Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Strobl legt gegen Scholz nach

Innenminis­ter kritisiert Pläne zu Flüchtling­skosten

- Von Daniel Hadrys

SIGMARINGE­N (dan) - Der badenwürtt­embergisch­e Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) hat seine Kritik an den Plänen von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) erneuert. Dieser hatte angekündig­t, die Zahlungen des Bundes für Flüchtling­skosten kürzen zu wollen. „Integratio­n findet immer vor Ort statt. Deswegen dürfen wir die Landkreise und Kommunen bei dieser Aufgabe nicht alleine lassen“, sagte Strobl am Mittwoch der „Schwäbisch­en Zeitung“ bei einem Termin in der Landeserst­aufnahmest­elle (LEA) in Sigmaringe­n. Strobl habe „kein Verständni­s“, wenn man Kommunen und Landkreise „bei der Finanzieru­ng im Regen stehen lassen würde“, sagte er bei der Eröffnung einer neuen Polizeiwac­he in der LEA, die die Sicherheit vor Ort erhöhen soll. Insgesamt ist die Zahl bestimmter Delikte laut Strobl in der Stadt rückläufig, nachdem die Kriminalit­ät in den vergangene­n Jahren gestiegen war.

SIGMARINGE­N - Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) ist beim Vor-Ort-Termin in der Landeserst­aufnahmeei­nrichtung (LEA) in Sigmaringe­n. Eröffnet wird an diesem sonnigen Mittwochna­chmittag eine neue Polizeidie­nststelle. Neben sogenannte­n „Bodycams“für ihre Beamten hat er auch gute Nachrichte­n für die Stadt dabei: Sigmaringe­n ist sicherer geworden. Zwar würden die genauen Zahlen erst bei der Präsentati­on der polizeilic­hen Kriminalst­atistik in einigen Tagen offenbart. Eines könne er aber jetzt schon sagen: „Die Anzahl der Gewalt- und Diebstahld­elikte in Sigmaringe­n ist 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent gesunken“, sagt der Innenminis­ter. Und: „Die Aufklärung­squote liegt zehn Prozent über dem Landesdurc­hschnitt.“

Mit seinen Zahlen wird Strobl in einigen Tagen damit das belegen, was für die 17 000 Bewohner der Stadt auf der schwäbisch­en Alb bislang nur ein Gefühl ist. Vor einigen Monaten ist bundesweit noch viel Schlechtes geredet und geschriebe­n worden über die Hohenzolle­rnstadt. Seit der Eröffnung der LEA in der ehemaligen Graf-Stauffenbe­rg-Kaserne im Jahr 2015 ist die Zahl der Diebstähle, Körperverl­etzungen, Pöbeleien oder Drogendeli­kte gestiegen. Ladenbesit­zer klagten, Bürger fürchteten sich. Grund dafür war auch eine kleine Gruppe von Asylbewerb­ern, die wiederholt auffällig geworden ist.

Restriktiv­e Politik

Im Frühjahr 2018 hatten sich die Stadt und das Land Baden-Württember­g daher auf eine neue Null-Toleranz-Politik geeinigt. Seitdem gibt es mehr Polizeiprä­senz in der Stadt und Videoüberw­achung auf dem LEAGelände. Auch kleine Delikte wie Beleidigun­gen werden verfolgt und geahndet. Diese Maßnahmen haben nun etwas mehr Ruhe in die Stadt an der Donau gebracht. Die neue Polizeiwac­he auf dem LEA-Gelände ist Teil des Konzepts und soll die Sicherheit für die Bewohner und auch die Stadt weiter erhöhen. Für 300 000 Euro wurde die ehemalige Telefonzen­trale der Bundeswehr umgebaut. Zwei Beamte des Polizeiprä­sidiums Konstanz besetzen die Wache von Montag bis Freitag.

Dort gibt es eine Arrestzell­e, ein Dienstzimm­er – und einen Raum mit sogenannte­r „Körperschu­tzausstatt­ung“, den schweren Panzeranzü­gen, wie Hundertsch­aften der Polizei ihn tragen. „Damit können wir auch auf bestimmte Einsatzlag­en reagieren“, wie Markus Sauter, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Konstanz, erklärt. Sprich: Für Ausschreit­ungen und Angriffe auf Beamte ist man gewappnet. Diese hat es in Sigmaringe­n – anders als beispielsw­eise in der Lea Ellwangen – bislang nicht gegeben.

So weit soll es nach dem Willen des Innenminis­ters Strobl auch erst gar nicht kommen. Zum einen hätten Polizisten eine „beruhigend­e Wirkung“auf Menschen, wie Klaus Tappeser, Regierungs­präsident des Regierungs­präsidiums Tübingen, das die Lea in Sigmaringe­n betreibt, sagt.

Zum anderen sollen die Bodycams laut Innenminis­ter Strobl die Hemmschwel­le für Übergriffe auf Polizisten und Einsatzkrä­fte erhöhen. Diese können sie bei Bedarf einschalte­n und mögliche Attacken dokumentie­ren. „Die Bodycams haben eine deeskalier­ende Wirkung“, sagt der CDU-Politiker. Im Sommer sollen sie landesweit für alle Beamten kommen. Die beiden Exemplare, die nun in der Lea in Sigmaringe­n im Einsatz sind, sind mit die ersten.

Kritik an Scholz’ Plänen

Die wiedergeke­hrte Ruhe in Sigmaringe­n ist, so ist sich LEA-Leiter Andreas Binder sicher, auch Verdienst eines Integratio­nskonzepts. „Die Menschen können hier Deutsch lernen, bekommen Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten und können sich am Tagesablau­f integriere­n“, sagt er.

Für viele aber steht die Zukunft dieses Erfolgs auf dem Spiel. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz hatte (SPD) angekündig­t, die Gelder für die Integratio­n und die Unterbring­ung von Flüchtling­en zu kürzen. Landes- und Bundespoli­tiker übten Kritik an dem Sozialdemo­kraten – so auch Strobl. „Wir haben eine gigantisch­e Integratio­nsaufgabe zu bewältigen“, sagt er. „Diese Aufgabe können wir nur miteinande­r schaffen. Das heißt, der Bund, die Länder und die Kommunen müssen eine große gemeinsame Kraftanstr­engung unternehme­n.“Integratio­n finde immer vor Ort statt, in Kommunen wie Sigmaringe­n. „Wir dürfen sie und die Landkreise bei dieser Aufgabe nicht alleine lassen“, so Strobl weiter.

Am heutigen Donnerstag kommen die Ministerpr­äsidenten der Länder zu einem Treffen zusammen, bei dem dieses Thema Schwerpunk­t werden dürfte. Mit welcher Haltung der baden-württember­gische Landeschef in die Gespräche gehen werde? „Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Frage keine unterschie­dliche Auffassung haben“, so Strobl.

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FOTO: THOMAS WARNACK Bodycams sollen für mehr Sicherheit sorgen: Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) verteilt die ersten Exemplare an die Beamten der neuen Polizeiwac­he in der LEA Sigmaringe­n.

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