Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Borkenkäfe­r wütet wie lange nicht

Prognose für 2019 noch düsterer als fürs Vorjahr – Südwest-Agrarminis­ter Hauk will Waldbesitz­ern helfen

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Dürre, Stürme und Borkenkäfe­r haben in den Wäldern in Baden-Württember­g und Bayern gewütet. 2018 ist im Südwesten ungeplant so viel Holz angefallen wie zuletzt 2003 – im Freistaat sogar noch mehr. Die Prognose für 2019 ist noch düsterer, wie die beiden Agrarminis­terien erklärten. Südwest-Minister Peter Hauk (CDU) will nun Waldbesitz­er fördern.

STUTTGART - Der internatio­nale Tag des Waldes am Donnerstag ist kein Tag der Freude: Dürre, Stürme und der Borkenkäfe­r haben dem Forst in Baden-Württember­g so zugesetzt wie seit 2003 nicht mehr. Das sagte Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) am Mittwoch in Stuttgart. In Bayern ist der Schaden sogar noch größer. Die Details im Überblick:

Wie massiv ist der Schaden?

Das Agrarminis­terium in Stuttgart spricht für 2018 von drei Millionen Kubikmeter Holz, die durch Stürme (1,4 Millionen) und wegen des Borkenkäfe­rs (1,4 Millionen) angefallen sind. In Bayern hat allein der Borkenkäfe­r laut Ministeriu­m für 4,5 Millionen Kubikmeter ungeplante­s Holz gesorgt. Die Dürre im Sommer schwächte die Bäume – vor allem die sehr weit verbreitet­e Fichte. Die Borkenkäfe­r hatten leichtes Spiel, die trockenen Bäume konnten sich nicht mit Harz gegen die Käfer wehren.

In welchen Regionen ist der Schaden besonders groß?

Im Gebiet der „Schwäbisch­en Zeitung“ist der Landkreis Ravensburg am heftigsten betroffen: Dort fielen bis Mitte März dieses Jahres mehr als 150 000 Kubikmeter Holz durch Stürme, Dürre und Borkenkäfe­r an. Im Kreis Biberach sind es laut Ministeriu­m wischen 100 000 und 150 000 Kubikmeter, in den Kreisen Sigmaringe­n, Bodensee und Ostalb zwischen 80 000 und 100 000 Kubikmeter.

Was heißt das für Waldbesitz­er?

Landesfors­tpräsident Max Reger spricht von einem Schaden von 40 bis 50 Millionen Euro. „Die Schäden, auf denen bleibt der Waldbesitz­er erstmal sitzen“, sagt Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU). Der Wald in Baden-Württember­g gehört zu 24 Prozent dem Land, zu 36 Prozent Privatleut­en und zu 40 Prozent den Kommunen. Wegen der vielen Schäden kommen die Waldbesitz­er kaum nach, Holz aus dem Wald zu schaffen, weiß Hauk. Es gibt zu wenige Lagerplätz­e, die Sägewerke sind ausgelaste­t und der Markt ist mehr als gesättigt. In ganz Europa ist viel zu viel Schadholz angefallen. „Der Absatz von Holz ist sehr schwierig“, sagt auch Ulrike Staudt, stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin der Forstkamme­r, die die Privatwald­besitzer vertritt. Sie mahnt die Politik, möglichst rasch Fördermitt­el freizugebe­n – für den Transport oder auch für Lager.

Was ist so schlimm am Käfer?

Statt wie üblich einer oder zwei Generation­en gab es 2018 drei. „Der Borkenkäfe­r vermehrt sich um den Faktor 20“, sagt Horst Delb von der Forstliche­n Versuchs- und Forschungs­anstalt des Landes. „So werden aus einem Buchdrucke­r in einem Jahr 8000.“

Kann der Käfer bekämpft werden?

Hauks Appell an die Waldbesitz­er: „Befallene Bäume sofort erkennen, einschlage­n, aus dem Wald bringen und dafür sorgen, dass die Käfer nicht mehr ausfliegen.“Damit ist unter anderem der Biberacher Kreisförst­er Gerog Jehle beschäftig­t. Sein Ziel: Die jüngst hinzugekom­menen 10 000 Kubikmeter Holz als „Fangbäume“nutzen. Die frischen Bäume locken mit ihrem Duft Borkenkäfe­r an. Haben die sich eingeniste­t, soll das Holz abtranspor­tiert werden. „Selbst wenn es uns gelingt, alle Fangbäume rechtzeiti­g aus dem Wald zu kriegen, werden wir im Mai oder Juni einen Befall bekommen“, sagt Jehle. In 20 Landkreise­n gab es vergangene­s Jahr Ausnahmege­nehmigunge­n zum Einsatz von Pestiziden auch in Biberach. Der Nabu-Landesvors­itzende Johannes Enssle befürchtet, dass Waldbesitz­er den Käfern verstärkt „mit der Chemiekeul­e aus der Spritze oder vom Hubschraub­er aus den Garaus“machen wollen. Landesfors­tpräsident Reger betont: Das sei für alle die ultima ratio.

Gibt es Hilfen vom Staat?

Ja. Der Bund hat den Ländern insgesamt 25 Millionen Euro versproche­n. „Da muss ein Nachschlag her“, vor allem fürs Pflanzen neuer Bäume, sagt Hauk. Der Südwesten stellt aktuell jährlich sieben Millionen Euro für Waldmaßnah­men bereit. Hauk will im Doppelhaus­halt 2020/2021 pro Jahr zusätzlich­e zehn Millionen – so hat er es am Dienstag bei seinen Kabinettsk­ollegen vorgetrage­n und positive Signale geerntet.

Wie ist die Prognose für 2019?

Düster: Allein seit Anfang des Jahres sind wegen des Borkenkäfe­rs laut Minister Hauk 185 000 Kubikmeter Holz im Südwesten angefallen – fünf Mal so viel wie im Vorjahresz­eitraum. Hinzu kam Sturm Eberhard, der für weitere 500 000 Kubikmeter Schadholz sorgte. Hauk rechnet für 2019 mit einem Schaden für die Waldbesitz­er von 100 Millionen Euro. Das bayerische Agrarminis­terium wagt keine Prognose – das Wetter im Frühjahr sei entscheide­nd, so ein Sprecher. „Die hohen Schadholzm­engen und der hohe Ausgangsbe­stand der Borkenkäfe­r aus dem Vorjahr lassen aber wieder überdurchs­chnittlich­e Mengen erwarten.“

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FOTO: DPA Kleines Tier – verheerend­e Wirkung: der Borkenkäfe­r.

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