Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Möglichst absurd, bewusst geschmacklos
„Iron Sky 2: The Coming Race“: Ein Film für Liebhaber trashiger Science Fiction
Wir erinnern uns: „Iron Sky“, das war 2012 der Publikumshit der Berliner Filmfestspiele. Ein trashiger ScienceFiction-Film, der vor allem durch seinen derben Humor und überbordenden Einfallsreichtum bestach. Der Film nahm sich selbst nicht besonders ernst, sondern spielte virtuos mit einer Idee: Nazis, die auf der Rückseite des Mondes überlebt und eine Art „Drittes Reich 2.0“im All errichtet haben. Darüber hinaus war der Film auch eine gelungene Politsatire, die mit der Vorstellung spielte, Sarah Palin wäre zur US-Präsidentin gewählt worden. Rasch kündigte der finnische Regisseur Timo Vuorensola eine Fortsetzung dieses Überraschungserfolgs an.
Mit „Iron Sky 2 – The Coming Race“kommt diese jetzt in die Kinos. Ob sich der alte Erfolg wiederholen lässt, bleibt abzuwarten. Denn ein Einfall, der beim ersten Mal originell war, lässt sich nicht automatisch fortsetzen – Kultcharakter a la „Star Wars“entwickelte auch der erste Film nicht. Vuorensola versucht sich diesmal denn auch an einem etwas veränderten Ansatz, wenngleich er natürlich an die Ideen des Vorgängerfilms anknüpft.
Die Handlung ist 20 Jahre nach dem Erstling angesiedelt. Ein Atomkrieg hat die Erde weitgehend unbewohnbar gemacht. Regelmäßig landen Flüchtlinge auf der Mondbasis, unter ihnen die Wissenschaftlerin Obi Washington (Lara Rossi), die Tochter von Renate Richter (Julia Dietze). Weil sie auf dem Mond nicht dauerhaft bleiben können, macht sich Washington mit dem Piloten Sasha (Vladimir Burlakov) und dem Krieger Malcolm (Kit Dale) auf den Weg zurück zur Erde. Im Inneren, so wurde ihnen gesagt, gebe es eine ganz eigene Welt, die für die Menschen zur neuen Heimat werden könnte. Kino- und Fantasyfans dürfen hier gern an Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“denken. Denn tatsächlich stoßen die Abenteurer bald auf eine zweite Welt.
Die Prämisse dieses Storyteils: Viele unserer Mitmenschen – vor allem Politiker und bekannte Schurken der Weltgeschichte – sind eigentlich gar keine Menschen, sondern getarnte Echsenwesen. Sie waren das auch schon immer, zum Beispiel Caligula, Margaret Thatcher, Idi Amin und natürlich Hitler. Diese Echsenwesen züchten Dinosaurier und arbeiten an biogenetischen Experimenten, aus denen die Konstruktion einer unterirdischen „Herrenrasse“hervorgehen soll, um die Menschen zu besiegen und zu unterwerfen.
Hier können sich kulturgeschichtlich Informierte an den britischen Schrifststeller Edward Bulwer-Lytton erinnern, der im 19. Jahrhundert mit seinem Roman „The Coming Race“einige Furore machte: Darin ging es um eine verborgene „Herrenrasse“– und das Buch soll auch die Ideenwelt Hitlers beeinflusst haben.
Steve Jobs als Religionsstifter
Der zweite Erzählstrang des Films klingt vielleicht etwas weniger absurd: In der postatomaren Zukunft gibt es nämlich eine neue Religion, den sogenannten „Jobismus“, dessen Anhänger die Lehren des AppleGründers Steve Jobs zu einem fundamentalistischen Kult steigern. Diese Passagen sind die besten des Films. Vuorensola gelingt hier eine flotte und tatsächlich antiautoritäre Religionssatire, in der sogar der Papst eine Rolle spielt ...
In diesem Stil geht es weiter: „Iron Sky 2“schlachtet die Kulturgeschichte hemmungslos aus und ist im Ergebnis ein Mosaik aus unterschiedlichsten kuriosen Einfällen, ein kunterbuntes Durcheinander des möglichst Absurden und bewusst Geschmacklosen. Je nachdem kann man das enervierend oder anregend finden, lustig oder langweilig.
Insgesamt ist „Iron Sky 2“ein Film für Fans und Trash-Liebhaber. Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist er technisch besser gemacht, hat aber dafür etwas Charme verloren. Das Überraschungselement des Neuen fehlt. Ein Reinfall, wie manche Kommentare in den sozialen Netzwerken vermuten lassen, ist dieser Film aber keineswegs.
„Iron Sky 2: The Coming Race.“Regie: Timo Vuorensola. Mit: Udo Kier, Julia Dietze, Lara Rossi, Tom Green. Finnland/Deutschland/ Belgien 2019. 93 Min. FSK ab 12.