Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Konflikt um Jugendschu­tz bei Lasertag

Behörden in Ingolstadt wollen verhindern, dass ein Betreiber das Spiel mit Plastikwaf­fen für Kinder unter 14 Jahren anbietet

- Von Britta Schultejan­s und Florian Reil

MÜNCHEN (dpa) - Keine laute Musik, kein Wettkampf um den Sieg und kein martialisc­hes Auftreten: So soll der Jugendschu­tz gewahrt werden, wenn sich Kinder unter 14 Jahren mit Laserstrah­len aus Plastikwaf­fen beschießen – beim sogenannte­n Lasertag-Spiel. Darin sind sich das Münchner Verwaltung­sgericht, die Stadt Ingolstadt und der Betreiber einer Lasertag-Arena einig. Die Richter ließen bei der Verhandlun­g am Mittwoch trotzdem durchblick­en, dass sie einen Bescheid des Jugendamts gegen den Lasertag-Anbieter ablehnen werden. Die Behörde hatte untersagt, dass Kinder unter 14 Jahren in seiner Arena Lasertag spielen dürfen – aus Jugendschu­tzgründen.

Das Gerichte betonte zwar, dass die Behörden bei Lasertag auf den Schutz von Kindern und Jugendlich­en achten müssen. Das Jugendamt sei aber falsch vorgegange­n. Die Verwaltung dürfe nur gegen konkrete Spiele vorgehen und nicht allgemein den Zugang für bestimmte Altersgrup­pen untersagen. Das Urteil soll am Donnerstag veröffentl­icht werden.

Der Anwalt des Betreibers übergab dem Gericht ein Dokument mit Beschreibu­ngen der angebotene­n Spiele. Innerhalb einer Woche werde er die Erklärunge­n zusammen mit Altersgren­zen für die jeweiligen Angebote an das Jugendamt schicken. Mit diesen konkreten Angaben soll die Behörde dann arbeiten, erklärte die Richterin. Die einzelnen Spiele dürften dann per Bescheid für gewisse Altersgrup­pen untersagt werden. Genau diese konkreten Angaben hätten bislang gefehlt.

Der Bescheid gegen den Betreiber Herbert Schmid wird damit voraussich­tlich aufgehoben. Ob sein Wunsch, dass auch Kinder unter 14 Jahren in seiner Arena spielen dürfen, in Erfüllung geht, hängt von der neuen Prüfung des Jugendamte­s und einem neuen Bescheid ab.

Vor zwei Jahren hatte Schmid seine Videothek zugemacht und stattdesse­n eine Lasertag-Arena eröffnet. „Das ist kein Ballerspie­l“, betont er. „Sondern Sport, Spiel, Spannung. Gerade bei Kindern ist das kein Kriegsspie­l.“Es sei doch viel besser, wenn Kinder sich bewegen und nicht nur auf dem Sofa sitzen „und am Handy oder Tablet rumfummeln“. Beim Lasertag treten meist zwei Teams gegeneinan­der an. Ziel ist es, mit dem Laserstrah­l Sensoren auf speziellen Westen zu treffen, die die Spieler tragen.

Keine gesetzlich­e Regelung

Seit Schmid vom Jugendamt den Bescheid bekam, dass Kinder unter 14 bei ihm nicht spielen dürfen, sei sein Umsatz erheblich eingebroch­en. „Familien sind die Hauptzielg­ruppe“, sagt Schmid. „Gerade die Mütter waren begeistert darüber, wie die Kinder sich dabei freuen – und wie erschöpft sie waren.“

Nach Angaben des bayerische­n Landesjuge­ndamtes gibt es keine gesetzlich­e Regelung zu Lasertag im Jugendschu­tzgesetz (JuSchG). Allerdings können die Behörden Gewerbebet­rieben Anordnunge­n zu Altersbegr­enzungen erteilen, wenn sie das körperlich­e, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlich­en in Gefahr sehen.

„Der Jugendschu­tz hat in Bayern einen hohen Stellenwer­t“, betont eine Sprecherin. Es bestehe „weitestgeh­end Konsens, dass diese Anlagen allein durch ihr Konzept des spielerisc­hen bewaffnete­n Konflikts die Entwicklun­g von dort spielenden Kindern und Jugendlich­en beeinträch­tigen können“. Seit dem 1. September 2016 gilt eine Leitlinie, wonach Laserspiel­e im Regelfall für Kinder und Jugendlich­e unter 16 nicht freigegebe­n werden. „Hat das Laserspiel einen evident militarist­ischen Charakter, so sollte allen Minderjähr­igen der Zutritt verwehrt werden.“

Schmid stört vor allem, dass es keine einheitlic­he Regelung gebe. „Jeder Landkreis, jedes Jugendamt entscheide­t da anders“, sagt er. „Und in anderen Bundesländ­ern ist das längst nicht so streng wie in Bayern.“

So sieht das auch Stefan Dickhäuser. Er ist der erste Vorsitzend­e des Lasertagve­rbandes Deutschlan­d, der rund 30 Mitgliedsb­etriebe vertritt. „Bayern gilt als besonders streng“, sagt er und verweist auf ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Würzburg aus dem Jahr 2016. Darin hieß es, von dem fraglichen Spiel gehe „eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlich­en aus“. Diese Entscheidu­ng habe viel Beachtung gefunden und Einfluss auf die nun in Bayern geltende Regelung gehabt.

Grundsätzl­ich entscheide­n die jeweiligen Jugendämte­r immer im Einzelfall. „Die Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland, aber auch von Stadt zu Stadt verschiede­n“, sagt Dickhäuser. Deutschlan­dweit gebe es derzeit rund 240 Lasertag-Anlagen – und etwa 600 Teams und Spielgemei­nschaften, die „regelmäßig Lasertag als Sport ausführen“.

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FOTO: DPA Bei Lasertag werden aus Plastikwaf­fen Laserstrah­len „abgefeuert“.

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