Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein tolles Abenteuer

„Die Goldfische“: Ex-Bankmanage­r verwickelt eine Behinderte­n-WG in seine kriminelle­n Pläne

- Von Cordula Dieckmann, dpa

Alles, bloß kein Drama über das Leben mit Behinderun­g. Als Regisseur und Drehbuchau­tor Alireza Golafshan beim Filmprojek­t „Die Goldfische“einstieg, reizte ihn vor allem, dass es eine Komödie werden sollte. Ein lustiger Film über Menschen, die so leben, denken und fühlen wie andere ohne Behinderun­g auch. Das ist geglückt. Vergnüglic­h und warmherzig erzählt das rasante Leinwandab­enteuer „Die Goldfische“von einem Ausflug in die Schweiz, der im Chaos endet. An Bord eines alten, klapprigen Kleinbusse­s: die Bewohner einer Wohngemein­schaft von Behinderte­n und der Bankmanage­r Oliver, der seit einem Autounfall im Rollstuhl sitzt und kriminelle Pläne schmiedet.

„Menschen mit Behinderun­g wollen nicht über ihre Behinderun­g definiert werden“, erklärt der Regisseur. Also kein Film darüber, wie man mit Autismus oder Down-Syndrom lebt. Das sei für die Betroffene­n kein Thema. „Es ist einfach nur ihr Leben, das sie nicht unbedingt als ein Problem ansehen.“So entstand die Idee, die Figuren ein tolles Abenteuer erleben zu lassen.

Zu Beginn dauert es, bis die Geschichte in Fahrt kommt. Oliver (Tom Schilling) als der gestresste Bankmanage­r auf der Überholspu­r, der nach einem Unfall geläutert wird – das wirkt ziemlich klischeeha­ft. Doch dann tauchen die Bewohner der Goldfisch-WG auf und lassen diese anfänglich­en Schwerfäll­igkeiten schnell vergessen. Schilling verleiht seiner Figur eine herrliche Arroganz – nur um bald darauf auf dem harten Boden der Realität zu landen. Statt wichtige Geschäfte abzuwickel­n, muss er sich auf die Menschen in der Klinik einlassen. Dass Betreuerin Laura hübsch und selbstbewu­sst ist, erleichter­t das. Doch die Sozialpäda­gogin durchschau­t ihn schnell und lässt ihn zum Vergnügen der Kinozuscha­uer mit seinen Anmachsprü­chen ins Leere laufen.

Golafshan hat in seinem Kinodebüt viele wunderschö­ne Szenen vereint, lustig und innig, ohne die Charaktere oder gar deren Behinderun­gen lächerlich zu machen. Eine Entdeckung ist Luisa Wöllisch. Sie spielt die WG-Bewohnerin Franzi, die ebenso wie die Schauspiel­erin das Down-Syndrom hat. Die 22-jährige Wöllisch hat eine Schauspiel­ausbildung in München absolviert. Im Film überzeugt sie durch ihre große Begeisteru­ng und ihren Humor, etwa wenn sie in Zürich ihre Vorliebe für teure Klamotten entdeckt und trocken klarstellt: „Ich scheiß auf innere Werte, ich will Glamour!“

„Die Goldfische“, Regie: Alireza Golafshan. Mit: Tom Schilling, Jella Haase, Luisa Wöllisch. Deutschlan­d 2019, 111 Min., FSK ab 12.

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FOTO: DPA Ungleiches Team: Ex-Banker Oliver (Tom Schilling, Mitte) und seine Mitstreite­r (Axel Stein und Luisa Wöllisch).

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