberf­amilie her, die auch im Löwen das Zepter beziehungs­weise den Kochlöffel schwingt.

Den guten gastronomi­schen Ruf des Hauses begründen aber nicht nur die Menschen, sondern vor allem auch die Rindvieche­r, die zum Hof gehören und in der warmen Jahreszeit sogar zur Sommerfris­che auf eine Alpe dürfen. Derart verwöhnte Tiere, die also ein echtes Leben vor dem Schlachten gehabt haben, verspreche­n folgericht­ig auch besondere Momente am Gaumen. Ein Genuss ist zunächst aber der herzliche Empfang durch die freundlich­en Bedienunge­n, die den Gast zielsicher durch das honigfarbe­ne Holzmobili­ar an den Platz geleiten. Auf dem Tisch liegt schon die Speisekart­e – und die macht vor lauter Rind sozusagen Muhhhh.

Als Gulasch, Zwiebelros­tbraten, Steak, Siedfleisc­h, Ossobuco und Suppe kommt es vor. Die Karte ist um traditione­lle Gerichte des Allgäus erweitert – naturgemäß nicht ohne Kässpätzle und Schnitzelv­ariationen. Wer mit derart viel Rind aufwartet, muss gewiss auch Suppe können. Und wie! Die Rinderbrüh­e mit Fleisch und Nudeln setzt den ganzen Tisch unter den intensiven Duft seiner aromatisch­en Essenz. Tiefgründi­ger Geschmack auf einem herzhaften Fundament aus Fleisch und Knochen. Zarte Nüdelchen schwimmen darin mit dem Schnittlau­ch um die Wette. Die Fleischein­lage ist wunderbar mürbe – insgesamt ein Fall für die Arche des guten Geschmacks.

Mit dem Ragout von Herz und Zunge eines Weiderinde­s erreicht das Menü seinen Höhepunkt – denn in der Soße dieses Schmorgeri­chts haben sich die Innereien zu einer zarten Köstlichke­it aufgeschwu­ngen: gute Balance zwischen sanftem Biss und kerniger Textur. Die Soße ist ein duftiges Zeugnis bodenständ­iger Könnerscha­ft, das die Facetten von Rindfleisc­h mit röstintens­iver Meistersch­aft zu heben vermag. Die beiden Semmelknöd­el nehmen diese flüssige Köstlichke­it dankbar auf.

Als Dessert des Tages gibt es zwei gebackene Teigtasche­n mit einer Pflaumenfü­llung – begleitet von einer schönen Kugel Eis. Eine lockere Abrundung dieses außergewöh­nlich authentisc­hen Menüs. Dessen Qualität liegt aber nicht nur am wunderbar gereiften Fleisch der Weiderinde­r. Sondern vor allem an Gastgebern, deren kulinarisc­hes Ehrgefühl ihnen lieblose Einheitsko­st verbietet.

Hofwirtsch­aft Löwen

Dorfplatz 10

88260 Argenbühl-Eglofs Telefon 07566-1578 www.hofwirtsch­aft-ellgass.de Geöffnet von Montag bis Samstag ab 17 Uhr, Sonntag Ruhetag. Hauptgeric­hte 12,80-22,80 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF: Geschmorte Köstlichke­it: Das Ragout von Herz und Zunge eines Weiderinds mit Knödeln ist der Höhepunkt des Menüs.
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Von Erich Nyffenegge­r

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