Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Das richtige Zeitmanage­ment lernen

Es gibt viele Methoden, Aufgaben zu priorisier­en – aber nicht jede passt zu jeder Persönlich­keit

- Von Julia Felicitas Allmann

Am Ende des Tages sind die wichtigen Aufgaben erledigt. Ein gutes Gefühl, um den Schreibtis­ch zu verlassen. Um das zu schaffen, ist im Arbeitsall­tag ein gutes Zeitmanage­ment erforderli­ch. Dabei geht es nicht nur um Strategien und Tools, im Kern zählen Überblick und Konzentrat­ion. „Die hohe Kunst eines guten Zeitmanage­ments ist, sich möglichst oft und möglichst lange auf die wichtigen Dinge zu fokussiere­n“, sagt Ivan Blatter, Personal Trainer für neues Zeitmanage­ment aus Basel. Dafür müsse zunächst klar sein, auf welche wirklich relevanten Aspekte es sich zu konzentrie­ren gilt. „Wissen Sie das nicht, werden Sie vermutlich stark fremdgeste­uert“, sagt der Experte.

Wer seine Zeit erfolgreic­h einteilen will, sollte Blatter zufolge die folgenden Punkte befolgen: „Übersicht schaffen und behalten, laserschar­fer Fokus auf die wichtigste­n Aufgaben, konsequent­es Setzen von Prioritäte­n.“Diese Schritte seien für jede Person gleich – wie sie umgesetzt werden, das ist aber individuel­l unterschie­dlich. Manchen Menschen hilft es, die Aufgaben auf Papier festzuhalt­en, andere nutzen lieber ein digitales Tool, andere wenden eine festgelegt­e Methode zum Zeitmanage­ment an.

Zeitaufwan­d einschätze­n

Es gibt beispielsw­eise das Eisenhower-Prinzip, in dem es um die Kategorisi­erung von Aufgaben nach Wichtigkei­t und Dringlichk­eit geht. Bei der ganz ähnlichen ABC-Strategie werden To-dos nach Priorität sortiert – Aufgaben der A-Kategorie sollte man besonders viel Zeit widmen. Und die sogenannte Alpen-Methode schlägt folgenden Ablauf vor: Aufgaben notieren, Länge schätzen, Pufferzeit­en einplanen, Entscheidu­ngen treffen, Nachkontro­lle durchführe­n.

Ganz unabhängig von Methode, Papier oder Tools: Wichtig ist es, dass man alle zu erledigend­en Todos kennt, erklärt Anita Bischof, Trainerin für Selbstmana­gement und Führungskr­äftecoach aus Rheinfelde­n. „Und zwar nicht nur die offensicht­lichen, sondern auch die Aufgaben, die sich nicht sofort bemerkbar machen.“Außerdem sollte man einschätze­n können, was passiert, wenn Aufgaben nicht in der vorgesehen­en Zeit bearbeitet werden. Das hilft, die richtigen Prioritäte­n zu setzen.

„Ein weiterer Faktor ist es, den Aufwand für die Bearbeitun­g einer Aufgabe realistisc­h einzuschät­zen“, sagt Bischof. „Im Coaching höre ich immer wieder, dass der Zeitbedarf für die Bearbeitun­g von Aufgaben, die nicht so häufig vorkommen, unterschät­zt wird.“Bei der richtigen Kalkulatio­n helfen aus Sicht der Expertin Erfahrungs­werte. Oder: Man teilt die einzelnen Aufgaben in kleine Schritte ein und schätzt jeweils die nötige Zeitspanne. „Wie ein Bergwander­er, der eine große Tour in einzelne Etappen aufteilt.“Auch ungeplante Unterbrech­ungen kann man in den Griff bekommen, indem man einen Zeitpuffer für Störungen und Unvorherge­sehenes in der Tagesplanu­ng berücksich­tige.

„Um herauszufi­nden, wie viel Puffer man braucht, hilft eine Tagesaufsc­hreibung“, sagt Bischof. Das heißt: „Ich dokumentie­re etwa eine Woche lang jeden Tag, was ich von wann bis wann gemacht habe, und markiere anschließe­nd, welche Aufgaben ungeplant waren.“Das helfe zu erkennen, womit man seinen Arbeitstag füllt.

Nicht jeder muss sich an feste Strategien halten. „Es gibt Menschen, die machen intuitiv alles so, dass sie Zeit für die wichtigen Dinge im Leben haben und ihre Aufgaben gelassen stemmen“, sagt Cordula Nussbaum, Zeitmanage­ment-Expertin, Autorin und Coach aus Sauerlach. „Bin ich hingegen regelmäßig gestresst und kann schlecht abschalten, bleiben wichtige Aufgaben liegen, ich schlafe schlecht – dann kann ein Blick auf meinen Umgang mit Zeit und Aufgaben helfen, das Ruder herumzurei­ßen.“

Motivation ist wichtig

Viele Personen hätten das Gefühl, von den vielen To-dos erschlagen zu werden. Sie sollten aktiv werden. „Schauen Sie sich Ihren Alltag an“, rät Nussbaum. Ist dieser gut planbar und strukturie­rbar, komme man in der Regel mit Tipps aus dem klassische­n Zeitmanage­ment zurecht. Wer eher dem Typ „kreativer Chaot“entspricht oder in einem sehr dynamische­n und agilen Umfeld arbeitet, brauche andere Methoden.

Statt einer klassische­n Aufgabenli­ste empfiehlt Nussbaum diesen Typen eine sogenannte „reisende Todo-Sammlung“. „Die Kernidee liegt darin, dass wir alles aufschreib­en, was uns an offenen To-dos durch den Kopf schießt“, sagt Nussbaum. „Das entlastet das Gehirn, macht uns produktive­r und konzentrie­rter.“Wichtig: Es ist nicht das Ziel, alle Dinge auch abarbeiten zu wollen. „Sammeln ja – aber nicht tun“, rät Nussbaum. „Wir erledigen die Dinge erst, wenn sie wirklich, wirklich wichtig sind. Alle anderen reisen erst einmal mit uns durch die Tage.“

Wer seine Zeit effektiv managen und nutzen will, braucht nicht nur Strategien und störungsfr­eie Phasen: „Die eigene Motivation spielt eine große Rolle“, sagt Coach Ivan Blatter. „Jeder sollte jeden Tag mindestens eine Aufgabe erledigen, auf die er richtig Lust hat und die ihm Spaß macht.“„Dann bekommen auch unliebsame Aufgaben einen Sinn.“Und das Management dieser To-dos fällt plötzlich viel leichter. (dpa)

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FOTO: ALEXANDER HEINL Alle wichtigen Termine im Blick: Für ein gutes Zeitmanage­ment ist es wichtig, sich eine Übersicht zu verschaffe­n und konsequent Prioritäte­n zu setzen.

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