Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ewige Rotznasen
Kitas sind Tauschbörsen für Krankheiten
ORANIENBURG/KÖLN (dpa) - Die Nase läuft, das Kind hustet – und steckt dann auch noch die Eltern an. Der Kita-Winter ist für Familien ein echter Härtetest. Denn oft reiht sich Krankheit an Krankheit, von der harmlosen Erkältung über den Magen-Darm-Infekt bis zur richtigen Grippe. Doch die Dauerkrankheit ist kein Grund zur Sorge, sagt Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinderund Jugendärzte. Langfristig profitieren die Kleinen sogar von der ewigen Infektparade, sagt er.
„Kinder haben zwar eine sehr gute Immunabwehr, aber noch kein immunologisches Gedächtnis – also keine Bibliothek von AntikörperBauplänen zur Abwehr spezifischer Erreger.“Diese Baupläne bilden sich erst, wenn das Immunsystem zum ersten Mal mit einem Erreger konfrontiert ist. Das bedeutet allerdings auch, dass dieser Erstkontakt dann erst einmal zu einer Krankheit führen kann. „Das ist glücklicherweise nicht bei jedem Erstkontakt so“, sagt Fegeler. „Aber es passiert eben doch häufiger als bei Erwachsenen.“
Und die meisten Viren gibt es eben in der Kita – einer Drehscheibe für den Austausch von Krankheitserregern. Drei Winter dauert es Fegelers Erfahrung nach, bis die Kinder das lokale Keimangebot durch haben. Danach sollte die Zahl der Erkrankungen deutlich abnehmen.
Aber warum ist die Ansteckungsgefahr im Winter so groß? Simple Antwort: Weil die Fenster zu sind. Und weil Kita-Kinder im Winter weniger draußen spielen, wo sich Keime sofort verdünnen beziehungsweise verflüchtigen.
Lässt sich die Dauerkrankheit denn überhaupt verhindern? Kaum, sagt Ulrich Fegeler. Tipps für Eltern hat er aber trotzdem, allen voran: Die Kinder nicht in Watte packen – sie also nicht beim ersten Schniefen oder Husten gleich aus der Kita nehmen. Die dauerverrotzte Nase sei im Winter einfach typisch. „Und auch Husten ist keine Krankheit, sondern erstmal nur ein Reflex.“
Längst nicht immer geben KitaKinder die Krankheit an ihre Eltern weiter. Doch wenn es passiert, trifft es die Großen oft härter als die Kleinen. „Denn deren Immunabwehr ist zwar unspezifisch, aber dafür sehr stark“, sagt Fegeler. Ein Beispiel dafür sei die Grippe: „Kinder nehmen die noch relativ locker, bei Jugendlichen oder Erwachsenen ist das aber schon ganz was anderes.“